Originalarbeiten - OUP 07-08/2014

Implantatfreie, anatomische MPFL-Plastik
Klinisches Outcome und Patientensicherheit nach einem mittleren Follow-up von 23 MonatenClinical outcome and patient safety with a mean follow-up of 23 months

In unserer Studie fand sich in den postoperativen Röntgenkontrollen und den klinischen Untersuchungen kein Anhalt für eine Fraktur. In der Literatur werden Patellafrakturen hingegen nicht selten beschrieben. Die meisten Frakturen verlaufen hierbei quer durch die Patella [7, 24, 26, 33, 40]. So berichteten Gomes et al. und auch Lippacher et al. von Querfrakturen der Patella nach MPFL-Rekonstruktion mit Anlage eines horizontal verlaufenden Tunnels [18, 24]. Christiansen et al. berichteten von einer Patellafraktur nach Bohrung zweier quer verlaufender Knochentunnel [7]. In einer weiteren Studie von Mikashima et al. fanden sich in 2 von 12 Fällen (17 %) Querfrakturen nach Bohrung eines quer verlaufenden Tunnels [26]. Anders als bei den sonst üblichen Querfrakturen beschrieben Thaunat et al. 3 Fälle mit quer verlaufenden Abrissfrakturen an der medialen Patellakante. Hierbei brach der Knochen zwischen 2 quer angelegten Tunneln aus der medialen Patellakante aus [40]. Nach Analyse mehrerer Studien [18, 24, 40] und 2 eigener Fallberichte vermuteten Dhinsa et al., dass die Positionierung und Größe der Bohrungen eine wichtige Rolle bei der Prädilektion von Frakturen spielen können [8]. Zusammenfassend ist anhand dieser Studien zu vermuten, dass horizontal angelegte Knochenbohrungen zu entsprechenden Querfrakturen der Patella prädisponieren bzw. einen Risikofaktor hierfür darstellen. Dies erscheint in Anbetracht der über die Patellar- und Quadrizepssehne in Längsrichtung an der Patella wirkenden Zugkräfte auch logisch. Daher erscheint der bei unserer Methode verwendete nahezu vertikal verlaufende Knochentunnel sinnvoll. Möglicherweise könnte dies bereits das Ausbleiben von Frakturen in unserem Patientengut erklären.

Wie bereits angedeutet, können fehlerhaft angelegte femorale Bohrungen zu einer Überspannung des Transplantats und somit an der Entstehung von Frakturen beteiligt sein. Dass fehlerhaft angelegte Tunnel nicht allzu selten auftreten, zeigt eine Studie von Servien et al. In dieser Studie wurde die Tunnelposition in den postoperativen Röntgen- und Magnetresonanztomografieaufnahmen ein Jahr nach der MPFL-Rekonstruktion analysiert. Von den Tunneln waren 65 % in guter Position und 35 % der Tunnel zu weit proximal oder anterior positioniert [36]. Die Positionierung des Tunnels hat hierbei nicht nur einen Einfluss auf eine Überspannung mit einem möglicherweise erhöhten Frakturrisiko, auch kann dies zu Schmerzen bei Flexion und/oder einem Beugedefizit führen [31]. So führt ein zu weit anteriorer oder proximal angelegter Femurtunnel zu einer erhöhten Spannung in Flexion sowie erhöhten Drücken im Femoropatellargelenk [37, 39]. Dies kann insbesondere während der Beugung zu Schmerzen führen. Wenn der femorale Tunnel hingegen zu weit posterior platziert ist, kann das Transplantat in Streckung überspannt werden. Auch dies kann mit Schmerzen und/oder einem Streckdefizit einhergehen [31]. Anhand dieser Daten ist es sinnvoll, dass wir die Anlage des femoralen Knochentunnels ausschließlich Bildwandler-gestützt durchführen. Neben der femoralen Bohrkanalplatzierung erachten wir das Erreichen eines ausgewogenen Spannungsverhältnisses bei der Einbringung des Transplantats als wesentlich. Dies erscheint uns bei vielen Methoden der MPFL-Rekonstruktion nicht unbedingt als selbstverständlich bzw. technisch einfach durchführbar. Unsere Technik, die vor der Fixierung eine einfache Testung und Einstellung der Graftspannung unter Durchbewegung des Gelenks erlaubt, ist zum Erzielen eines ausgewogenen Spannungsverhältnisses von praktischem Nutzen. Möglicherweise lässt sich so das Risiko einer Überspannung mit den Folgen eines anterioren oder antero-medialen Knieschmerzes, eines Bewegungsdefizits, eines Transplantatversagens oder von Frakturen reduzieren. Hierbei ist anzumerken, dass sicherlich auch bei einigen anderen Techniken einer MPFL-Rekonstruktion Möglichkeiten zur Prüfung und Einstellung der Transplantatspannung denkbar sind und möglicherweise auch durchgeführt werden.

Zusammenfassend ist unsere Technik einer implantatfreien MPFL-Rekonstruktion ein kostensparendes Verfahren, das ein vergleichsweise gutes klinisches Outcome zeigt. Bei richtiger Positionierung des Tunnels und Beachtung der individuellen Implantatspannung ermöglicht diese Methode eine vergleichsweise niedrige Komplikationsrate.

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Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Lars Victor Baron von
Engelhardt

Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Johanna-Etienne-Krankenhaus

Am Hasenberg 46

41462 Neuss

l.vonengelhardt@ak-neuss.de

Literatur

1. Ahmad CS, Brown GD, Stein BS. The docking technique for medial patellofemoral ligament reconstruction: surgical technique and clinical outcome. The American Journal of Sports Medicine 2009; 37: 2021–2027

2. Amis AA, Firer P, Mountney J, Senavongse W, et al. Anatomy and biomechanics of the medial patellofemoral ligament. The Knee 2003; 10: 215–220

3. Bicos J, Fulkerson JP, Amis A. Current concepts review: The medial patellofemoral ligament. The American Journal of Sports Medicine 2006; 35: 484–492

4. Bollier M, Fulkerson J, Cosgarea A et al. Technical failure of medial patellofemoral ligament reconstruction. Arthroscopy: The Journal of Arthroscopic & Related Surgery 2011; 27: 1153–1159

5. Brown GD, Ahmad CS. The Docking Technique for medial patellofemoral ligament reconstruction. Operative Techniques in Orthopaedics 2007; 17: 216–222

6. Carmont MR, Maffulli N. Medial patellofemoral ligament reconstruction: a new technique. BMC Musculoskelet Disord 2007; 8: 22

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