Übersichtsarbeiten - OUP 06/2020

Knorpelschäden am Sprunggelenk – was kann man ohne Operation machen?

Jörg Jerosch

Zusammenfassung:

Im vorliegenden Artikel findet sich eine Zusammenfassung der konservativen Therapieoptionen bei Knorpelschäden im oberen Sprunggelenk. Es wird auf die Risiken der Therapie mit NSAR hingewiesen, die topische NSAR-Anwendung ist zu bevorzugen. Bei Kontraindikationen für die orale Gabe von NSAR stellt die intraartikuläre Therapie eine gute Option dar. Die höchste Evidenz liegt hierbei zurzeit für die Viscosupplementation vor, für PRP ist die Studienlage noch nicht so ausgeprägt. Für die Anwendung von mesenchymale Stammzellen gibt es nur wenige Fallberichte.

Schlüsselwörter:
Sprunggelenk, Arthrose, topische Therapie, orale Therapie, i.a. Therapie

Zitierweise:

Jerosch J: Knorpelschäden am Sprunggelenk – was kann man ohne Operation machen?
OUP 2020; 9: 388–391

DOI 10.3238/oup.2019.0388–0391

Summary: The conservative treatment options are extensively described. We present the risks of oral NSAR application. The topical use of NSAR is a well accepted alternative. If contraindication for oral NSAR are present, the intraarticular treatment is a good option. The best evidence at the moment has still the viscosupplementation, the use of PRP has still a limited evidence. Mesenchymale stem cells are only use in a very limited number of case series.

Keywords: ankle, osteoarthritis, topical treatment, oral treatment, i.a. treatment

Citation: Jerosch J: Osteoarthritis at the ankle – what to do without surgery? UP 2020; 9: 388–391
DOI 10.3238/oup.2019.0388–0391

Johanna-Etienne-Krankenhaus Neuss, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Einleitung

Knorpelschäden im oberen Sprunggelenk können zu deutlichen klinischen Einschränkungen mit Reduktion der Lebensqualität führen [47, 52, 58]. In den Vereinigten Staaten geht man von Gesamtkosten für die Osteoarthrose im Bereich von 80 Milliarden US-Dollar aus. Etwa 13 % davon betreffen das obere Sprunggelenk [24, 58].

Im Bereich des oberen Sprunggelenks liegen die Schäden vornehmlich im Bereich der Talus-Gelenkfläche. Oft bestehen am Talus Knorpelschäden, die vom subchondralen Knochen ausgehen und als osteochondrale Läsionen einzustufen sind. Die Biomechanik sowie die Physiologie und Pathophysiologie des Knorpelgewebes sind im Bereich des Sprunggelenks anders als an anderen Gelenken [35].

Die Ursachen für Sprunggelenksarthrosen sind vielfältig. Neben der posttraumatischen Arthrose spielen rheumatoide Arthritis und Hämophilie-Arthritis eine Rolle [8, 9, 10, 11, 25].

Übergewicht erhöht deutlich das Risiko für eine Osteoarthrose [26, 68]. Oberhalb von einem BMI von 30 ist das Risiko für Sportler deutlich erhöht [53]. Patienten mit einem metabolischen Syndrom zeigen häufiger Arthrose in Gelenken als Patienten ohne metabolisches Syndrom (59 % vs. 23 %) [39].

Das Beschwerdebild bei Patienten mit einer Arthrose des oberen Sprunggelenks ist oft sehr unspezifisch. Es bestehen belastungsabhängige Schmerzen, die auch zur Sportreduktion führen können. Die Schmerzintensität korreliert nicht mit dem Ausmaß der Läsion. Der erhöhte intraossäre Druck im subchondralen Knochen kann zu dumpfen, tiefen Gelenkschmerzen führen. Bei Gelenkschwellung mit Synovialitis kommt es auch zu Ruheschmerzen sowie einem Steifigkeitsgefühl. Zur Bildgebung sind Röntgenbild und Kernspintomografie heutzutage Standard.

Bei osteochondralen Läsionen stellt die konservative Therapie gerade bei noch offenen Wachstumsfugen eine durchaus reliable Option dar. Eine eindeutige Aussage hinsichtlich der Länge und der Teilbelastung findet sich in der Literatur nicht. Es wird allgemein eine Spanne von 6–12 Wochen bei Beschwerdereduktion oder Beschwerdefreiheit als sinnvoll erachtet. Physiotherapeutische und medikamentöse Maßnahmen können begleitend eingesetzt werden. Bei fehlender Verbesserung unter konservativer Therapie bei osteochondralen Läsionen ist nach 3 Monaten eine operative Therapie indiziert [4, 7].

Konservative Therapie

Als Grundlage für eine konservative Therapie gelten hier die schon seit mehr als 10 Jahren bekannten EULAR-Richtlinien mit Anpassung des Lebenswandels, der physikalischen konservativen und nicht medikamentösen Therapie und der medikamentösen Therapie. Bei Letzterer sind wiederum die topische und orale Schmerztherapie von der intraartikulären zu unterscheiden.

Anpassung des Lebenswandels

Eine Reduktion des BMI (Body-mass-Index) führt zu einer deutlichen Verbesserung der arthrosebedingten Beschwerden [13, 20, 27].

Topische Schmerztherapie

Für viele vielleicht überraschend zeigt die topische Anwendung NSAR bei der Gonarthrose eine Überlegenheit hinsichtlich Analgesie und Verbesserung der Funktion in mehreren Placebo-kontrollierten Studien, in systematischen Übersichten und in Metaanalysen [18, 40, 44, 54, 59, 67]. Vergleichbare Ergebnisse am Sprunggelenk liegen zwar nicht vor, sind aber durchaus zu erwarten. Diclofenac bei topischer und oraler Anwendung wurde in 3 vergleichenden Studien bei Kniearthrose getestet und zeigte vergleichbare Wirkstärken [1, 12, 18]. Auch hier erscheint der Transfer zum Sprunggelenk durchaus gerechtfertigt.

Orale Schmerztherapie

Wenn die topische Anwendung nicht ausreicht, sollte die orale Applikation von NSAR erwogen werden. Aufgrund der nur geringen Wirksamkeit, der für den Patienten freien Verfügbarkeit bei gleichzeitigem Risiko der Lebertoxizität ist Paracetamol nicht mehr zu empfehlen. Auch Metamizol birgt spezifische Risiken, die es unbedingt zu beachten gilt [32]. Neben der Risikoaufklärung ist hier besonders auch auf die Sicherungsaufklärung zu achten.

Verschiedene Studien konnten die Wirksamkeit von NSAR und COX-2-Hemmern bezüglich der Faktoren Schmerzreduktion, Funktionsverbesserung und subjektiver Patienteneinschätzung belegen [6, 37, 55, 61]. Die Wirksamkeit der traditionellen NSAR untereinander gegenüber den COX-2-Hemmern ist vergleichbar [6, 12, 22, 37, 61].

NSAR dürfen auf jedoch keinen Fall als Dauerbehandlung eingesetzt werden, sondern nur zeitlich limitiert bei akuten Schmerzepisoden. NSAR besitzen ein erhebliches Risiko für gastrointestinale, kardiovaskuläre und renale Nebenwirkungen; dieses ganz besonders im höheren Lebensalter und bei höherer Dosierung [3, 12, 15, 22, 29, 30, 38, 49, 54, 60].

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