Medien - OUP 04/2013

Kommunikation mit Patienten in der Chirurgie
Peter-Michael Hax, Thomas Hax-Schoppenhorst (Hrsg.): Kommunikation mit Patienten in der Chirurgie – Praxisempfehlungen für Ärzte aller operativen Fächer. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2011, broschiert, 276 Seiten, 6 Abbildungen und 7 Tabellen, ISBN 97831

Gerade in der Chirurgie hat die Kommunikation mit den Patienten einen besonders hohen Stellenwert, weil man Patienten sehr oft einen operativen Eingriff empfehlen muss und der Patient einen besonders hohen Aufklärungsbedarf hat, da es sich ja um eine für ihn zunächst als bedrohlich empfundene invasive Maßnahme handelt. Problematisch ist in dem Zusammenhang die knappe Ressource Zeit, die für eine gute Aufklärung erforderlich ist, und die zunehmende sprachliche Barriere. Dieser Aspekt wird verschärft durch eine zunehmende Anzahl von Patienten und Ärzten, die nicht Deutsch als Muttersprache haben.

Das vorliegende Buch als Paperback-Ausführung mit 276 Seiten versucht, die verschiedenen Aspekte der Patientenbeziehung einschließlich des familiären Umfeldes zu beleuchten. Herausgeber und eine Vielzahl von Autoren mit verschiedenem beruflichem Hintergrund wie z.B. Psychologen, Soziologen, Journalisten, Pädagogen und Psychiater bearbeiten die einzelnen Kapitel. Auch aus dem Bereich Qualitätsmanagement, der Krankenhausgeschäftsführung und der Öffentlichkeitsarbeit sowie Erwachsenenbildung gibt es Beiträge. Die medizinischen Artikel sind nicht nur von Ärztinnen und Ärzten chirurgischer Fächer geschrieben, sondern auch von Internisten, Historikern und Ethikfachleuten, Hämatologen, Onkologen und Spezialisten aus dem Qualitätsmanagement. Entsprechend dem breiten Spektrum der Autorenschaft sind auch erstaunlich viele Aspekte der Kommunikation mit Patienten in der Chirurgie erkannt und erarbeitet worden. Es wird darauf hingewiesen, wie die unterschiedlichen Wahrnehmungswelten zwischen Therapeuten und Patienten einzuschätzen sind und was es bedeutet, als Patient einer einschneidenden Maßnahme – im wahrsten Sinne des Wortes – gegenüberzustehen. Es wird hingewiesen auf den Gesprächsstil, die Rahmenbedingungen und den Umgang mit Emotionen vonseiten des Patienten als auch des Arztes.

Interessant ist der Aspekt, welcher Student sich für die Chirurgie entscheidet und ob hier schon ein Gesprächsstil präformiert ist? Als Besonderheit wird das Überbringen von schlechten Nachrichten in der Chirurgie bei Komplikationen oder auch der Umgang mit Krebskranken behandelt.

In jeweils eigenen Kapiteln wird auf die Besonderheiten der Patienten in der Unfallchirurgie eingegangen, mit ihren oft schnellen Entscheidungsanforderungen. In der Neurochirurgie wird auf die wesensverändernden Folgen chirurgischer Maßnahmen hingewiesen. In der Urologie, Gynäkologie und bei Kindern gibt es besonderen Gesprächsbedarf, und die fachspezifischen Gesichtspunkte werden sehr instruktiv beschrieben.

Eine Besonderheit ist die Kommunikation mit älteren Patienten. Hier werden vielfältige Aspekte behandelt; eine weitere Besonderheit ist die Kommunikation mit Angehörigen, diesem Gesichtspunkt wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Interessant ist auch das Kapitel über Migranten/-innen, durch Beispiele wird auf die ganz anders liegenden Betrachtungsweisen als Problem hingewiesen.

Abschließend wird ausgeführt, dass auch die Kommunikation im Sinne des Qualitätsmanagements ein typisches Qualitätsmerkmal eines Krankenhauses oder einer Arztpraxis darstellt; oft ist es das, was der Patient in Erinnerung behält.

An die Kapitel schließt sich das Verzeichnis der Autoren/-innen an und ein reichhaltiges Stichwortverzeichnis. Die Hinweise auf die Literatur sind immer im Abschluss an die Kapitel eingefügt.

Das Buch bietet einen umfassenden Überblick über die Kommunikationsprobleme in chirurgischen Fächern. Man kann gezielt einzelne Fragen aufschlagen und man ist beim Durchlesen überrascht, welche Aspekte existieren und beachtet werden müssen. Man erkennt auch sofort, welche eigenen Defizite man als Therapeut an verschiedenen Stellen hat.

In der Chirurgie ist man allerdings überwiegend Bücher mit vielen Bildern gewöhnt, sodass es zunächst einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf, die Kapitel mit ihren vielen soziologischen und psychologischen Aspekten zu lesen. Es handelt sich aber nicht um einen hoch komplizierten Text in philosophischer Dimension, sondern letztlich um praktische Beispiele, die in angenehmer Sprache dem chirurgisch Tätigen angeboten werden. Das wird auch durch die vielen Überschriften gut unterteilt, wie z.B. „Der kommunikative Super-GAU: Die Visite!“.

Das Buch eignet sich sowohl für jüngere als auch für ältere Ärztinnen und Ärzte nicht nur in chirurgischen Fächern, da es tatsächlich viele Parallelen zu anderen Fachdisziplinen gibt. Auch ist es durchaus empfehlenswert für interessierte Pflegekräfte, weil die Kommunikationsprinzipien sich nicht groß unterscheiden. Wahrscheinlich ist es für einen voll berufstätigen Krankenhausarzt schwierig, das Buch „in einem Rutsch“ durchzulesen, aber sich jeden Abend ein Kapitel vorzunehmen wird unbedingt in spannender Weise die eigene Wahrnehmung als Therapeut bereichern.

B. Mai, Kassel

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