Übersichtsarbeiten - OUP 11/2015

Leitliniengestützte medikamentöse Behandlung der Osteoporose

Dosierung: 1-mal 60 mg (Filmtablette)/Tag unabhängig von den Mahlzeiten.

Nebenwirkungen: Leicht erhöhte Rate von Hitzewallungen und Thrombosen, gastrointestinale Symptome (Nausea, Emesis, Dyspepsie), grippeähnliche Symptome, erhöhter Blutdruck, häufig Kopfschmerzen einschließlich Migräne, Hautausschläge, Wadenkrämpfe, Mammabeschwerden, periphere Ödeme, Cholelithiasis, gelegentlich Thrombozythopenien.

Kontraindikationen: Noch gebärfähige Frauen, thromboembolische Ereignisse in der Anamnese, eingeschränkte Leberfunktion einschließlich Cholestase, schwere Nierenfunktionsstörungen, ungeklärte Uterusblutungen.

Calcitonin

Chemische Substanz: Nebenschilddrüsenhormon Thyreocalcitonin (Proteohormon).

Präparat: Calcitonin 50 I.E./-100 I.E.-Rotexmedica

Indikationen: Prävention eines akuten Verlusts an Knochenmasse nach einer plötzlichen Immobilisation mit kürzlich zurückliegender osteoporotischer Fraktur.

Wirkungsweise: Hemmung der Kalziumfreisetzung im Knochen (direkter Antagonist des Parathormons), Verminderung der Kalziumresorption im Darm, Förderung der renalen Kaliumausscheidung.

Dosierung: 100 IE/Tag oder 50 IE 2-mal/Tag s.c. oder i.m. für 2 bis maximal 4 Wochen (während der Immobilisation).

Nebenwirkungen: Sehr häufig Übelkeit mit oder ohne Erbrechen, Flush, gelegentlich lokale Irritationen am Applikationsort, Hautausschlag, metallischer Geschmack im Mund, Schwindel, verstärkte Diurese, sehr selten Bronchospasmus.

Kontraindikationen: Hypokalzämie, Patienten < 18 Jahre, Stillzeit. Bei Verdacht auf Überempfindlichkeit sollte vor Beginn der Behandlung ein Hauttest durchgeführt werden.

Nota bene: Nicht geeignet zur Langzeittherapie einer Osteoporose (da hier Risiko einer malignen Erkrankung).

Parathormon

Chemische Substanz: Humanes rekombinantes Teriparatid (1–34 rh PTH, Peptidhormon).

Präparat: Forsteo.

Indikationen: Sehr hohes Frakturrisiko, unzureichendes Ansprechen oder Unverträglichkeit anderer Substanzen.

Wirkungsweise: Stimulation des Knochenaufbaus (osteoanabol mit Steigerung des Knochenremodelings und Zunahme der trabekulären Vernetzung).

Dosierung: Tägliche subkutane Injektion von 20 myg s.c. (Oberschenkel oder Abdomen).

Nebenwirkungen: Sehr häufig Gliederschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, häufig Herzpalpitationen, Anämie, Ischiassyndrom, Müdigkeit, Thoraxschmerzen, Juckreiz, gelegentlich Gewichtszunahme u.a.m.

Kontraindikationen: Vorbestehende Hyperkalzämie, Gravidität, Stillzeit, schwere chronische Niereninsuffizienz Stadium IV und V (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min), maligne Skeletterkrankung, Erhöhung der alkalischen Phosphatase, vorausgegangene Strahlentherapie, offene Epiphysenfugen.

Nachteile: Hohe Therapiekosten, zeitlich begrenzte Therapiedauer (2 Jahre) mit anschließend notwendiger antiresorptiver Therapie.

Biologicals

Chemische Substanz: Denosumab.

Präparat: Prolia.

Wirkungsweise: Hemmung der Osteoklastenbildung, -differenzierung und -lebensdauer (Rezeptorblockade) mit linearem Anstieg der Knochenmineraldichte (sog. Ligandenhemmer).

Indikationen: Fortbestehend hohes Frakturrisiko bzw. Fehlschlagen oder ungenügendes Ansprechen konventioneller Präparate.

Dosierung: 60 mg subkutan alle 6 Monate.

Nebenwirkungen: Häufiger Infekte der Harnwege und oberen Luftwege, Ischiassyndrom, Katarakt, Obstipation, Hautausschlag, Gliederschmerzen, gelegentlich Divertikulitis, bakterielle Entzündungen des Unterhausgewebes, Ohrinfekte, Ekzeme, seltene anaphylaktische Reaktionen, Kieferosteonekrosen, Hypokalzämien, atypische Femurfrakturen.

Kontraindikation: Hypokalzämie.

Nota bene: Angemessene Kalzium- und Vitamin D-Applikation erforderlich, sorgfältige Mundhygiene wichtig!

Fazit für den
klinischen Alltag

Der aktuell leitliniengerechte „Goldene Standard“ in der medikamentösen Osteoporosetherapie ist die Applikation von Bisphosphonaten (hier vorzugsweise Risedronat und Alendronat) unter gleichzeitiger Gabe von Kalzium (1.000–1500 mg/Tag) und Vitamin D (400–800 I.E./Tag), wobei grundsätzlich eine DEXA-Untersuchung unter zusätzlicher Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren zugrunde gelegt werden sollte. Nur im Falle schwerer Krankheitsbilder, mangelnder Effizienz dieser Standardtherapie oder bei deren Unverträglichkeit bzw. Kontraindikation sollte auf eine der übrigen Alternativsubstanzen zurückgegriffen werden. Wichtig ist die engmaschige ärztliche Führung des betroffenen Patienten, wobei eine erneute DEXA-Messung nach Ablauf von 2 Jahren überlegt werden kann.

Fluoride (hier v.a. Natriumfluorid) werden in der Osteoporosetherapie nicht mehr empfohlen, da die Knochenmasse zwar verbessert werden konnte, die Frakturinzidenz jedoch unbeeinflusst blieb.

Interessenkonflikte: Keine angegeben

Korrespondenzanschrift

Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult.
Jürgen Heisel

Jörglestraße 14

72661 Grafenberg

prof.heisel@gmx.de

Literatur

1. DVO Leitlinie Osteoporose (2014)

2. Rote Liste 2015. 55. Ausgabe. Frankfurt/Main (2015)

Fussnoten

1 Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Facharzt für Rehabilitative und Physikalische Medizin, Grafenberg

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