Übersichtsarbeiten - OUP 03/2014

Minimalinvasiv durchgeführte distale Metatarsale-Schrägosteotomie zur Behandlung der Metatarsalgie
Erste klinische, radiologische und pedographische ErfahrungenFirst clinical, radiologic and pedographic experience

Anzahl und Verteilung der durchgeführten Osteotomien in Gruppe A und B gibt Tabelle 2 an. Für die Festlegung der zu behandelnden Strahlen wurden klinische Parameter (Schmerzangabe, Beschwielung), die pedographisch dokumentierte Lastverteilung (hier insbesondere der Spitzendruck), und das Metatarsal-Alignment bewertet. Da mit zunehmender Erfahrung mit der DMMO kein Nachteil bei Einbeziehung weiterer Strahlen gesehen wurde, wurden in zunehmenden Maße Serien-Osteotomien vorgenommen.

Die retrospektive Analyse erfolgte anhand der Krankenunterlagen. Alle Patienten wurden 6 Wochen postoperativ klinisch und radiologisch (unter Belastung des Fußes) kontrolliert. Die ersten 100 Osteotomien (33 Patienten) wurden näher nachverfolgt (Gruppe A) und Patienten, deren beurteilbare Verläufe weniger als 6 Monate betrugen, wurden nochmals einbestellt. Bei den 43 ab Juni 2012 operierten Patienten (Gruppe B) wurden ausschließlich die Unterlagen der nach der 6-Wochen-Kontrolle nur unregelmäßig durchgeführten Kontroll-Untersuchungen herangezogen. Ein klinischer Score wurde nicht verwendet.

Ausgewertet wurden die subjektiv erreichten Ergebnisse, insbesondere die Frage nach Restbeschwerden oder erforderlichen Nachoperationen, die prä- und postoperativ gefertigten Röntgenaufnahmen unter Belastung des Fußes sowie die in allen Fällen vorliegenden präoperativen Pedographien und die in 45 Fällen vorliegenden postoperativen Pedographien.

Ergebnisse

Klinische Ergebnisse (Gruppe A)

In Gruppe A liegen klinische Ergebnisse über die 6-Wochen-Kontrolle hinaus in 31 von 33 Behandlungsfällen vor (94 %). Die mittlere Beobachtungszeit betrug 8,5 Monate (1,5 bis 23 Monate). Die präoperativ bestehende Metatarsalgie war in allen Fällen deutlich gebessert, lediglich bei einer Patientin persistierte sie in leichter Form. Auffällig war im Vergleich mit der früher durchgeführten offenen Technik, dass in den ersten postoperativen Wochen auch bei Mehrfach-Osteotomien kaum über erhebliche Beschwerden geklagt wurde. Eine Patientin berichtete über unspezifische Beschwerden noch nach 11 Monaten im OP-Gebiet, eine andere entwickelte im Beobachtungszeitraum operationsunabhängig eine bandscheibenbedingte Fußheberschwäche. Folgeeingriffe waren bisher in keinem Fall erforderlich. Bei 3 Patienten wurde ein unvollständiger Bodenkontakt einer Kleinzehe festgestellt.

Röntgen-Verläufe (Gruppe A)

Die radiologischen Verläufe zeigten häufig über Monate (in einem Fall bis zu 13 Monate, vgl. Abb. 2) bestehende Heilungsverzögerungen, die jedoch in allen Fällen späterer Kontrollen (über 6 Wochen postoperativ hinaus) nicht mit Belastungs-Schmerzen verbunden waren. Das Verkürzungsausmaß erschien insgesamt eher geringer als bei den früher in offener Technik behandelten Patienten (vgl. Abb. 1). Auffällig war in mehreren Fällen erheblicher Transversalebenen-Deformität, dass es spontan zu einer z.T. erheblichen Seitversetzung des Kopffragments gegenüber dem Metatarsale-Schaft kam bei in den meisten Fällen guter Korrektur der Zehendeformität in der Transversalebene (Abb. 2 und 3).

Pedographische Ergebnisse
(Gruppe A)

In 22 der 33 Fälle konnten neben den präoperativen Pedographien auch postoperative Untersuchungen mindestens 3 Monate nach dem Eingriff durchgeführt werden. Da in den meisten Fällen auch am ersten Strahl Veränderungen vorgenommen wurden, sind die Veränderungen im zentralen Mittelfußbereich nicht leicht zu deuten. Es kam jedoch in allen diesen Fällen zu einer relativen Umverteilung der Spitzendruck- und Kraft-Verteilung im Mittelfußbereich im angestrebten Sinn (Abb. 4). Dabei sank der präoperativ erhöhte Spitzendruck allerdings nicht in allen Fällen, was auch durch die erreichte verminderte Schmerzhaftigkeit begründet sein kann (Abb. 5).

Ergebnisse Gruppe B

Die Patienten der Gruppe B mit erst kurzer Beobachtungszeit konnten bisher nur zu 79 % über die in allen Fällen durchgeführte 6-Wochen-Kontrolle hinaus beobachtet werden. Die mittlere Beobachtungszeit lag bei 5,5 Monaten (1,5 bis 12 Monate). 4 Patienten wiesen noch deutliche Restbeschwerden auf. Bei einer in offener Technik nach Weil voroperierten Patientin war etwa 8 Monate nach DMMO eine Arthrolyse wegen Extensionskontraktur der Grundgelenke erforderlich. Die in 23 von 43 Fällen vorliegenden postoperativen Pedographien ließen die gleiche Tendenz erkennen, wie für die Gruppe A oben angegeben.

Diskussion

Die Weil-Osteotomie in offener Technik zur Behandlung der Metatarsalgie führt nicht in allen Fällen zu befriedigenden Ergebnissen. So waren in einer retrospektiven Analyse des Autors nur die Hälfte der Patienten mindestens 6 Monate nach dem Eingriff subjektiv „sehr zufrieden“ [2]. Das Hauptproblem besteht in den intra- und periartikulären Vernarbungen und einer häufig zu beobachtenden Tendenz zur Hyperextension und Bewegungseinschränkung [3]. Daher erscheint es naheliegend, nach minimalinvasiven Alternativen zu suchen. Die Haupt-Unterschiede der DMMO zur offenen Weil-Osteotomie sind u.a. folgende: minimal-invasiver Zugang, meist eher extraartikulärer oder nur partiell intraartikulärer Osteotomie-Verlauf, intraoperativ nicht bestimmbare Position des Metatarsale-Kopfs ohne osteosynthetische Fixierung.

Henry et al. [3] fanden in einer vergleichenden Studie keine wesentlichen Unterschiede beider Verfahren. Die postoperative Schwellung erschien sogar prolongiert bei der DMMO im Vergleich zur offen durchgeführten Weil-Osteotomie. In der deutschsprachigen Literatur findet die DMMO in den letzten Jahren Erwähnung [4]; echte Ergebnisse liegen nach Kenntnis der Autoren aber bisher kaum vor.

Im Rahmen dieses retrospektiven Erfahrungsberichts, dem keine definierte Nachuntersuchung zugrundeliegt, sollte der Frage nachgegangen werden, wie die klinisch-radiologisch-pedographischen Frühergebnisse zu bewerten sind, insbesondere auch im Vergleich zu früheren Erfahrungen mit der offenen Weil-Osteotomie. Die dargestellten Fälle stellen zugleich die ersten Erfahrungen der Autoren mit der minimal-invasiven Technik insgesamt dar und beinhalten damit auch die Lernkurve mit dieser vollständig anderen Operationsmethode.

Als Fazit aus den dargestellten kurzfristigen Ergebnissen kann festgehalten werden: Die DMMO ist nach klinischer und pedographischer Beurteilung ein in den allermeisten Fällen wirksames Verfahren zur Behandlung der Metatarsalgie, indem sie die Lastverteilung der Metatarsalstrahlen positiv beeinflussen kann. Die klinischen Ergebnisse erscheinen im Vergleich zur offenen Weil-Osteotomie günstig, insbesondere das Problem der Hyperextension wird in deutlich reduziertem Umfang beobachtet. Die knöchernen Heilungszeiten sind deutlich prolongiert, ohne dass dies zu erkennbaren klinisch-relevanten Problemen führt. Die mit anderen Mitteln nur schwer zu korrigierenden Fehlstellungen in der Transversalebene scheinen in vielen Fällen mit der DMMO behandelbar. Es sind weitere vergleichende Untersuchungen beider Techniken erforderlich, um die Vor- und Nachteile genauer zu evaluieren.

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