Übersichtsarbeiten - OUP 02/2015

Minimalinvasive Zugangswege zur Hüfte

Die Tendenz, die Pfanne zu weit nach vorne zu öffnen, ist beim anterolateralen Zugang geringer als beim anterioren. Eher wird die Pfanne zu steil eingebracht, was wiederum beim anterioren Zugang weniger droht.

Bei kontrakten und muskelkräftigen Patienten besteht wegen unzureichender Positionierung des Beins in Außenrotation, Hyperextension und Adduktion die Gefahr der Verletzung des M. glutaeus medius oder ein Abriss des Trochter majors. Es empfiehlt sich, das Kapselrelease sehr sorgfältig durchzuführen.

Bei zu weit nach proximal geführten Zugängen droht die Gefahr, den N. glutaeus superior zu verletzen, was zur Denervierung des M.tensor fasciae latae führt. Die Gefahr, durch Hakendruck die Nn. femoralis vorn bzw. ischiaticus hinten zu schädigen, wird eher gering eingeschätzt [9].

Der transglutaeale Zugang

Der transglutaeale Zugang findet hier deswegen Erwähnung, da er ein sehr weit verbreiteter Zugang in der Hüftchirurgie ist, aber das Attribut minimalinvasiv nicht verdient. Vielmehr wird dieser Zugang als konventioneller Zugang zum Vergleich mit den minimalinvasiven Zugängen herangezogen [10, 11].

Das Hauptcharakteristikum ist, dass der Musculus glutaeus medius und der M.vastus lateralis quadrizipis femoris längs gespalten werden und dabei subperiostal, am Trochanter major miteinander im Verbund bleibend, abgelöst werden. Dabei geht die periostale Brücke oft verloren. Die Refixation ist unzuverlässig, sodass hiermit die Gefahr einer Glutaealinsuffizienz besteht. Des Weiteren ist der N. glutaeus superior noch mehr gefährdet als beim anterolateralen Zugang und betrifft dann auch den vorderen Anteil des M. glutaeus medius. Ein verstärktes Trendelenburghinken wäre die Folge[12].

Vor- und Nachteile

Der Zugang zur Schaftpräparation ist günstig. Erkauft wird dieser Vorteil aber mit einer ungünstigen Ablösung der Glutaealmuskulatur am Trochanter major.

Der posteriore Zugang

Auch hier stellt sich die Frage, inwiefern dieser Zugang als minimalinvasiv bezeichnet werden kann, da er die Durchtrennung der kleinen Außenrotatoren beinhaltet. Der posteriore Zugang wird in Seitenlage durchgeführt. Der Schnitt erfolgt etwas posterior des Trochanter majoris. Die Fascie des M. glutaeus maximus wird so durchtrennt, dass die Schnittrichtung in den Faserverlauf des Muskels weiter proximal mündet. Die Glutaeus-maximus-Fasern werden auseinander gedrängt und die Haken so unter dem M. glutaeus minimus eingesetzt, dass die kleinen Außenrotatoren sichtbar und durch passive Innenrotation des Beins im Hüftgelenk angespannt werden. Hierfür muss der Verlauf des N. ischiadicus eindeutig identifiziert werden. Die Sehne des M. piriformis wird mit einer Haltenaht armiert und am Trochanter major abgesetzt. Die Mm. gemelli, obturatorius internus et externus und optional der M. quadratus femoris werden an der Fossa bzw. der Crista trochanterica so abgetrennt, dass sie auf dem Rückzug refixiert werden können. Die Hüftgelenkkapsel wird eröffnet oder reseziert. Durch Einsetzen der Hohmannhaken gewinnt man eine gute Einsicht auf die Pfanne.

Pfannen- und Schaftpräparation sind von diesem Zugang auch ohne Durchtrennung des M. quadratus femoris gut möglich [13]. Die Refixation der Außenrotatoren ist aber kritisch, da das Gewebe der M. gemelli und obturatorii mitunter wenig griffig ist. In dieser Unsicherheit liegt auch die höhere postoperative Luxationsneigung begründet.

Fehler und Gefahren

Es besteht die Tendenz, die Pfanne retrovertiert zu implantieren, was die Luxationsgefahr zusätzlich erhöht. Wegen der Nähe des Zugangs zum N. ischiadicus ist dessen Verletzung möglich und im Vergleich zu den anderen Zugängen auch häufiger [14].

Vor- und Nachteile

Vorteilhaft ist der günstige Zugang zur Schaftpräparation. Die Ablösung der Außenrotatoren ist aber invasiver als bei den anderen Zugängen.

Ein Urteil zu fällen, welcher der genannten Zugänge nun der beste wäre, ist nicht möglich. Die Wahl des Verfahrens ist nicht nur von den dargestellten anatomischen Strukturen und deren operativen Zugänglichkeit abhängig. Für das jeweilige Vorgehen ist entscheidend, welche Prozedur am besten beherrscht wird. Operative Übung des Einzelnen, das einheitliche Vorgehen in einem Team von Operateuren und das Zusammenspiel mit der gesamten OP-Mannschaft haben m.E. einen großen Einfluss auf das operative Gesamtergebnis. Bei einer geplanten Umstellung auf eine der minimalinvasiven Zugangstechniken spielt daher auch eine große Rolle, wie bisher vorgegangen wurde. Dies hat in unserem Vorgehen dazu geführt, dass wir auf den minimalinvasiven anterolateralen Zugang umgestellt haben, aber auf die anatomisch noch etwas günstigere Variante des Eingriffs in Seitenlage nicht umgeschwenkt sind. So bleibt das salomonische Resümee: Minimalinvasiv ist vorteilhaft, aber tue das, was du am besten kannst.

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Florian Bopp

Kreiskliniken Esslingen

Unfall-und Orthopädische Chirurgie

Auf dem Säer 1

72622 Nürtingen

dr.florian.bopp@t-online.de

Literatur

1. Sculco TP. Minimally invasive total hip arthroplasty: in the affirmative. J Arthroplasty 2004; 19: 78–80

2. Ludwig U. Roboter außer Kontrolle. Der Spiegel: Spiegel Wissen 2009; 2

3. Sendtner E, Bokuki D, Grifka J. Current state of doing minimal invasive total hip replacement in Germany, the use of new implants and navigation – results of a nation-wide survey. Z Orthop Unfall 2007; 145: 297–302

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