Übersichtsarbeiten - OUP 01/2017

Möglichkeiten und Grenzen der Knorpelrekonstruktion bei Knorpelverletzungen großer Gelenke

Atesch Ateschrang1, Steffen Schröter1, Ulrich Stöckle1

Zusammenfassung: Die Behandlung von traumatischen und degenerativen Knorpelschäden wurde
stetig verbessert, wobei die autologe Knorpelzelltransplantation einen wichtigen Baustein darstellt. Insbesondere für
degenerative Knorpelschäden ist eine sehr genaue Ursachenanalyse notwendig, um durch die kausale Therapie eine gute Prognose der zusätzlich durchzuführenden Knorpelrekonstruktion zu erzielen. Dieser Artikel soll die Differenzialindikation der knorpelrekonstruktiven Möglichkeiten und Grenzen zusammenfassen und gleichzeitig die Wichtigkeit der Kausaltherapie bei degenerativen Knorpelschäden durch Fallbeispiele unterstreichen.

Schlüsselwörter: Knorpelschaden, Knorpelrekonstruktion,
Gelenkerhalt, autologe Knorpelzelltransplantation

Zitierweise
Ateschrang A, Schröter S, Stöckle U: Möglichkeiten und Grenzen der Knorpelrekonstruktion bei Knorpelverletzungen großer Gelenke.
OUP 2017; 1: 004–010 DOI 10.3238/oup.2016.0004–0010

Summary: The treatment of traumatic and degenerative cartilage lesions has been improved. Autologous chondrocyte implantation is a well established treatment option. A thorough cause analysis is necessary for degenerative lesions to improve the outcome after cartilage reconstructive surgery. This article summarizes a stage dependant treatment algorithm for cartilage lesions. Given examples underline the importance of additional reconstructive surgery to normalize joint biomechanics for degenerative cartilage damage.

Keywords: Cartilage damage, Cartilage reconstruction, joint preservation, autologous chondrocyte implantation

Citation
Ateschrang A, Schröter S, Stöckle U:Options and limitations of cartilage joint reconstruction.
OUP 2017; 1: 004–010 DOI 10.3238/oup.2016.0004–0010

Die Behandlung von Knorpelverletzungen ist nach wie vor ein praxisrelevantes Problem, da eine generell anwendbare Patentlösung noch immer nicht vorliegt, obwohl die Behandlungsmöglichkeiten in den vergangenen Jahrzehnten stetig verbessert wurden. Einen essenziellen Fortschritt stellt die Inauguration der autologen Knorpelzelltransplantation (ACI) durch Matts Brittberg und Lars Peterson 1994 dar [1, 2]. Mittlerweile wurde die erste Generation der Knorpelzelltransplantation mit einer Zellsuspension unter einem autologen Periostlappen weiterentwickelt, sodass der Eingriff weichteilschonender und technisch vereinfacht wurde. Zudem konnte die revisionspflichtige Rate der verfahrensspezifischen Regenerathypertrophie signifikant reduziert werden [3, 4]. In diesem Artikel sollen die Indikationen bzw. Behandlungsmöglichkeiten als auch deren Grenzindikationen von Knorpel-Knochen-Rekonstruktionen am Kniegelenk zusammengefasst werden. Zusätzlich werden Fallbeispiele aufgeführt, um die einzelnen Optionen praxisnah darzustellen.

Knorpelschäden sollten in traumatische und degenerative Läsionen unterteilt werden, wobei die beginnende von der manifesten Arthrose abzugrenzen ist. Knorpelschäden sind lokalisierte Läsionen, wobei die gegenüberliegende artikulierende Knorpel-Kochen-Oberfläche keine Veränderungen zeigen sollte. In der Praxis ist die Mehrzahl der Knorpelschäden degenerativer Ursache, oder anders gesagt entstanden aufgrund repetitiver Mikrotraumatisierungen auf dem Boden einer biomechanischen Gelenkpathologie oder einer Überlastung, beispielsweise im Rahmen von Leistungssport.

Gerade degenerative Knorpelpathologien dürfen grundsätzlich nicht isoliert betrachten werden: Diese stellen nur die Folge bzw. das Epiphänomen eines zugrundeliegenden Gelenkproblems dar, sodass die Ursache im Kontext der spezifischen Gelenk-Biomechanik analysiert werden muss. Daher wird immer eine detaillierte klinische und bildgebende Untersuchung mit Erfassung der Bandstabilität, Begleitpathologien (im Falle eines Major-Traumas oder repetitiver Mikrotraumatisierungen) das Alignement (Ganzbeinstandaufnahme) und des betroffenen subchondralen Knochens notwendig. Die Ursachen sind unterschiedlich und beinhalten am Knie und Sprunggelenk Achsabweichungen mit und ohne ligamentäre Instabilitäten.

Die Menisci sollten unbedingt in die knorpelrekonstruktiven Überlegungen miteingeschlossen werden, da sie wichtiger Bestandteil der Gelenkkongruenz sind und dadurch den mechanischen Druck der artikulierenden Flächen reduzieren. Eine weitere Entität stellen osteochondrale Läsionen dar, die als Osteochondrosis dissecans (OD) bezeichnet werden, die am häufigsten das Knie und das obere Sprunggelenk betreffen, aber auch am Hüft- und Ellengelenk auftreten können. Diese können entweder traumatisch als Knorpel-Knochen-Flake, akut durch Verletzungen entstehen, sich nach einem Trauma über mehrere Wochen bis Monate entwickeln oder völlig unabhängig idiopathisch bzw. als Ossifikationsstörung auftreten.

Typische isolierte traumatische Knorpelschäden treten häufig im Rahmen eines Distorsionstraumas auf und führen häufig zu Kapselbandläsionen wie beispielsweise Kreuzbandverletzungen am Knie oder Kapselbandrupturen des Sprunggelenks. Gerade zeitnah nach einem Trauma kann man die Unterschiede eines frisch traumatischen Knorpelschadens mit Flake-Ablösung zu einem chronischen Knorpelschaden durch die Mikroblutungen des subchondralen Knochens feststellen. Bei chronischen Prozessen ist die arthroskopische Differenzierung häufig allein nicht möglich, sondern nur mit Kenntnis der Anamnese, der klinischen Untersuchung und Bildgebung. Abbildung 1 zeigt typische traumatische und degenerative Knorpel-Läsionen, als auch beginnende und manifeste arthrotische Prozesse.

Der mikroskopische Knorpelaufbau besteht aus bis zu 80 % Wasser und erlaubt der Gelenkoberfläche ein reibungsarmes Gleiten. Die Knorpelmatrix ist hauptsächlich aus Kollagen Typ II aufgebaut sowie Aggrekan, einem hochmolekularen Proteoglykan. In diese Struktur sind Knorpelzellen eingebettet, wobei man einen gelenkspezifischen Aufbau in Punkto Zellverteilung und Anordnung feststellen konnte. Es verwundert nicht, dass in den Randbezirken von Knorpelschäden die spezifische Knorpelzellverteilung zusammenbricht und pathologischen Prozessen unterliegt, bis hin zu apoptotischen Zellprozessen [5].

Diagnostik

Die Diagnostik beinhaltet neben der klinischen Untersuchung mit Beurteilung der Bandstabilität, der Gelenkbiomechanik sowie des Ganzbein- und patellofemoralen Alignements auch den Ausschluss pathologischer Prozesse des subchondralen Knochens. Dies wird durch die ergänzende MR-Tomografie realisiert, wobei Reiz- bzw. Begleit-Ödeme diagnostisch manchmal nur schwer von eigenständigen OD-Herden abgegrenzt werden können. Wenn der Verdacht einer subchondralen Knochenbeteiligung vorliegt, sollte die CT einen osteolytischen Prozess ausschließen. Die Klassifikation des Knorpelschadens sollte idealerweise nach ICRS-Kriterien erfolgen.

Behandlungsmöglichkeiten

Bei Knorpel-Knochen-Läsionen muss nicht immer operativ interveniert werden. Obwohl Studien zeigen konnten, dass unbehandelte Knorpelschäden zur Größenzunahme neigen, besteht international Konsens darüber, dass lediglich vollschichtige und klinisch symptomatische Knorpelschäden einer operativen Intervention zugeführt werden sollten [6]. Liegt eine OD Grad I oder II vor, kann bei ansonsten ungestörter Biomechanik eine temporäre Entlastung mit Gehhilfen oder am Knie auch mit valgisierenden oder varisierenden Orthesen erfolgen. Zeigt sich jedoch ein relevantes biomechanisches Gelenkproblem, muss dieses ohne Kompromisse im Rahmen der Knorpel-Knochen-Rekonstruktion adressiert werden. In manchen Fällen reicht die chirurgische Normalisierung des Ganzbein- und/oder Patellofemoralen Alignements ohne eigentliche knorpelchirurgische Maßnahme völlig aus, insbesondere bei symptomatischem Knorpelschäden des Grad I und II.

Abbildung 2 zeigt das Beispiel eines patellofemoralen Knorpelschadens (femoral im Bereich der lateralen Trochlea und lateralen Patellafacette, jeweils Grad II) bei Patella alta mit femoraler Innentorsionsabweichung und physiologischer Beinachse. Es erfolgte keine direkte Knorpeltherapie, sondern die Normalisierung der Torsion mittels einer außenrotierenden suprakondylären Femurosteotomie um 20° und Tuberositas Distalisierung, sodass nach knöcherner Heilung Beschwerdefreiheit erzielt wurde.

Der subchondrale Knochen wurde in den vergangenen Jahren zunehmend in Studienüberlegungen eingebunden, wobei – wie eingangs erwähnt – als Hauptproblem die Frage offenbleibt, ob zuerst der Knorpelschaden oder das Ödem aufgetreten ist. Zusätzlich sollte ein lokalisiertes von einem generalisierten Ödem differenziert werden. Lokale Ödeme ohne knöcherne Defekte können bei ansonsten unauffälliger Biomechanik sowie Alignement isoliert therapiert werden, wohingegen ein generalisiertes Ödem eine eigenständige Entität darstellt und ggf. adjuvant medikamentös behandelt werden sollte.

Die ideale Indikation für knorpelrekonstruktive Eingriffe stellt der isolierte traumatische Knorpelschaden dar, der zirkulär von unauffälligem Knorpel umgeben ist (Abb. 1). Allerdings stellen solche Fälle die Minderheit dar. Die Mehrheit der Knorpelschäden ist degenerativer Natur. Die aktuelle Datenlage rechtfertigt die chirurgische Therapie für Fälle mit lokalisierten Knorpelschäden ohne arthrotische Veränderungen mit bestehender klinischer Symptomatik und geeigneten Patienten ohne immunologische Beeinträchtigungen sowie guter postoperativer Kooperation. Gerade für Fälle mit degenerativer Entität ist die Ursachenanalyse von größerer Bedeutung als für traumatische Fälle, da trotz korrekt erfolgter isolierter chirurgischer Knorpeltherapie, beispielsweise nach ACI, die Grundproblematik verbleibt und den therapierten Knorpel nicht regenerieren lässt. Die Erfahrung zeigte gerade für solche Fälle häufig eine deutliche Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik.

Die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten beinhalten transplantierende und knochenmarkstimulierende Techniken. Die autologe Knorpelzelltransplantation (ACI) sowie der osteochondrale Transfer (OCT) gehören zu den transplantierenden Techniken. Zu den knochenmarkstimulierenden Techniken werden die Mikrofrakturierung (MF), Abrasionsarthroplastik sowie die antegrade Anbohrung gezählt. Die Abrasionsarthroplastik zählt allerdings genaugenommen nicht zu den knorpelrekonstruktiven Techniken, sondern ist mehr im Kontext der Arthrosebehandlung zu sehen [7]. Technisch kann die Knochenmarkstimulation entweder durch konische Ahlen oder durch die Anbohrung realisiert werden. Ob die subchondrale Knochenperforation durch die Nanofraktur mittels dünnerer Kirschner-Drähte bessere Ergebnisse liefert, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden.

In diesem Zusammenhang sollten die Vor- und Nachteile der ACI und MF gegenübergestellt werden. Die MF kann einzeitig arthroskopisch realisiert werden, wohingegen die ACI zweizeitig erfolgt. Nach arthroskopischer Biopsie der Knorpelzellen werden letztere entweder arthroskopisch, mini-open oder in offener Technik in den Knorpeldefekt implantiert. Die MF erzielt histologisch ein firbrokartilaginäres Regenerat, wobei nach ACI der Anteil von hyalinähnlichem Knorpel im Regenerat deutlich höher ist und einen Vorteil für die ACI darstellt. Möglicherweise ist dies auch ein Vorteil für die Dauer des Behandlungserfolgs [8, 9].

Ein weiteres Problem nach Mikrofraktur stellen intraläsionale Ossifikationen dar (Abb. 3), die größenunabhängig innerhalb weniger Jahre zu klinisch schlechten Resultaten führen, insbesondere für größere Defekte bei über 40-jährigen Patienten [10–12]. In den vergangenen Jahren wurden knochenmarkstimulierende Verfahren durch die Verwendung einer zusätzlichen Matrix ergänzt und als Autologe Matrix Induzierte Chondrogenese (AMIC) bezeichnet. Die Datenlage ist allerdings noch unzureichend, ob die bekannten Probleme der MF gänzlich oder teilweise vermieden werden können. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass die differenzierte Indikation zur MF versus ACI sorgfältig erfolgen sollte, da die Ergebnisprognose der ACI nach vorangegangener MF signifikant schlechter ist als nach primärer ACI. In der Praxis sollte man daher nicht die MF durchführen mit der Überlegung: „einzeitiges Vorgehen und weniger invasiv“ mit dem Hintergedanken, „wenn es nicht klappt, kann man immer noch die ACI durchführen“ [9].

Liegt zusätzlich ein subchondraler knöcherner Defekt vor, kann größenabhängig der Knochendefekt mit autologer Spongiosa, ggf. mit kortikospongiösen Zylindern, und einer ACI rekonstruiert werden [13]. Liegt nur eine kleine Läsion vor, kann eine OCT einzeitig erfolgen. Die Indikation zur OCT sollte vor dem Hintergrund der Entnahmemorbidität ab 3 Zylindern zurückhaltend gestellt werden, da sich ansonsten eine diffuse Beschwerdesymptomatik mit Beteiligung des patello-femoralen Kompartiments bei Transplantation innerhalb des Kniegelenks entwickeln kann, oder im Falle einer Transplantation des Talus Beschwerden im Kniegelenk neu auftreten mit variierenden Restbeschwerden des ursprünglich zu versorgenden Sprunggelenks. Abbildung 4 zeigt einen Fall nach extensiver OCT mit diffuser Restbeschwerdesymptomatik, obwohl arthroskopisch eine gute Einheilung im ursprünglichen Defektareal zu objektivieren war bei stabilem fibrocartilaginärem Regeneratknorpel im Bereich der patello-femoralen Entnahmezone. Die Behandlung solcher Zustände ist äußerst problematisch und prognostisch ungünstig zu bewerten, da durch weitere chirurgische Verbesserungsversuche die Beschwerdesymptomatik verschlechtert werden kann. In solchen Fällen sollte durch interdisziplinäres Agieren inklusive schmerztherapeutischer Beratung ein weiterer operativer Eingriff vermieden werden. Besonderes Augenmerk bei Planung einer OCT ist die Antizipierung operationstechnischer Probleme, wie unterschiedliche anatomische Oberflächengeometrie der Spender- und Defektzone sowie auch lokalisationsbedingte unterschiedliche Knorpeldurchmesser. Dies kann zu relevanten Kongruenzproblemen sowohl der knöchernen als auch der knorpeligen Oberfläche führen – vor allem bei Übertragung vom Knie zum Sprunggelenk, da zusätzlich der Knorpel am OSG teilweise nur die halbe Knieknorpelstärke aufweist.

Wenn sich ein subchondraler knöcherner Defekt nach Debridement der Sklerosezone > 3 mm im Durchmesser zeigt, sollte entweder mit autologer Spongiosa oder mittels kortikospongösen Zylindern aufgefüllt werden [13]. Je größer der Defekt (ab ca. 2,5 cm2), umso eher sollte man statt der OCT ein kombiniertes Vorgehen mit ACI und kortikospongiöser Defektrekonstruktion erwägen. Strategisch bestehen 2 gleichwertige Möglichkeiten:

  • 1. Nach Knorpelzellentnahme erfolgt in sogenannter Sandwich-Technik einzeitig die Knorpelknochen-Rekonstruktion mit einer einmaligen postoperativen Teilbelastungsphase.
  • 2. Es erfolgt zuerst die kortikospongiöse Rekonstruktion mit Knorpelzellentnahme, um dann zweizeitig nach 3–6 Monaten die ACI durchzuführen.

Vorteil der Sandwichtechnik ist nur eine postoperative Teilbelastungsphase. Vorteil des zweizeitigen Vorgehens ist das deutlich vorangeschrittene knöcherne Remodelling, sodass bei knöchernem Korrekturbedarf – gerade bei großen Defekten – die spätere ACI ein Nachbessern ermöglicht. Einen weiteren Vorteil stellt die reduzierte Einblutung im Bereich des rekonstruierten Knochendefekts dar, da es zwischen den Lücken der Knochenzylinder relevant in den Knorpeldefekt einbluten kann und dadurch die ACI dem Hämatom „aufschwimmt“, sodass eine AMIC entstehen kann. Diese Einblutungsneigung ist beim zweizeitigen Vorgehen reduziert.

Die bisherige Datenlage zeigt jedoch keinen Vorteil der einen oder anderen Vorgehensweise, sodass individualisiert unter Beachtung der co-inzidenten Patholgien entschieden werden sollte. Abbildung 5 zeigt den Fall einer 16-jährigen Patientin mit einer besonders großen OD, sodass hierfür 8 kortikospongiöse Zylinder notwendig wurden. Solche Fälle stellen sicher die Grenze des Machbaren dar, da mit zunehmender Größe zum einen die biologische knöcherne Einheilung für die mittleren Knochenzylinder problematisch sein kann und auch die stabile Verankerung operationstechnisch sehr anspruchsvoll wird. Durch technische Hilfen wie in diesem Fall mittels einer abstützenden medialen Schraube, kann dennoch ein gutes Ergebnis erzielt werden. Das postoperative CT objektiviert die Einheilung und das Remodelling, wobei im Rahmen der zweizeitigen ACI die rekonstruierte Knochenoberfläche geglättet wurde. Das MRT zeigt das gute mittelfristige Ergebnis 3 Jahre postoperativ (Abb. 5). Nur selten lässt sich eine chronische OD durch Anfrischung und Refixation erfolgreich behandeln. Bei jugendlichen oder heranwachsenden Patienten kann ein solcher Versuch gerechtfertigt sein. Abbildung 6 zeigt die erfolgreiche arthroskopische Refixation einer akut abgelösten OD der lateralen Femurkondyle.

Die Arbeitsgruppe Geweberegeneration hat auf Basis der aktuellen Datenlage daher einen Leitfaden erarbeitet, um die Differenzialindikation für die erwähnten unterschiedlichen Verfahren darzustellen. Abbildung 7 gibt einen guten Überblick. An dieser Stelle sollte für professionelle Athleten eine Sonder- bzw. Ausnahmeindikation bei isoliertem Knorpelschaden des Knie oder Sprunggelenks Erwähnung finden: Wenn eine möglichst schnelle Rehabilitation im Vordergrund steht, kann anstatt der ACI eine OCT durchgeführt werden, da der langfristige postoperative Knorpelmatrixaufbau entfällt und „nur“ die direkte ossäre Einheilung erfolgen muss. Dadurch kann die sportliche Rehabilitation (Return to play) durchaus nach 6 Monaten erzielt werden [14]. Allerdings muss in solchen Fällen immer individuell die Transplantation bzw. Auswahl der Spenderzone sorgfältig geplant werden. Zusätzlich sollte der Athlet in diesen Fällen eine ausführliche Aufklärung erhalten mit schriftlicher Dokumentation dieser Ausnahmeindikation. Auch die MF erlaubt eine zunächst schnellere sportliche Aktivität zu Lasten eines prognostisch langfristig signifikant niedrigeren Aktivitätsniveaus [15].

In jedem Fall sollte man vor Realisierung knorpelrekonstruktiver Maßnahmen eine exakte Ursachenanalyse durchführen, da, wie eingangs erwähnt, die degenerativen Schäden bzw. repetitiven Mikrotraumatisierungen die häufigsten Ursachen darstellen. Besteht ein traumatischer Knorpelschaden, kann dieser im Rahmen der Versorgung der Begleitverletzungen nach dem Leitfaden der AG Geweberegeneration behandelt werden. Liegt jedoch ein degenerativer Knorpelschaden vor, muss für das betroffene Gelenk eine ausführliche Ursachenanalyse erfolgen, um die Pathologie kausal zu behandeln und die Knorpeltherapie lediglich „on top“ in den Behandlungsplan einfließen zu lassen. Dadurch ist gerade bei komplexen Problemen nicht immer ein Königsweg bestreitbar, sondern es sind mehrere Optionen möglich. Diese müssen den betroffenen Patienten erläutert werden, um gemeinsam den Weg mit eventuell mehreren Stationen zu bewältigen. Zeigen sich bereits beginnende arthrotische Veränderungen, sollte man grundsätzlich die Indikation zu knorpelrekonstruktiven Maßnahmen sehr streng stellen.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Atesch Ateschrang

BG Unfallklinik Tübingen

Schnarrenbergstr. 95

72076 Tübingen

ask@bgu-tuebingen.de

Literatur

1. Brittberg M, Lindahl A, Nilsson A, Ohlsson C, Isaksson O, Peterson L: Treatment of deep cartilage defects in the knee with autologous chondrocyte transplantation. N Engl J Med 1994; 331: 889–95

2. Peterson L, Vasiliadis HS, Brittberg M, Lindahl A: Autologous chondrocyte implantation: a long-term follow-up. Am J Sports Med 2010; 38: 1117–24

3. Harris JD, Siston RA, Brophy RH, Lattermann C, Carey JL, Flanigan DC: Failures, re-operations, and complications after autologous chondrocyte implantation – a systematic review. Osteoarthritis Cartilage 2011; 19: 779–91

4. Pietschmann MF, Niethammer TR, Horng A et al.: The incidence and clinical relevance of graft hypertrophy after matrix-based autologous chondrocyte implantation. Am J Sports Med 2012; 40: 68–74

5. Rolauffs B, Rothdiener M, Bahrs C et al.: Onset of preclinical osteoarthritis: The angular spatial organization permits early diagnosis. Arthritis Rheum 2011; 63: 1637–47 DOI: 10.1002/art. 30217

6. Brittberg M: ICRS Clinical Cartilage Injury Evaluation System. 3rd ICRS Meeting. Göteborg, Sweden 2000

7. Johnson IL: Arthroscopic abrasion arthroplasty: a review. Clin Orthop Relat Res 2001; 391: S306–17

8. Oussedik S, Tsitskaris K, Parker D: Treatment of articular cartilage lesions of the knee by microfracture or autologous chondrocyte implantation: a systematic review. Arthroscopy 2015; 31: 732–44

9. Saris DB, Vanlauwe J, Victor J et al.: Characterized chondrocyte implantation results in better structural repair when treating symptom-atic cartilage defects of the knee in a randomized controlled trial versus microfracture. Am J Sports Med 2008; 36: 235–46

10. Mithoefer K, McAdams T, Williams RJ, Kreuz PC, Mandelbaum BR: Clinical efficacy of the microfracture technique for articular cartilage repair in the knee: an evidence-based systematic analysis. Am J Sports Med 2009; 37: 2053–63

11. Goyal D, Keyhani S, Lee EH, Hui JH: Evidence-based status of microfracture technique: a systematic review of level I and II studies. Arthroscopy 2013; 29: 1579–88

12. Kreuz PC, Erggelet C, Steinwachs MR et al.: Is microfracture of chondral defects in the knee associated with different results in patients aged 40 years or younger? Arthroscopy 2006; 22: 1180–6

13. Niemeyer P, Albrecht D, Andereya S et al.: Autologous chondrocyte implantation (ACI) for cartilage defects of the knee: A guideline by the working group „Clinical Tissue Regeneration“ of the German Society of Orthopaedics and Trauma (DGOU). Knee 2016; 23: 426–35

14. Mithoefer K, Hambly K, Della Villa S, Silvers H, Mandelbaum BR: Return to sports participation after articular cartilage repair in the knee: scientific evidence. Am J Sports Med 2009; 37: 167S–76S

15. Steinwachs M, Engebretsen L, Brophy RH: Scientific evidence base for cartilage injury and repair in the athlete. Cartilage 2012; 3: 11S–7S

Fussnoten

1 BG Unfallklinik Tübingen

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