Originalarbeiten - OUP 01/2012

Neue Ansätze der Nachbehandlung nach
arthroskopischer Rotatorenmanschettennaht
New approaches to rehabilitation after arthroscopic
rotator cuff repair

Mittlerweile umfasst das in der Literatur beschriebene Spektrum der Nachbehandlung während der ersten sechs Wochen nach arthroskopischer Rotatorenmanschettennaht den Verzicht auf Beübung, die Eigenbeübung durch den Patienten nach Anleitung, die Fremdbeübung durch Physiotherapeuten und die Beübung nur bei positiven Risikofaktoren für eine Schultersteife sowie den traditionellen Ansatz mit passiver Beübung direkt postperativ. Für jede genannte Variante gibt es bereits Nachuntersuchungen durch zumindest Level IV-Studien [1, 2, 5]. Eine weitere Alternative wäre eine Fremdbeübung nur bei positiven Risikofaktoren. Die letztere Variante ist bislang nicht in einer Studie beschrieben worden.

Die Evidenz dafür, dass die Nachbehandlung nach Rotatorenmanschettennaht unter bestimmten Bedingungen auch restriktiv ohne intensive physiotherapeutische Beübung während der ersten sechs Wochen erfolgen kann, ist im Entstehen. Dies kann jetzt schon festgestellt werden. Mehrere der genannten Studien, die sich mit einer reduzierten postoperativen Beübung beschäftigen, stammen allerdings aus einem Zentrum [4, 5, 6]. Zudem wurden verschiedene Kriterien für die Diagnosestellung einer Schultersteife angewendet. Die Übertragung von spezialisierten US-amerikanischen Schulterzentren auf peripherere Institutionen in anderen Ländern mit anders gewachsenen Gesundheitssystemen ist schwierig. Dennoch sind die dargestellten Studien in sich schlüssige Darstellungen dafür, dass eine frühe aggressive Nachbehandlung mit Physiotherapie nicht in allen Fällen nach arthroskopischer Rotatorenmanschettennaht der einzige Weg zu einer gut beweglichen Schulter ist. Ob eine postoperative Ruhigstellung zu einer verbesserten Sehnenheilung führt, muss durch vergleichende Studien geklärt werden. Vergleichende kernspintomographischen Studien existieren hierzu noch nicht. Abschließende generelle Empfehlungen lassen sich aufgrund der bereits veröffentlichten Literatur nicht herleiten. Empfohlen wird, neue konservativere Ansätze der frühen Nachbehandlung nach arthroskopischer Rotatorenmanschettennaht nur in Absprache mit Patienten und Zuweisern durchzuführen. Auf die Möglichkeit der initial schlechteren Beweglichkeit muss hingewiesen werden.

Für die Zukunft wird es dann interessant sein, die assoziierten Kostenaspekte zu analysieren. Als Arbeitshypothesen wäre hier eine mögliche Fragestellung, ob eine Nachbehandlung mit Physiotherapeut durch eine schnellere Rehabilitation und frühere Arbeitsfähigkeit kosteneffektiver ist. Hierbei müsste auch berücksichtigt werden, ob die Sehnenheilung oder Langzeitergebnisse hierdurch beeinflusst würden. Hinsichtlich der allgemeinen Rezeption der hier vorgestellten Studien sind die tierexperimentelle Daten zumindest interessant, die darauf hinweisen, dass eine vorübergehende Schultersteife möglicherweise ein physiologisch notwendiger, aber vorübergehender Zustand ist, der zur Sehnenheilung führt [3]. Allgemeine Therapieempfehlungen lassen sich hieraus zur Zeit aber auch noch nicht ableiten.

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Marius von Knoch

Chefarzt

Klinik für Orthopädie und Endoprothetik, Schulterzentrum

Klinikum Bremerhaven Reinkenheide gGmbH

Postbrookstraße 103

27574 Bremerhaven

E-Mail: mariusvonknoch@yahoo.com

Literatur

1. Parsons BO, Gruson KI, Chen DD, Harrison AK, Gladstone J, Flatow EL. Does slower rehabilitation after arthroscopic rotator cuff repair lead to long-term stiffness? J Shoulder Elbow Surg. 2010 Oct;19(7):1034–9.

2. Ghodadra NS, Provencher MT, Verma NN, Wilk KE, Romeo AA. Open, mini-open, and all-arthroscopic rotator cuff repair surgery: indications and implications for rehabilitation. J Orthop Sports Phys Ther. 2009 Feb;39(2):81–9. Review.

3. Gimbel JA, Van Kleunen JP, Williams GR, Thomopoulos S, Soslowsky LJ. Long durations of immobilization in the rat result in enhanced mechanical properties of the healing supraspinatus tendon insertion site. J Biomech Eng. 2007 Jun;129(3):400–4.

4. Huberty DP, Schoolfield JD, Brady PC, Vadala AP, Arrigoni P, Burkhart SS. Incidence and treatment of postoperative stiffness following arthroscopic rotator uff repair. Arthroscopy. 2009 Aug;25(8):880–90.

5. Koo SS, Parsley BK, Burkhart SS, Schoolfield JD. Reduction of postoperative stiffness after arthroscopic rotator cuff repair: results of a customized physical therapy regimen based on risk factors for stiffness. Arthroscopy. 2011 Feb;27(2):155–60.

6. Denard PJ, Lädermann A, Burkhart SS. Prevention and management of stiffness after arthroscopic rotator cuff repair: systematic review and implications for rotator cuff healing. Arthroscopy. 2011 Jun;27(6):842–8.

7. Tauro JC. Stiffness and rotator cuff tears: incidence, arthroscopic findings, and treatment results. Arthroscopy. 2006 Jun;22(6):581–6.

8. Brislin KJ, Field LD, Savoie FH 3rd. Complications after arthroscopic rotator cuff repair. Arthroscopy. 2007 Feb;23(2):124–8.

Fussnoten

1 Klinik für Orthopädie und Endoprothetik, Klinikum Reinkenheide gGmbH, Bremerhaven

2 Klinik für Orthopädie I, Seepark Klinik, Debstedt

3 Abteilung Orthopädie, Universitätsmedizin, Georg-August-Universität, Göttingen

DOI 10.3238/oup.2012.0029-0032

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