Übersichtsarbeiten - OUP 09/2019

Prädiktoren für das Outcome einer Osteotomie

Je besser das Bewegungsausmaß in Flexionsrichtung ist, desto besser ist das OP-Ergebnis. Alle Arbeiten betonen, dass die Kniegelenkbeugung 100°, oder noch besser 120° erreichen sollte [2, 25].

Biologische Parameter

Alter

Spahn et al. [33] fanden keine signifikanten Unterschiede im Ergebnis bei Patienten unter und über 50 Jahren, Rinapoli et al. trafen dieselbe Aussage bei Patienten unter und über 60 Jahren [30]. Holden et al. [15] und Odenbring et al. [27] konnten sehr gute Ergebnisse bei Patienten mit knapp 40 Jahren zeigen. Im Gegensatz dazu zeigt sich in der Arbeit von Gstötter et al. [12], dass die Überlebensraten von kniegelenknahen Osteotomien bei Patienten unter 50 Jahren höher sind als bei Patienten über 65 Jahren. In all diesen Untersuchungen stand das Augenmerk auf das Alter jedoch nicht im Mittelpunkt und die Patientengruppen konnten streng genommen diesbezüglich nicht verglichen werden.

Anders ist es mit 2 Arbeiten aus den Jahren 2013 und 2015, die die Frage nach dem idealen Patientenalter schon im Titel eindeutig beantworten: Das Alter beeinflusst das Outcome nach valgisierender ow-HTO nicht!

In einer Matched-pair-Analyse mit Übereinstimmungen bzgl. Geschlecht, BMI, OP-Methode, Zusatzeingriffen und Follow-up-Zeit wurden Patientenpaare mit einem mittleren Alter von 57 Jahren (55–63 J = Gruppe A) versus 15 Jahre jünger (Median 42 Jahre, 39–47 J = Gruppe B) gebildet [22]. Beide Gruppen profitierten signifikant von der valgisierenden HTO. Aber, es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen hinsichtlich des Ausmaßes der Verbesserungen bezogen auf Lysholm, Tegner und VAS. Zu identischen Ergebnissen kommt eine Studie aus Japan aus dem Jahr 2015 mit einer Gruppe älter als 65 Jahren (Mean 68,7 ± 2,9 Jahre) und einer anderen Gruppe jünger als 65 Jahre. (Mean 56,2 ± 7,5 Jahre): Das Alter beeinflusst das Ergebnis nicht [11].

Geschlecht

Frauen haben ein höheres Risiko eine Gonarthrose zu entwickeln [34]. Spielt das Geschlecht für das Outcome auch eine Rolle? Es gibt keine Studie, die diese Frage explizit beleuchtet. Dennoch, Studien mit sehr langem Verlauf und/oder sehr hohen Patientenzahlen sollten in dieser Frage richtungsweisende Aussagen treffen können.

In einer mehr als 40 Jahre alten Studie aus Schweden zeigte sich, dass die Anzahl der Patienten mit objektiv exzellenten Ergebnissen nach valgisierender HTO bei beiden Geschlechtern gleich war. Der Anteil subjektiv hochzufriedener Patienten war jedoch bei den Frauen doppelt so hoch wie bei den Männern. Dies wurde damals mit einer höheren subjektiven Anspruchshaltung an ihr Knie seitens der Männer erklärt [35]. Mehr als 25 Jahre später sehen Aglietti et al. in Ihrer Studie mit bis zu 21 Jahren Follow-up das männliche Geschlecht als einen von 3 signifikanten positiven Prädiktoren für ein gutes Ergebnis nach valgisierender lateraler closed-wedge-HTO [1]. Identisch äußern sich Raaij et al. in Ihrer Studie mit bis zu 16 Jahren Follow-up [37].

Eine Studie mit 2671 eingeschlossenen Patienten aus Ontario/Kanada zeigte in einer Kaplan-Meier-Überlebensanalyse das weibliche Geschlecht hochsignifikant als negativen Prädiktor für eine frühere Konversion einer HTO zu einer Total-Endoprothese des Kniegelenks [21].

Insgesamt scheint es mehr Daten für die These zu geben, dass das männliche Geschlecht ein positiver Prädiktor für ein gutes Ergebnis nach einer kniegelenknahen Osteotomie ist.

Gewicht

Unstrittig ist der Zusammenhang zwischen dem Body Mass Index (BMI) und der Entwicklung einer Gonarthrose [10]. Untersuchungen von valgisierenden HTOs aus den 90-er Jahren zeigten sowohl nach 5 Jahren als auch nach 10 Jahren eine erheblich niedrigere Überlebensrate bei Patienten mit Übergewicht (BMI > 30) [7, 25]. Umgekehrt scheint es auch so zu sein, dass ein BMI < 25 kg/m2 ein besserer Langzeitergebnis bedingt [17].

Psychische Erkrankungen

Haben psychische Erkrankungen, vor allem die Depression, Einfluss auf die Wahrnehmung von Gonarthrose-Beschwerden vor einer Operation und auf die Entwicklung des Ergebnisses einer valgisierenden Umstellungsoperation. Zwei Studien aus Deutschland konnten zeigen, dass eine reduzierte psychische Gesundheit vor der Operation zwar zu einer verlängerten Krankheitsphase und damit Berufsunfähigkeit führte, jedoch zu keiner Reduzierung des funktionellen Ergebnisses verglichen mit einer psychisch gesunden Vergleichsgruppe [18, 31].

Chirurgische Parameter

Das OP-Verfahren und das Ausmaß der Korrektur sind keine präoperativen Erfolgs-Prädiktoren. Dennoch, fast alle Studien und Meta-Analysen zur Behandlung der Varusgonarthrose mit langem Follow-up betrachten Patienten, die mit einer lateralen valgisierenden closed-wedge HTO operiert wurden, so auch die meisten der in diesem Artikel erwähnten Arbeiten [1, 2, 7, 8, 12, 14, 16, 17, 20, 25, 35, 37]. Ein relevantes postoperatives Problem ist dabei immer der Korrekturverlust, der wiederum das OP-Ergebnis negativ beeinflusst.

Langzeitstudien, die nur open-wedge HTO’s beleuchten, sind insgesamt rar, so auch in diesem Artikel [24, 33]. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2015 zeigt, dass das bei einer Ow-HTO verwendete Implantat das OP-Ergebnis maßgeblich mitbestimmt [8]. In dieser Arbeit wurden winkelstabile und nicht-winkelstabile Implantate bei der medialen Oopen-wedge-Technik verglichen. Bei Verwendung von winkelstabilen Implantaten kam es zu einem signifikant niedrigeren Korrekturverlust und entsprechend auch zu einem signifikant besseren klinischen Ergebnis.

Nachdem die Open-wedge-Technik mittlerweile als Goldstandard für die valgisierende HTO bezeichnet werden darf [5, 23] kann es durchaus sein, dass die beschriebenen Langzeitergebnisse sich in Zukunft noch verbessern werden.

Ausblick

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