Originalarbeiten - OUP 04/2012

Prospektive, randomisierte und kontrollierte Untersuchung
zum Vergleich des konventionellen anterolateralen Zugangs mit dem
anterolateralen minimal invasiven (ALMI) Zugang unter Berücksichtigung von kernspintomographischen Befunden der Muskulat

J. Jerosch1, S. Stobbe1, G. Schmid2, J. Schunck3, T. Filler4

Fragestellung: Ziel der vorliegenden Studie war es zu überprüfen, inwieweit Unterschiede bei kernspintomograhischen Muskelbefunden zwischen dem Standardzugang nach Bauer und ALMI-Zugang vorliegen.

Material und Methode: Untersucht wurden zwei Patientengruppen, denen über den konventionell oder minimal invasiver Zugang (ALMI) dieselbe Hüftendoprothese implantiert wurden. Alle Operationen erfolgten durch zwei erfahrene Operteure mit mehr als 1200 ALMI-Operationen. Es wurden 47 Patienten in die Studie aufgenommen. Beide Patientengruppen unterschieden sich präoperativ nicht in ihrer Alters- und Geschlechtsstruktur sowie hinsichtlich der operierten Seite. Die MRT-Untersuchungen wurden mit einem Philips Outlook Proview (0.23 Tesla Niederfeld) in standardisierter Technik präoperativ, innerhalb von 2 Wochen postoperativ und nach 14 Monaten durchgeführt. Die Auswertung der MRI-Befunde erfolgte durch zwei unabhängige und verblindete Untersucher.

Ergebnisse: Präoperativ zeigte sich bei den Männern ein signifikant größerer Durchmesser des M. gluteus medius. Weiterhin fand sich schon präoperativ bei vielen Patienten eine fettige Degenerationen in der Muskulatur. Postoperativ zeigten sich geringe, jedoch nicht signifikante Unterschiede bezüglich des Ausmaßes der degenerativen Verfettung. Es fanden sich auch keine Unterschiede im Ausmaß der Muskelvolumenatrophie. Präoperativ vorliegende Muskelödeme waren zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung nicht mehr nachweisbar.

Fazit und klinische Relevanz: Schon vor der Implantation einer Hüftendoprothese zeigen sich bei vielen Patienten deutliche Veränderungen in der Hüftmuskulatur im Rahmen der Kernspintomographie. Während Ödeme in den Muskeln offensichtlich rasch zurückgehen, kommt es nicht zu einer Reduktion der präoperativ schon vorliegenden fettigen Degeneration. Dieses gilt sowohl für den ALMI- als auch für den Bauer-Zugang.

Schlüsselwörter: Hüftendoprothetik, minimal invasiver Zugang, MRI, Muskelschaden

Purpose: The purpose of the present study was to evaluate potential differences in the MRI of the hip musculature comparing the traditional approach according to Bauer with the minimal invasive ALMI approach.

Material and Methods: We compared patients which got a total hip replacement either via the Bauer or the ALMI approach. All 47 patients got the same cementless hip design. All surgeries were performed by two experienced hip surgeon with a experience of more than 1200 ALMI approaches. The patient groups did not differ concerning age, sex or side which was operated on. All MRI were performed in a standardized technique with Philips Outlook Proview (0.23 tesla). Patients were scanned preoperatively, within 2 weeks after surgery and the time of follow-up 14 months after surgery. The evaluation of the MRI findings was performed by two undependend and blinded examiners.

Results: Preoperatively the male patients showed a significant larger diameter in gluteus medius muscle. Also we could demonstrate in many patients a fatty degeneration even before the surgery. At time of follow-up there was no difference between both patient populations concerning the fatty degeneration. There was also no difference concerning the muscle atrophy. Muscle edema, that was present before surgery however, was no longer present at time of follow-up.

Conclusion and clinical relevance: Even before THR many patients show significant degeneration in the hip muscles. Muscle edema that was present before surgery disappeared at time of follow-up. The fatty degeneration was still present at time of follow-up. There was no difference concerning the muscle atrophy between the ALMI and the Bauer group.

Keywords: total hip replacement, minimal invasive approach, MRI, muscle damage

Einleitung

Im letzten Jahrzehnt sind aus ganz unterschiedlichen Gründen minimal invasive Zugänge in der Hüftendoprothetik propagiert worden. Im deutschsprachigen Raum überwiegen schon historisch gesehen die anterolateralen Zugänge. Folgerichtig wurden diese in Richtung minimal invasivem Vorgehen weiterentwickelt und es entstanden der anterolaterale minimal invasive Zugang (ALMI) [1,2], der von Röttinger publizierte OCM-Zugang sowie der streng anteriore Zugang von Rachbauer und Krismer.

Einer der Gründe für das minimal invasive Vorgehen war der Gedanke, gewebeschonend präparieren zu können [3], um eine frühe Mobilisation und Rehabilitation der Patienten zu gewährleisten. Ökonomische Gründe für dieses Vorgehen sind vor allem in den USA die Krankenhaustagekosten [4] sowie der Kostendruck durch Arbeitsausfall oder Pflegebedürftigkeit. Im deutschen DRG-System sind die Anreize für eine frühe Entlassung deutlich geringer. Patienten fragten zunehmend nach diesen Verfahren, da von ihnen in aller Regel die kleinere OP-Narbe mit einer weniger invasiven Operation gleich gesetzt wird.

Allein aus mechanischen Gründen gilt als Faustregel für die Hautschnittlänge 25% über dem Pfannendurchmesser [2]. Es gibt jedoch keine klaren Regeln, da individuelle Begebenheiten wie zum Beispiel viel subkutanes Fettgewebe einen etwas längeren Schnitt verlangen. Einige Quellen geben 11 cm als Maximum für Minimalinvasivität an, andere wiederum legen sich auf unter 10 cm fest [4].

Für die Operateure, denen es um minimale Invasivität, also maximale Gewebeschonung geht, ist dieser kleinere Hautschnitt jedoch nicht immer sinnvoll. Es geht vielmehr darum, gerade die Wundränder vor zu viel Zug und das Operationsergebnis nicht durch schlechte Sicht zu gefährden. Hier sind besondere Sorgfalt und bei vielen Methoden auch das Verständnis für das Prinzip des „beweglichen Fensters“ dringend gefordert.

Von Anfang an wurde die minimal invasive Hüftendoprothetik sehr kontrovers diskutiert. Die Erwartungen an die Minimalinvasivität war groß, sollte die Weichteilschonung doch zu niedrigeren Kosten, weniger postoperativem Schmerz, schnellerer Entlassung in die ambulante Betreuung, früherer Vollbelastung und höherem Wohlbefinden [5,6,7] durch weniger Blutverlust [8] führen. Angeheizt wurde diese Diskussion außerdem zusätzlich dadurch, dass Arthrosepatienten heutzutage durch die neuen Medien mit Informationen überhäuft werden, die kritisch zu hinterfragen sie nicht in der Lage sind. Der patientenseitige Druck auf die Operateure ist in dieser Frage als ausgesprochen hoch einzuschätzen [9], während die Datenlage zunächst als sehr dünn anzusehen war und auch bis heute nicht annähernd so fundiert ist, wie für die zum Teil seit Jahrzehnten verwendeten konventionellen Zugänge [10].

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