Übersichtsarbeiten - OUP 10/2018
Qualitätsmanagement in der Schmerztherapie: KEDOQ-Schmerz
Es existiert eine Reihe von Organisationen, die das Qualitätsmanagement initiieren, koordinieren und auswerten sollen. So existieren ein Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (AQuMed/ÄZQ), die Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQ), das Institut für Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen (IQMG), das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und des Weiteren zahlreiche Qualitätsinstitutionen im Gesundheitswesen, die sich mit Qualitätsmanagement befassen, z.B. die Ärztekammer und die Bundesärztekammer, die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR), die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), das BQS Institut für Qualität & Patientensicherheit, die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKD), der Deutsche Rentenversicherungsbund (DRB), der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK und MDS) sowie zahlreiche Qualitätszirkel im niedergelassenen ärztlichen Bereich.
Qualitätsmanagement-Instru- mente in der Schmerzmedizin
Im ambulanten Bereich wird die Zulassung zur Schmerztherapie und auch zur Sicherung der Qualität in der „Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung schmerzkranker Patienten niedergelegt, wo auch die Vorgaben für die Ausbildung zur Führung der Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“ festgelegt sind.
Die genannte Qualitätssicherungsvereinbarung enthält neben den Qualifikationsanforderungen an den Leistungserbringer und strukturelle Anforderungen an die Einrichtung keine Vorgaben für den eigentlichen Behandlungsprozess, sodass nicht von einheitlichen Behandlungskonzepten ausgegangen werden kann. Entsprechend inhomogen stellt sich die Struktur- und Prozessqualität der befragten Einrichtungen dar [8].
Für den stationären Versorgungssektor werden anhand der Prozedurziffern zur multimodalen Schmerztherapie Vorgaben zur Struktur- als auch zur Prozessqualität gemacht. Insbesondere die OPS-Ziffer 8–91c.xx (teilstationäre multimodale Schmerztherapie) ist differenziert ausformuliert.
Weniger homogen und wohl auch weniger effektiv stellt sich die multimodale Schmerztherapie im vollstationären Sektor dar, die über die OPS-Ziffer 8–918.xx definiert wird. Hier wurden bei der Einführung der Ziffer strukturelle und prozessuale Kriterien zunächst nicht exakt genug definiert, um der obigen Definition für die interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie (IMST), wie sie von der entsprechenden Kommission der Deutschen Schmerzgesellschaft definiert wurde, Rückhalt zu geben. Über Suchmaschinen wie dem AOK-Gesundheitsnavigator oder Gesundheits-Kompass der DAK lässt sich die Anzahl der Krankenhäuser, die in Deutschland Leistungen nach der OPS-Ziffer 8–918.xx anbieten konnten, gut darstellen. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die Mehrzahl der abrechnenden Krankenhäuser nur eine sehr geringe Fallzahl angibt – häufiger weniger als 10 Fälle. In diesen Fällen ist eine Fehlkodierung sehr wahrscheinlich, da die geringe Fallzahl die Bereitstellung des spezialisierten ärztlichen und psychologischen Personals nicht trägt. Strukturen, die den Vorgaben der OPS-Ziffer entsprechen, dürfen damit nur bei geschätzt 200 Krankenhäusern deutschlandweit gegeben sein [2].
Im Auftrag der schmerzmedizinischen/psychologischen Fachgesellschaften, der Selbsthilfeorganisation der Schmerzpatienten und des Berufsverbands der Schmerztherapeuten und Psychologen hat die „Gemeinsame Kommission der Fachgesellschaften und Verbände für Qualität in der Schmerzmedizin“ überprüfbare Struktur- sowie Prozesskriterien entwickelt, um schmerzmedizinische Einrichtungen in Deutschland klassifizieren zu können. Grundlage ist das in Deutschland etablierte System der abgestuften Versorgung sowie bestehende Qualifikationen, Weiterbildungen und Zusatzbezeichnungen. Anhand von Kriterien werden 5 Ebenen von der Einrichtung mit Fachkunde Schmerzmedizin über spezialisierte Einrichtungen bis zum Zentrum für interdisziplinäre Schmerzmedizin definiert. Ziel der Empfehlungen ist, verbindliche und überprüfbare Kriterien zur Qualitätssicherung in der Schmerzmedizin zu etablieren und die Versorgung zu verbessern [11].
Unter Qualitätsmanagement im engeren medizinischen Sinne werden Maßnahmen verstanden, die dazu beitragen, dass eine Behandlung definierten Anforderungen gerecht wird. Darunter versteht man die Gesamtheit aller Prozesse, die zu einer kontinuierlichen Qualitätsverbesserung von Behandlungen führen. Im weiteren Sinne können alle Arten von Aus-, Fort- und Weiterbildungen, Dokumentationssystemen, Leitlinien, Empfehlungen, Projekten zu deren Implementierung, Zertifizierungen, Fehlervermeidungssystemen und andere Aktivitäten zu einer besseren Qualität beitragen. Im Folgenden soll auf eine Auswahl von Instrumenten eingegangen werden, die schmerzspezifische Inhalte haben [10].
Häufig werden im Kontext von Qualitätsmanagement Begriffe verwandt, die im Bereich der Schmerztherapie näher zu definieren sind:
Strukturqualität: Was ist vorhanden? Zum Beispiel qualifiziertes Personal, apparative Voraussetzungen, Dokumentationssysteme, CIRS
Prozessqualität: Wie wird es gemacht? Zum Beispiel Messung und Dokumentation von Schmerzen, Befolgen von Algorithmen, rechtzeitige Gabe von Medikamenten
Ergebnisqualität: Was kommt dabei heraus? Zum Beispiel Schmerzintensität, Funktionsgrad, Nebenwirkungen, Komplikationen, Zufriedenheit, Lebensqualität
Im Gegensatz zu anderen Gebieten der Medizin können viele Ergebnisqualitätsparameter in der Schmerztherapie nur aus der Patientenperspektive berichtet werden. Deshalb muss bei der Auswahl geeigneter Messinstrumente, z.B. Schmerzskalen oder Fragebögen, unbedingt auf eine ausreichende Validierung und standardisierte Erhebungsbedingungen geachtet werden.
Gute Qualität in der Schmerztherapie ist mehr als nur Schmerzlinderung. Eine Einbeziehung der funktionellen Auswirkungen, insbesondere der Berücksichtigung schmerztherapie- bedingter Nebenwirkungen, sind Bestandteile der ganzheitlichen Beschreibung von Qualität. Eine ausschließliche Orientierung des Therapieerfolgs am Parameter Schmerzintensität kann zu einer Fehlsteuerung der Therapie und damit zu einer unangebrachten Einschätzung der Gesamtqualität beitragen, z.B. hohe Opioiddosierungen, die zu Schmerzfreiheit, aber starker Sedierung führen. Im Bereich der Akutschmerztherapie sind das deutsche Benchmarkprojekt QUIPS und sein internationales Pendant PAIN- OUT zu nennen, die ein valides Feedback der Ergebnisqualität in der postoperativen Schmerztherapie aus Patientenperspektive ermöglichen.
Ziel der Initiative „Certkom“ als Zertifizierungsprojekt ist die Einhaltung bzw. das Einreichen definierter Qualitätsstandards. Sie steht am Ende eines Prozesses, bei dem geprüft wird, ob festgelegte Qualitätsmerkmale erfüllt werden. Der Zertifizierungsvorgang selbst erfolgt in Form von Visitationen, die durch eine eigenständige Zertifizierungsorganisation (PAEN CERT GmbH) durchgeführt werden. Certkom wird durch mehrere Fachgesellschaften unterstützt (www.certkom.com).