Übersichtsarbeiten - OUP 04/2021

Radiologische Analyse von kritischem Schulterwinkel, Scapulahalslänge und Deltoidumlenkwinkel

Für die Studie lag eine Zustimmung des Research Board des Suez Canal University Hospitals Ismailia vor.

Ergebnisse

Hinsichtlich der Inter- und Intra-Oberserver Variabilität zeigten sich exzellente Werte mit einem ICC von > 0,87. Es ergab sich in der Studienpopulation ein mittlerer CSA von 32,86 (21–46°), ein mittlerer SNL von 10,44 (6–16 mm) und ein mittlerer DWA von 149,27 (127,9–179,4°) (Tab. 2).

Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich des Geschlechts oder der Seite beim CSA oder beim MDW-Winkel (p < 0,05). Obwohl die Scapulahalslänge auf beiden Seiten vergleichbar ist (p < 0,05), zeigte sich eine Scapulahalslänge bei Männern deutlich größer als bei Frauen (p < 0,01) (Tab. 3, 4).

Alle 3 radiologischen Parameter korrelierten nicht mit dem Patientenalter (CSA: r = 0,09, p = 0,09; SNL: r = 0,09, P = 0,09; DWA: r = 0,01, p = 0,88) (Abb. 4–6). Die Korrelation der verschiedenen Parameter untereinander zeigte nur beim DWA einen negativen Trend bei zunehmendem CSA (r = –0,11, p = 0,04) (Abb. 7).

Diskussion

Kritischer Schulterwinkel: Früher galt vornehmlich die anteriore Acromionbegrenzung als Faktor für eine Schädigung der Rotatorenmanschette. Hier wurde insbesondere anhand der Einteilung des Acromions in Typ 1 bis Typ 3 nach Bigliani et al. [2] die Entscheidung für eine arthroskopische chirurgische Maßnahme im Sinne einer subacromialen Dekompression gesehen. In den letzten Jahren zeigt sich, dass daneben auch der kritische Schulterwinkel, welche den lateralen Überhang des Acromions berücksichtigt, eine klinisch relevante Rolle spielt. Verschiedene Studien zeigten bei einem kritischen Schulterwinkel von über 35° eine erhöhte Inzidenz von Rotatorenmanschettenrupturen mit nachfolgender Proximalisation des Humeruskopfes [4, 6, 9].

Ein CSA von über 35° wird somit als potentiell schädigender Faktor für die Rotatorenmanschette angesehen. Beim Wert von über 35° Hierzu wird die Indikation zu einer lateralen Acromionplastik unterstützt.

Scapulahalslänge: Kadaverstudien mit 442 Scapulae, von 221 Kadavern zeigten eine mittlere Scapulahalslänge von 10,6 ± 3,3 mm [5]. Männliche Probanden haben tendenziell einen längeren Scapulahals als weibliche. Beide Beobachtungen finden sich auch in unserem Kollektiv wieder.

In einer Analyse von 50 inversen Schulter-Prothesen fand sich ein Scapular Notching bei einer mittleren Scapulahalslänge von 8,9 mm, verglichen zu denen mit einer mittleren Scapulahalslänge von 12,1 mm, deutlich häufiger [11]. Dieses zeigt, dass eine geringere Scapulahalslänge zu einem höheren Scapular Notching prädisponiert. Hieraus lässt sich die Forderung herleiten, dass bei Patienten mit einer Scapulahalslänge von weniger als 9 mm eine Glenoid-Augmentation sinnvoll ist, um das laterale Glenoid Offset zu erhöhen. Eine BIO-RSA führt dann zu einer Verlängerung des Scapulahalses und einer Reduzierung des inferioren Notchings.

Deltoidumlenkwinkel: Ein varischer (reduzierter) Umlenkwinkel erhöht die Kompression im glenohumeralen Gelenk und somit die Stabilität. Der Deltaumlenkwinkel wird günstiger, der Deltoid-Momentarm ist jedoch reduziert und es besteht ein gewisses Risiko für eine Überspannung von Deltoid und Rotatorenmanschetten; Studien hierzu liegen jedoch nicht vor.

Interessenkonflikte:

keine angegeben

Das Literaturverzeichnis
zu diesem Beitrag finden Sie auf: www.online-oup.de

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Johanna-Etienne-Krankenhaus

Am Hasenberg 46

41462 Neuss

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