Informationen aus der Gesellschaft - OUP 04/2024

ReiseberichtDACH-Hospitationsstipendium 2024

Lucas Mangold, Abdelkader Shekhbihi

Das DACH-Hospitationsstipendium wurde 2024 zum ersten Mal vergeben. Es soll jungen Assistenzärztinnen und -ärzten die Möglichkeit einer einwöchigen Hospitation bei exzellenten Vertreterinnen und Vertretern des Faches Orthopädie und Unfallchirurgie in Deutschland, Österreich und der Schweiz bieten.

Wir durften uns dieses Jahr als ausgewählte Stipendiaten glücklich schätzen, bei der erstmaligen Vergabe an der 72. Jahrestagung der VSOU im April 2024 in Baden Baden die Urkunde des Stipendiums vom 1. Vorsitzenden der VSOU, Herrn Dr. Bodo Kretschmann, entgegenzunehmen.

In diesem Rahmen konnten wir die Verantwortlichen der VSOU, bis auf die Initiatorin des Stipendiums, Frau Prof. Meurer, die leider krankheitsbedingt ausfiel, als auch die Stipendiatinnen und die Stipendiaten des USA-Reisestipendiums persönlich kennenlernen und uns mit ihnen austauschen.

Die Planung der einwöchigen Hospitation oblag uns Stipendiaten. Hierbei wurden wir durch die jeweiligen Sekretariate beider Kliniken als auch durch den Vorstand der VSOU, die den Kontakt zu den Spezialisten herstellte, im Bewerbungsprozess tatkräftig unterstützt und erhielten nach Einreichen aller erforderlichen Dokumente die Bestätigung in der jeweiligen Klinik, hospitieren zu dürfen.

Die Organisation der An- und Abreise und den Unterkünften erfolgte durch uns selbst und führte uns zum einen nach Zürich zu Herrn Prof. Scheibel und nach Köln zu Herrn Prof. Müller.

Herr Prof. Scheibel verfügt über eine langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Schulter- und Ellbogenchirurgie und ist Generalsekretär und Past-Präsident der D-A-CH-Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie e.V. (DVSE).

Herr Prof. Müller ist als Präsident der DVSE seit Jahren auf dem Gebiet der Ellenbogenchirurgie ein führender Kopf, prägt mit seiner markanten Art diverse Kongresse und leitet in Köln das Deutsche Zentrum für Schulter- und Ellenbogenchirurgie der DVSE.

Lucas Mangold:

Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Uniklinik Köln – Deutsches Zentrum für Schulter- und Ellenbogenchirurgie der DVSE

Meine Anreise erfolgte am Sonntag über Nürnberg per Direktverbindung mit dem ICE nach Köln. Nach 5 Stunden Fahrtzeit aus dem Süden von Deutschland ganz in den Westen in die rheinische Karnevalshauptstadt, bezog ich mein Hotelzimmer und suchte mir zum Abendessen vor Beginn der Hospitation am Folgemorgen noch ein Restaurant in der Nähe der Rheingärten mit Blick auf die Hohenzollernbrücke. Aus der kleinsten Großstadt Bayerns, dem beschaulichen Erlangen kommend, genoss ich das Treiben im und am Rhein und der Ankunftstag verflog.

Mit den U- und S-Bahnen der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) waren es nur 15–20 min Fahrtzeit zur Uniklinik, sodass ich pünktlich zur Frühbesprechung um 7:30 Uhr in der Kerpener Straße in meine klinische Hospitation starten konnte. Dort angekommen, wurde ich von den Kolleginnen und Kollegen außerordentlich freundlich aufgenommen und in den Arztkittel der Uniklinik Köln gehüllt.

Nach Besprechung aller Patientinnen und Patienten und Operationen vom Wochenende startete ich direkt in die Spezialsprechstunde für Ellenbogen- und Schulterverletzungen. Hier konnte ich die professionelle ambulante Nachsorge der Kolleginnen und Kollegen, die mit viel Engagement und Geduld die Patientinnen und Patienten auf ihrem Weg begleiten, bestaunen. Beeindruckend war die hohe Expertise im Bereich Ellenbogentrauma aller behandelnden Ärztinnen und Ärzte. Seit 2014 ist Köln Ausbildungszentrum der DVSE. Oberärztinnen und Oberärzte als auch Assistenzärztinnen und Assistenzärzte zeigten ein breites Wissen zur Behandlung und vor allem auch Nachbehandlung der oft komplexen Ellenbogenverletzungen. Großartig war es auch zu beobachten mit welchem Einsatz Prof. Müller seine Patientinnen und Patienten betreut. Als individuelle Nachbehandlungsanleitung für die behandelnden Physiotherapeutinnen und -therapeuten demonstriert er beispielsweise gewünschte Mobilisationsübungen während des Sprechstundentermins und nimmt diese mit der Patientin/dem Patienten als Video auf.

Als Leiter des Schwerpunktes Unfall-, Hand- und Ellenbogenchirurgie genießt Prof. Müller ein hohes Ansehen und ist auch dieses Jahr wieder auf der FOCUS-Ärzteliste als Top-Mediziner gelistet. Seine Klinik ist eines von insgesamt 3 durch die DVSE zertifizierten Schulter- und Ellenbogenzentren in Deutschland. Dies bestätigt die hohe Qualität der operativen und konservativen Behandlung. Nicht zuletzt zeigt sich dies auch in der Spezialisierung in Forschung und Lehre an der Uniklinik Köln. In der Abteilung werden jedes Jahr mehr als 660 schulter- und ellenbogenchirurgische Eingriffe von hochspezialisiertem Personal durchgeführt, damit erreicht sie die höchste von 3 Zertifizierungsstufen der DVSE-Fachgesellschaft. Natürlich werden aufgrund dessen öfter Patientinnen und Patienten mit entsprechenden Verletzungsmustern aus umliegenden Kliniken zur operativen Behandlung an die Uniklinik geschickt, wodurch die Expertise weiter wächst.

An den 2 darauffolgenden Tagen bekam ich die Möglichkeit, mit den Oberärzten Tim Leschinger, Michael Hackl und Valentin Rausch einigen interessanten Operationen beizuwohnen. Unter anderem bei der operativen Versorgung einer Patientin mit komplexen Ellenbogenluxationsfrakturen beider Arme. Hierbei implantierten die Kollegen vollkommen routiniert eine Ellenbogenprothese links, führten auf der Gegenseite einen Radiuskopfersatz durch und nutzten Teile des Radiuskopfes zum Aufbau des Coronoids. Derartige OP-Techniken bedürfen sicherlich eines großen fachlichen Wissens, manuellen Geschicks als auch klinischer Erfahrung, die keinesfalls Standard ist.

Das abschließende Highlight stellte der OTC-Ellenbogenkurs im Zentrum Anatomie der Universität Köln dar. Der Kurs findet seit mittlerweile mehr als 10 Jahren statt und ist Teil des Curriculums der DVSE zur Zertifizierung als Schulter- und Ellenbogenchirurgin/-chirurg. Der Kurs wird mit viel Liebe durch die Kolleginnen und Kollegen der Abteilung, aber auch anderen DVSE-Expertinnen und -Experten gehalten. Dieses Jahr fand der Kurs erstmalig als Hybridformat statt, sodass ich die spannenden Vorträge zu den einzelnen Themenkomplexen im Vorfeld anschauen konnte. Vor Ort konnten mit ausreichend Zeit zur Präparation in Kleingruppen unter Anleitung am Humanpräparat Osteosynthese-Techniken und Prothesenimplantationen geübt werden. Der Kurs bot für mich eine tolle Möglichkeit, die zuvor während der klinischen Hospitation verfolgten, operativen Zugänge sowie OP-Techniken selbst durchzuführen und zu vertiefen. Zusätzlich bot sich für mich beim dazugehörigen Kursabendessen die Möglichkeit, weitere erfahrene Schulter- und Ellenbogenchirurgen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Die Heimreise nach Franken gestaltete sich dann, trotz Streik der KVB, relativ unkompliziert und ich konnte die Erlebnisse der Woche nochmals Revue passieren lassen.

Nach einer eindrucksvollen Woche mit großartigen persönlichen, klinischen und theoretischen Erfahrungen sowie rheinländischer Gastfreundschaft und Offenheit möchte ich mich auf diesem Wege nochmals ganz besonders bei Tim Leschinger und Michael Hackl für die lückenlose Betreuung vor Ort bedanken und Herrn Prof. Müller für die Möglichkeit zur Hospitation an seiner Klinik.

Abdelkader Shekhbihi:

Schulthess Klinik Zürich – Fachbereich Schulter- und
Ellenbogenchirurgie

Am Sonntag machte ich mich voller Vorfreude mit dem eigenen Auto auf den Weg von Lörrach nach Zürich, einer Strecke, die in etwa 1,5 Stunden zurückzulegen ist. Um 20:00 Uhr erreichte ich mein Hotel und begann sofort mit den Vorbereitungen für die bevorstehende Hospitation, die mich am nächsten Tag erwartete. Montagmorgen, 6:40 Uhr: Mit der S-Bahn des Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV) fuhr ich zur Schulthess Klinik und kam pünktlich um 7:00 Uhr im Sekretariat der Abteilung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie an. Dort wurde ich herzlich von Herrn Prof. Scheibel und Herrn Prof. Moroder empfangen. Der Tag begann unmittelbar mit einer faszinierenden OP unter der Leitung von Herrn Prof. Scheibel, bei der ich eine arthroskopische Weichteilstabilisierung bei einem jungen Patienten mit anteriorer Schulterinstabilität beobachten durfte. Prof. Scheibel erklärte detailliert jeden Operationsschritt und hob die Vorteile des gewählten Verfahrens gegenüber alternativen Therapieoptionen hervor. Seine wertvollen Tipps, die aus jahrelanger Erfahrung resultieren, waren besonders beeindruckend.

Prof. Dr. Scheibel bekleidet im Jahr 2024 das Amt des stellvertretenden Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) sowie des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Er ist Chefarzt der Schulter- und Ellenbogenchirurgie an der Schulthess Klinik Zürich und Visiting-Professor am Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC) der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Zudem fungiert er als Generalsekretär der DGOU-Sektion und der D-A-CH-Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE) sowie als Präsident der DVSE 2025.

In den folgenden Tagen durfte ich bei komplexen Revisionseingriffen der Schulterendoprothetik mitwirken. Die Möglichkeit, direkt am Operationstisch zu stehen und neue Perspektiven bei der Behandlung von glenoidalem und humeralem Knochenverlust zu gewinnen, war äußerst lehrreich. Besonders wertvoll war der Austausch mit den regelmäßig anwesenden Vertretern der Industrie, die mir die neuesten Materialien und Produkte zeigten, sowie deren Funktion erläuterten. Am Mittwoch begleitete ich Prof. Moroder in den OP und nahm an seiner Sprechstunde teil, da Prof. Scheibel auf einer Veranstaltung war. Hier erweiterte ich mein Wissen und meine Perspektiven in der Schulter- und Ellenbogenchirurgie erheblich. Die individuelle Betreuung und langfristige Verlaufskontrollen von Patientinnen und Patienten mit komplexen Schulterverletzungen (hintere Schulterinstabilitäten, AC-Gelenkverletzungen) boten tiefgehende Einblicke in die patientenorientierte Versorgung.

Die Schulthess Klinik wurde bereits zweimal in Folge (2023 und 2024) als beste Fachklinik der Schweiz im Bereich Orthopädie ausgezeichnet. Mit rund 1700 stationären Patientinnen und Patienten, über 4800 Operationen und 14.000 Konsultationen jährlich demonstriert die Abteilung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie höchste Effizienz und Qualität. Des Weiteren blickt die Schulthess Klinik auf eine lange Forschungstradition zurück. Bereits 1972 legte Prof. Norbert Gschwend mit klinikinternen Registern für Hüft- und Knieprothesen den Grundstein für die Outcome-Forschung. Die Forschung hat sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Besonders beeindruckend war die regelmäßige Abteilungsbesprechung mit dem Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Scheibel, bei der die aktuellen Forschungsprojekte diskutiert wurden.

Der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen der Abteilung war äußerst bereichernd. Die Möglichkeit, sich mit anderen jungen Chirurginnen und Chirurgen und erfahrenen Fachärztinnen und Fachärzten auszutauschen, eröffnete neue Perspektiven und half, ein wertvolles professionelles Netzwerk aufzubauen, das für meine zukünftige Karriereentwicklung von unschätzbarem Wert ist.

Ein besonderer Höhepunkt meines Aufenthalts war die persönliche Beratung durch Prof. Dr. Scheibel. Er nahm sich die Zeit, um über meinen weiteren Karriereweg zu sprechen und gab mir wertvolle Ratschläge für meine berufliche Zukunft. Diese individuellen Gespräche waren äußerst inspirierend und motivierend.

Am letzten Hospitationstag durfte ich fortgeschrittene Operationstechniken in der Schulterchirurgie beobachten, darunter die arthroskopische Neurolyse des N. suprascapularis und die Revision einer fehlgeschlagenen Latarjet-Operation und Rekonstruktion des Glenoids mit Femur-Allograft. Solche hochkomplexen Eingriffe erfordern umfangreiches Fachwissen, manuelles Geschick und klinische Erfahrung, die nur an spezialisierten Zentren verfügbar sind.

Die Rückfahrt nach Lörrach am Freitag verlief reibungslos.

Nach einer Woche voller außergewöhnlicher persönlicher und klinischer Erfahrungen möchte ich mich herzlich bei Prof. Moroder und Dr. Dominique Behrends für ihre umfassende Unterstützung bedanken. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Scheibel, der mir diese bereichernde Hospitation ermöglicht hat.

Schlusswort

Weiterhin gilt unser Dank dem gesamten Vorstand der VSOU, insbesondere der Initiatorin des Stipendiums Prof. Andrea Meurer. Abschließend kann man den Kolleginnen und Kollegen eine Teilnahme und Bewerbung um das Hospitationsstipendium nur dringend ans Herz legen.

Wir wünschen bereits jetzt den nächsten Stipendiatinnen und Stipendiaten eine ebenso lehrreiche und spannende Zeit und freuen uns auf ein Treffen auf der Jahrestagung in Baden-Baden im Mai 2025.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Lucas Mangold

Universitätsklinikum Erlangen

Unfallchirurgische und Orthopädische Klinik

91054 Erlangen

lucas.mangold@uk-erlangen.de

Dr. med. Abdelkader Shekhbihi

Kliniken des Landeskreises Lörrach

Klinik für Orthopädische Chirurgie

79539 Lörrach

abdelkadershekhbihi@outlook.com

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