Informationen aus der Gesellschaft - OUP 03/2020

Robotik in der Orthopädie

Das Roboter-assistierte Operationsverfahren MAKO® der Firma Stryker erstellt anhand eines präoperativ durchgeführten Planungs-CTs der zu operierenden Extremität, ein exaktes individuelles digitales 3D-Modell mit Darstellung sämtlicher Osteophyten am Femur und der Tibia. An diesem naturgetreuen Modell erfolgt zunächst die Analyse des individuellen Kniegelenk Alignments, daraufhin erstellt der Operateur zusammen mit einem „Mako Produkt Spezialist“ (MPS) eine individuelle 3D-Planung der Knieprothesen unter Berücksichtigung des angestrebten Alignments. Intraoperativ wird das digitale 3D-Modell des Beines mit dem reellen Kniegelenk gematcht und um die ligamentäre Informationen des Kniegelenkes erweitert. Zur Optimerung der Bandspannung über den gesamten Bewegungsumfang erfolgt gegebenenfalls eine erneute Anpassung der Prothesenplanung. Anschließend setzt der vom Operateur geführte Roboterarm mit integrierter oszillierender Säge im Sinne einer semiaktiven Technik, die Planung exakt und präzise um. Das bedeutet, der vom Operateur aktivierte Roboterarm positioniert die Säge in dem vorgesehenen Winkel und Abstand am Knochen. Korrespondiert dies mit der Einschätzung des Operateurs startet dieser die Säge und führt die Säge in der vorgegeben Ebene, um den Sägeschnitt zu vollführen. Weicht der Operateur oder das Sägeblatt um mehr als 0,1 mm vom idealen Schnitt ab, stoppt die Säge automatisch.

Die MAKO-Operationstechnik bietet den zusätzlichen Vorteil, dass jeder Schritt des Prozesses, von der Analyse des individuellen Kniegelenk-Alignments, der individuellen 3D-Planung der Knieprothesen unter Berücksichtigung des angestrebten Alignments bis hin zur intraoperativen Umsetzung digital dokumentiert wird. Die dabei erhobenen individuellen digitalen Datensätze können im Rahmen von klinischen Studien ausgewertet werden und sind wesentliche Beiträge bei Analyse und Weiterentwicklung bestehender Konzepte für die Implantation von Kniegelenkprothesen.

Aber auch im Bereich der Hüftendoprothetik hat sich in den letzten Jahren ein Wandel von einer 2- auf eine 3-dimensionalen Hüftprothesen Planung ergeben, sodass die neuen Roboter-Systeme auch hier zunehmend Bedeutung finden:

Eine der häufigsten Komplikationen nach einer primären Hüftgelenksendoprothesen Implantation ist die Luxation der Hüft-TEP. Es konnten patienten- und operationsbedingte Risikofaktoren für die Hüftgelenkluxation identifiziert werden, ein wesentlicher Faktor stellt dabei die Position des Hüftpfanne im Acetabulum dar [17]. Die optimale Platzierung der Hüftpfanne in Bezug auf die Inklination und Anteversion wurde in der Vergangenheit von der “safe zone”, welche von Lewinnek [17] beschrieben wurde, festgelegt. Die Bestimmung der Pfannenwinkel erfolgte bisher an standardisierten AP-Röntgenaufnahme des Beckens, dabei wird jedoch weder die gegenwärtige Beckenstellung noch eventuelle Wirbelsäulendeformität berücksichtigt, obwohl beides einen wesentlichen Einfluss auf die optimale Pfannenpositionierung hat [18–20]. Eine lumbale Wirbelsäulenfusion erhöht das Luxationsrisiko mit zunehmender Anzahl von fusionierten lumbalen Segmenten um den Faktor 1,93 für 1- bis 2-stufige Fusionen oder um den Faktor 2,77 für 3- bis 7-stufige Fusionen [21]. Aufgrund dieser Erkenntnisse hat man sich von dem statischen Model der „safe zone“ getrennt und betrachtet die individuelle Pfannenposition am 3D-Modell, dabei wird die ideale Pfannenposition von verschiedenen individuellen Faktoren wie Beckenstellung, Wirbelsäulendeformitäten, lumbalen Fusionen und patientenspezifische Bewegungsabläufen beeinflusst.

Das Roboter-assistierte Operationsverfahren MAKO nutzt bei der Hüftprothesen Implantation ein individuelles 3-dimensionales Modell des Beckens, welches aus einem CT-Datensatz rekonstruiert wurde. An diesem Modell kann die anatomische Anteversion und Inklination exakt bestimmt werden. Diese anatomischen Winkel werden durch die Beckenpositionierung, im Gegensatz zur radiologischen Methode, nicht beeinflusst [22-23]. Zudem bietet das 3D-Modell des Beckens die Möglichkeit, präoperativ eine individuelle Pfannenpositionierung zu planen und am Modell verschiedene patientenspezifische Bewegungsabläufe zu simulieren, um eine ideale Pfannenpositionierung zu finden. Intraoperativ kann die Planung mit Hilfe eines Roboterarmes (Mako) exakt umgesetzt werden.

Äquivalent zur Verwendung in der Knieendoprothetik bietet die MAKO-Operationstechnik in der Hüftendoprothetik den Vorteil, dass jeder Schritt des Prozesses, von der Analyse der individuellen Anatomie, der individuellen 3D-Planung der Prothesen bis hin zur intraoperativen Umsetzung digital dokumentiert wird.

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass die neuen Roboter-Systeme in der Orthopädie aufgrund der rasanten Entwicklung sowohl in der Roboter-Technik als auch in der EDV-Technik nicht nur bei der Planung und Umsetzung der Prothesenimplantation wertvolle Unterstützung geben können, sondern darüber hinaus auch aufgrund der Möglichkeiten der digitalen Datenerhebung wesentliche Beiträge zur Analyse der Implantations-Techniken mithilfe von künstlicher Intelligenz- Algorhithmen liefern und somit langfristig die Weiterentwicklung der Endoprothetik mit beeinflussen. Insbesondere bei dem hohen ökonomischen Druck in der Endoprothetik sollte die wissenschaftliche Notwendigkeit von Roboter-assistierten Operationsverfahren nicht vergessen werden.

Literatur

1. Bargar WL, Primary and Revision – Total Hip Replacement Using the Robodoc® -System; Clin Orthop Rel Res (1998) 354: 82–91

2. Paul HA, Development of a surgical robot for cementless total hip arthroplasty. Clin Orthopaedics Related Res (1992); 175 (285): 57–66

3. Ballantyne GH, Robotic surgery, telerobotic surgery, telepresence, and telementoring. Review for early chlinical results. Surg Endosc (2002) 16 (10): 1389–402.

4. Birke A, Robodoc® – Ein Weg in die Zukunft der Hüftendoprothetik oder eine Fehlinvestition? Z Orthop (2000) 138 (5): 395–401

5. Bargar WL, Primary and revision total hip replacement using the robodec system. Clin Orthop (1998); 354: 82–91

6. Insall JN, Presidential address to The Knee Society. Choices and compromises in total knee arthroplasty. Clin Orthop Relat Res (1988) 226:43–48

7. Rand JA, Ten-year evaluation of geometric total knee arthroplasty. Clin Orthop Relat Res (1988) 232: 168–173

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