Übersichtsarbeiten - OUP 12/2016

Sinn der retrokapitalen Pelotte in der Einlagenversorgung

Die Pelotte kann in verschiedenen Formen zum Einsatz kommen. In der Tropfenform entfaltet sie eine punktuelle Wirkung, in der Nierenform bietet sie breitere Unterstützung. Außerdem besteht die Möglichkeit, die Mittelfußköpfchen muldenförmig weich zu betten und damit ebenfalls zu entlasten. Eine besondere Variante der Weichbettung ist hier die Schmetterlingsrolle (Abb 1).

Als Stufenentlastung kann die gesamte Breite des Vorfußes entlastet werden, damit auch Metatarsale I und V. In verschiedenen Studien wurde bereits auf Vor-und Nachteile der Pelotte hingewiesen. Unter anderem, dass bei falscher Platzierung die Druckbelastung im zu entlastenden Gebiet weiter ansteigt [1]. Auch eine zu weit proximale Platzierung der Pelotte führt zu Reduktion der gewünschten Druckentlastung [7]. In anderen Studien konnte gezeigt werden, dass bei korrekter Platzierung der Pelotte eine Druckentlastung bis 60 % erreicht werden kann [2, 8]. Der größte Effekt wird der Lokalisation der Pelotte direkt proximal der Metatarsale-Köpfchen zugesprochen [6]. Kein Effekt wiederum hat der Einsatz der Pelotte bei bestehendem Hallux valgus [5].

Diskussion

Aktuell wird zwischen Orthopädieschuhtechnikern und Ärzten in der Orthopädie und Fußchirurgie die Wichtigkeit und der Einsatz der Pelotte in der Einlagenversorgung diskutiert.

Das Lager, das sich komplett gegen den Einsatz einer Pelotte ausspricht, argumentiert mit der tatsächlich überholten Annahme, der Fuß besäße ein Quergewölbe. Es wird argumentiert, dass bei fehlendem Quergewölbe auch eine Unterstützung desselben mit der Pelotte nicht notwendig sei. Die Stabilisierung des Fußes sei viel mehr über das Talonaviculargelenk auf die subtalare Platte zu erreichen. Diese Wirkung würde unter anderem durch die nach der Spiraltechnik angefertigten Einlagen nach Jurtin erreicht. Am Vorfuß sei zusätzlich eine Weichbettung zur punktuellen Entlastung anzustreben [10].

Das kompromisslose Lager der Gegenseite argumentiert, dass mit einer Weichbettung am Vorfuß ein kontraproduktives Absenken der schmerzgeprägten Mittelfußköpfchen erreicht würde. Eine Pelotte sei also in jedem Fall obligat [3].

Wie meist liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte zwischen beiden Positionen. Argumente für den wohl durchdachten Einsatz einer Pelotte bei Einlagenversorgung nach medizinischer Indikationsstellung gibt es einige. Der gesunde Fuß nimmt 30 % des Körpergewichts bei regelrecht funktionierenden Flexoren über den 1. Strahl auf, daher ist es hier empfehlenswert, mit Einlagen mit einer guten Fersenkammer und Unterstützung unter dem Sustentaculum tali zu arbeiten. Bei fixiertem Vorfuß wiederum ist eher eine Weichbettung sinnvoll. Auch dadurch wird ersichtlich: Die Pelotte ist bezüglich Indikation, Form und Platzierung individuell [11].

Unterstützt wird diese Annahme der Individualität des Einsatzes der Pelotte durch eine randomisierte Doppelblind-Kontrollgruppenstudie, bei der eine individuell angepasste Einlage mit Pelotte mit einer Weichbettung verglichen wurde. Im Ergebnis wurde ersichtlich: Die Studienteilnehmer mit individuell angepassten Einlagen wiesen eine deutliche Reduktion der Fußproblematik und eine signifikant bessere Lebensqualität auf. Mehrere Patienten aus der Kontrollgruppe brachen die Studie wegen starker Beschwerden im Verlauf ab. Ausgeschlossen waren Patienten mit den bereits erwähnten Morton-Neuromen. Diese Studie stellt die erste wissenschaftliche Arbeit zu diesem Thema dar, bisher existierten lediglich Expertenmeinungen [4].

Empfehlungen für die Praxis

Der Beratungsausschuss für das Orthopädie-Schuhmacherhandwerk der DGOOC hat nun aufgrund der verschiedenen Expertenmeinungen zu dem Thema Empfehlungen ausgesprochen. Er erachtet die Anwendung der Pelotte als nicht sinnvoll bei statischer Rückfußproblematik ohne Vorfußprobleme, weiterhin nicht sinnvoll, sobald die Schmerzhaftigkeit nicht durch eine Pathologie der Metatarsaleköpfchen bedingt ist (z.B. das Morton-Neurom). Außerdem empfiehlt er bei einem rigiden oder kontrakten Fuß, bettend zu arbeiten.

Eine Pelotte ist wiederum indiziert bei dem metatarsalgieformen Symptomenkomplex mit Ausdünnung der plantaren Platte, einer Transfermetatarsalgie bei Hallux valgus oder rigidus und bei Kleinzehendeformitäten.

Besonders kritisch zu betrachten sind Einlagenrohlinge, die die Pelotte bereits fest vorgeben. Die Indikation, die Platzierung sowie die Formgebung und Shorehärte müssen individuell gewählt werden. Bei einem Spitzfuß bleibt die Pelotte ohne Effekt, bei einem Hohlfuß ist eher eine Stufenentlastung indiziert. Die Pelotte darf darüber hinaus auch nicht zu breit sein, so drängt sie den Vorfuß auseinander. Ebenfalls ist bei der Wahl einer Pelotte eine bestehende Neuropathie bei Diabetes mellitus zu berücksichtigen, in diesem Falle droht die Entstehung eines plantaren Ulcus.

Prävention

Eine Pelotte ist keine präventive Intervention, sondern eine therapeutische. Präventiv wiederum wirken Bewegungsübungen im Sinne der Spiraldynamik nach Dr. Christian Larsen und vergleichbare Konzepte zur Stärkung der intrinsischen Muskulatur, in Selbstanleitung oder mit einem spezialisierten Physiotherapeuten [9].

Fazit

In einer Linie mit dem Beratungsausschuss für das Orthopädie-Schuhmacherhandwerk lässt sich zusammenfassend sagen: Die Pelotte ist nicht obligat, aber eine sinnvolle therapeutische Option. Bei metatarsalgieformen Schmerzen ist eine retrokapitale Stütze in Kombination mit einer Weichbettung der Köpfchen zielführend (Abb. 2). Die Form der Pelotte ist je nach Beschwerden tropfenförmig, nierenförmig oder als retrokapitale Stufe zu wählen. Insgesamt sollte der hypermobile Fuß stärker unterstützt werden als der hypomobile, der rigide oder kontrakte Fuß stellt keine Indikation für eine Pelotte dar. Bei der Anwendung einer Schmetterlingsrolle ist die Pelotte im Schuh obligat.

Schlussendlich ist eine Kombination von individuell angepasster Einlage und orthopädischer Zurichtung am Konfektionsschuh die beste Wahl.

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