Übersichtsarbeiten - OUP 10/2015
Spacer in der septischen RevisionsendoprothetikIndikation, Technik, ErgebnisseIndication, technique, results
Matthias Militz1, Simon Hackl1, Mario Morgenstern1, Sven Hungerer2
Zusammenfassung: Antibiotikahaltige Spacer werden in verschiedenen Formen als Platzhalter zur Infektsanierung beim zweizeitigen septischen Endoprothesenwechsel eingesetzt. Statische Spacer sind einfach in der Anwendung, lassen aber eine frühzeitige Mobilisierung des Gelenks nicht zu. Mobile Spacer werden bei Hüft- und Schultergelenken eingesetzt, unter geeigneten Bedingungen auch am Kniegelenk. Langfristig zeigen beide Spacerarten keine messbaren Unterschiede hinsichtlich der Funktion und der Sanierungsrate. Die individuelle Antibiotika-/Antimykotikabeimischung ist in speziellen Konstellationen sinnvoll, wobei die Freisetzungskinetik und die mechanischen Eigenschaften des Spacers Beachtung finden müssen. Die Dauer des Spacerintervalls bis zur Implantation einer Revisionsendoprothese wird durchschnittlich mit 6 Wochen angegeben.
Schlüsselwörter: Spacer, periprothetische Infektion, zweizeitiger Wechsel
Zitierweise
Militz M, Hackl S, Morgenstern M, Hungerer S. Spacer in der septischen Revisionsendoprothetik. Indikation, Technik, Ergebnisse.
OUP 2015; 10: 474–479 DOI 10.3238/oup.2015.0474–0479
Summary: Different types of antibiotic loaded spacers are used in septic revision arthroplasty to treat periprosthetic
infections with the two stage procedure. Static spacers are relatively simple to implant, but early mobilization of the patient is limited considerably. Mobile spacers could be used in revision surgery of hip and shoulder infections, in appropriate cases also in knee revisions. In long term follow-up no significant differences are described in terms of regained range of motion, functionality and success of pathogen eradication. In infections related to pathogens with a widely spread antibiotic resistance pattern a custom-made antibiotic admixture could be required, but the release profile of these drugs and mechanical characteristics may be changed. The spacer interval until replantation of the revision arthroplasty is on average 6 weeks.
Keywords: spacer, periprosthetic infection, two stage revision
Citation
Militz M, Hackl S, Morgenstern M, Hungerer S. Spacer in septic
revision arthroplasty. Indication, technique, results.
OUP 2015; 10: 474–479 DOI 10.3238/oup.2015.0474–0479
Einleitung
Eine der schwersten Komplikationen im Rahmen der operativen Behandlung von degenerativen und posttraumatischen Gelenkveränderungen durch Endoprothesen stellt die periprothetische Infektion dar. Verschiedene Behandlungskonzepte zur Sanierung der Infektsituation sind bekannt. Neben der Retention in speziellen Fällen sowie der einzeitigen Wechselstrategie stellt der zwei- und mehrzeitige Wechsel den bisher häufigsten Eingriff zur Behandlung von periprothetischen Infektionen dar.
Grundidee des zweizeitigen Wechsels ist die Entfernung der einliegenden Fremdkörper, Débridement des nekrotischen Gewebes, Gewinnung von histologischen und mikrobiologischen Gewebeproben zur Diagnostik der vorliegenden periprothetischen Infektionen sowie die Implantation eines lokal wirkenden Antibiotikums zur Eradikation der Infektion. Abhängig von der Lokalisation, der Art der Infektion sowie der Allgemeinsituation des Patienten können verschiedene Therapieverfahren zur Sanierung einer periprothetischen Infektion im Rahmen eines zweizeitigen Behandlungsintervalls angewendet werden.
Ziel der Arbeit ist es, die Indikation, verschiedene Techniken sowie die Ergebnisse der Behandlung von periprothetischen Infektionen mit antibiotikahaltigen Spacern anhand aktueller Literaturdaten und Ergebnissen eigener Untersuchungen darzustellen.
Spacer
Der Einsatz von antibiotikahaltigen Platzhaltern (Spacern) bei periprothetischen Infektionen wird kontrovers diskutiert und unterschiedlich bewertet [1–3]. Die Studienlage ist gekennzeichnet durch geringe Fallzahlen und Evidenz [4, 5].
Die Idee der Platzierung eines Spacers nach Entfernung einer Endoprothese und Nekrektomie im Zuge der Sanierung einer periprothetischen Infektion besteht darin, einerseits durch die mechanische Stabilität und die Aufrechterhaltung der Weichteilspannung die Schmerzen für den Patienten zu reduzieren, und andererseits durch die Abgabe eines lokal wirkenden Antibiotikums die Infektion in diesem Bereich zu behandeln. Da bei der periprothetischen Infektion immer ein Gelenk betroffen ist, kann – abhängig von der Lokalisation und dem Ausmaß des knöchernen und Weichteildefekts – zwischen artikulierenden und nichtartikulierenden Spacern unterschieden werden [6]. Die vorübergehende Versteifung eines Gelenkabschnitts wird durch die Implantation eines statischen Spacers problematischer, je stammnäher das betroffene Gelenk behandelt wird.
Aus diesem Grunde und wegen der anatomischen Gegebenheiten ist die Versorgung sowohl im Bereich des Schultergelenks als auch des Hüftgelenks bei einer periprothetischen Infektion mit einem statischen Spacer nicht üblich. Andererseits ist die Versorgung von ausgedehnten knöchernen Defekten gerade im Knie- und Sprunggelenkbereich sowie im Ellenbogengelenkbereich mitunter auch die Indikation für die Versorgung mit einem statischen Spacer, um die Schmerzen für den Patienten zu reduzieren, eine gewisse Stabilisierung der Extremität zu gewährleisten und eine Eradikation der Infektion zu erzielen.
Bei der Einbringung von artikulierenden Spacern im Bereich des Hüft- und Schultergelenks müssen eine sichere Verankerung und eine ausreichende Weichteilspannung gewährleistet sein. Eine Stilverankerung im Schaftbereich und ein kopfähnlicher Platzhalter für die Verankerung in der Gelenkpfanne müssen gegeben sein. Dadurch kann eine ausreichende Weichteilspannung erzeugt werden und eine gewisse Gelenkfunktion resultiert (Abb. 1 und 2).
In der Behandlung von periprothetischen Infektionen des Hüftgelenks variiert die technische Umsetzung dieser Spacer. Folgende Platzhalter werden in der Literatur beschrieben: Einbringung von antibiotikahaltigen Zementkugelketten ohne Stabilisierung des Hüftgelenks, Implantation einer resterilisierten, mit antibiotikahaltigem Zement ummantelten Endoprothese, Spül-Saug-Drainage bei liegendem Metallspacer, individuell gegossene Platzhalter und konfektionierte Spacer [7–14]. Teilweise wird auch über den Ersatz der Hüftpfanne durch antibiotika-ummantelte Metallringe, einzementierte Polyethyleninlays, aber auch Pfannen aus Knochenzement berichtet [8, 15]. Die Unterschiede in der Technik haben vielfältige Gründe, wobei die Dauer der OP, anatomisch bedingte Besonderheiten und auch ökonomische Aspekte eine Rolle spielen dürften.