Übersichtsarbeiten - OUP 10/2015

Spacer in der septischen Revisionsendoprothetik
Indikation, Technik, ErgebnisseIndication, technique, results

Die Freisetzung der in dem antibiotikahaltigen Knochenzement enthaltenen Antibiotika zur Behandlung der periprothetischen Infektionen nach Explantation der Endoprothese und Nekrektomie zeigt eine breite Variabilität. Diese ist u.a. abhängig vom Antibiotikum, der Art der Anmischung, dem Mischungsverhältnis zwischen Zement und Antibiotikum, der Geometrie des Spacers etc. Ein limitierender Faktor ist die Hitzestabilität des verwendeten Antibiotikums, da bei Erwärmung durch die Zementhärtung die Wirksamkeit des Antibiotikums reduziert werden kann. Des Weiteren muss bedacht werden, dass die Menge des Antibiotikums nicht die Werte für eine toxische Wirkung übersteigt, da das abgegebene Antibiotikum auch systemisch resorbiert wird. Besonders bei Vancomycin- und Tobramycin-haltigen Antibiotikabeigaben sind Auswirkungen auf die Nierenfunktion beschrieben worden. [18, 41–48]

Komplikationen

Durch den Einsatz von antibiotikahaltigen Spacern bei der Behandlung von periprothetischen Infektionen im zweizeitigen Intervall sind folgende Komplikationen beschrieben worden: Neben der Etablierung einer Fraktur durch das Einbringen des Spacers bzw. durch eine Fraktur in der Umgebung des Spacers im Zuge der weiteren Mobilisierung oder eines Bruchs des Spacers (Abb 5), stellt die Luxation eine der häufigsten Komplikationen der Behandlung mit artikulierenden Spacern dar, besonders am Hüftgelenk oder bei fehlendem Streckapparat am Kniegelenk. Die Luxationsrate wird zwischen 0 und 50 % angegeben [3, 5, 6, 11, 14, 16, 17, 32, 49, 50].

Die Ursache für die Luxation ist häufig die unzureichende Torsionsstabilität der Stielkomponente im Femur, sodass der Spacer nicht die nötige Antetorsion in Relation zum Femurschaft aufweist und es zur Luxation kommen kann.

Auch knöcherne Defekte im Acetabulum können die Luxationsneigung begünstigen. Zur Vermeidung von Luxationen haben sich sowohl das lockere Einzementieren des Stiels im proximalen Anteil des Femurs in korrekter Position bewährt als auch der passgerechte Sitz des Spacer-Kopfs in der Pfanne mit einer ausreichenden Größe (Abb. 6). Des Weiteren ist die ausreichende Compliance des Patienten ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Versorgung und Minimierung der postoperativen Komplikationen.

Eigene Ergebnisse

In einer eigenen retrospektiven Analyse der Patienten mit periprothetischer Infektion am Kniegelenk im Zeitraum von 01/2005 bis 12/2013 konnten bei 103 Patienten die Daten von 66 Patienten ausgewertet werden. Das Durchschnittsalter betrug 66,7 ± 1,2 Jahre (Mittelwert ± SEM), es wurden 21 Frauen und 45 Männer behandelt. In fast der Hälfte der Fälle wurden Staphylococcus epidermidis und andere Koagulase-negative Staphylokokken als ursächliche Krankheitserreger detektiert. Der Methicillin-sensible Staphylococcus aureus (MSSA) war mit 18 % der zweithäufigste Erreger (Abb. 7). Nach der Explantation der infizierten Endoprothese erfolgte bei 3 von 66 Patienten mit aussreichendem knöchernen Befund die temporäre Stabilisierung mit einem konfektionierten artikulierenden Spacer, die überwiegende Zahl der Patienten wurde mit individuell gefertigten antibiotikahaltigen statischen Spacern versorgt. Eine Infekteradikation konnte bei den 25 Patienten, die bereits auswärts aufgrund der Infektion mindestens eine einmalige Prothesenrevision erhalten hatten (in 84 % der Fälle aufgrund der vor allem desolaten Weichteilsituation und der ausgedehnten knöchernen Defekte) nur mit dem Wechsel auf eine Arthrodese erreicht werden. In weiteren 12 % der Fälle war die Anlage einer Dauerfistel oder die Amputation notwendig. Bei den 41 erstmals wegen einer chronischen periprothetischen Infektion in unserer Klinik behandelten Patienten betrug die letztendlich erzielte Infekteradikationsrate 90,3 %, wobei davon 75,6 % mit einer Revisions-TEP, 22 % mit einer Arthrodese und 2,4 % mit einer Amputation versorgt wurden.

Darüber hinaus zeigte sich, dass die Anzahl der erfolglos durchgeführten Prothesen-Re-Implantationen wesentlich für das Outcome nach erzielter Infekteradikation verantwortlich war. So konnte in dem bei uns erstmalig wegen eines chronischen periprothetischen Infekts behandelten Patientenkollektivs in 90,3 % die Infekteradikation ohne zwischenzeitliches Rezidiv erzielt werden (Follow-up 4,1 ± 0,3 Jahre; Mittelwert ± SEM), wobei in 81,1 % der Fälle die Re-Implantation einer Knie-TEP gelang. Mit der Anzahl der fehlgeschlagenen Infekteradikationsversuche nahm auch das Outcome deutlich ab. So war bei dem Kollektiv mit mehr als 2 Infektrezidiven aufgrund der ausgedehnten Defekte eine Re-Implantation einer Prothese nicht mehr möglich.

Diskussion

Die Implantation von antibiotikahaltigen Spacern zur Sanierung von periprothetischen Infektionen hat sich in den vergangenen Jahren als etabliertes Verfahren herauskristallisiert. Besonders bei chronischen Infektionen mit resistenten Erregern sowie Knochendefektsituationen erscheint das zweizeitige Vorgehen das Verfahren der Wahl. Zur Erhaltung der Weichteilspannung und Mobilität sowie gleichzeitiger Eradikation der Infektion erscheint die Implantation von antibiotikahaltigen Spacern geeignet, die Behandlungsziele zu erreichen. Gerade bei der nicht kalkulierbaren Knochendefekt- und Weichteilsituation nach Explantation einer infizierten Endoprothese stellt die Implantation eines geeignetes Spacers durchaus eine Herausforderungen dar, um Komplikationen im Zuge dieser Behandlung zu vermeiden. Wesentlich ist die Berücksichtigung der individuellen Situation des Patienten, des Erregerstatus sowie der knöchernen und Weichteilsituation, um die Entscheidung für die Verwendung eines der oben dargestellten Verfahren zu treffen.

Unter Berücksichtigung der verschiedenen Aspekte ist eine Sanierungsrate von ca. 80–90 % im Zuge des zweizeitigen Vorgehens bei periprothetischen Infektionen zu erreichen. Die Auswahl des geeigneten Verfahrens sollte erfahrenen Operateuren mit einer ausreichenden Logistik vorbehalten bleiben, da durch Änderungen des Vorgehens bei unerwarteten intraoperativen Befunden auch ein Alternativverfahren zur Verfügung stehen sollte.

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5