Übersichtsarbeiten - OUP 10/2015
Spacer in der septischen RevisionsendoprothetikIndikation, Technik, ErgebnisseIndication, technique, results
Während die Implantation von antibiotikahaltigen Zementketten als einfaches Verfahren zur Defektauffüllung im Bereich der Hüftpfanne und auch im Schaftbereich angesehen werden kann, sind der damit verbundene Effekt als Platzhalter und der Komfort für den Patienten mit einer Girdlestone-Situation vergleichbar. Gelegentlich ist auch bei langer Dauer des Intervalls bis zur definitiven Versorgung mit der Re-Implantation einer erneuten Endoprothese die Entfernung der einliegenden Kugelketten eine Herausforderung. Die Re-Implantation einer resterilisierten Endoprothese mit Zementummantelung stellt ein kostengünstiges Verfahren dar, wobei die Resterilisation in einem Eingriff zu hinterfragen ist, da der Prozess der Sterilisation bei korrekter Durchführung mehrere Stunden umfasst. Auch medicolegal ist die Re-Implantation einer zuvor offensichtlich mit Biofilm behafteten, ehemals infizierten Endoprothese problematisch.
Die Implantation von handgefertigten Platzhaltern stellt ebenfalls eine relativ kostengünstige Variante dar, wobei hier die Anpassung der Größe des Platzhalters an die anatomischen Gegebenheiten unter Umständen technisch schwierig ist [16]. Die sichere, torsionsstabile Verankerung des Spacers im Schaftbereich kann mitunter nur durch lockeres Einzementieren der Stielkomponente des Spacers erreicht werden. Des Weiteren ist unklar, wie die Verteilung des Antibiotikums und die Freisetzung desselben aus dem handgefertigten Spacer in situ erfolgt. Hier dürfte der Vorteil bei den konfektionierten Spacern liegen. Die individuell gegossenen antibiotikahaltigen Zementspacer bieten den Vorteil, dass eine individuelle Zumischung eines Antibiotikums je nach Antibiogramm vorgenommen werden kann. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Herstellung dieser Spacer während der Operation einen nicht unerheblichen Zeitbedarf in Anspruch nimmt, sodass die reinen Materialkosten sicher nicht ausreichen, um die wirtschaftliche Bilanz dieses Eingriffs darstellen zu können. Die konfektionierten Spacer stellen eine Alternative dar, wobei hier der Kostenfaktor eher negativ zu Buche schlägt. Vorteil der konfektionierten Spacer ist die standardisierte Antibiotikafreisetzung, die relativ glatte Oberfläche und die zeitsparende Implantation [6, 17–19].
Unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte ist davon auszugehen, dass sowohl im Hüftgelenkbereich als auch im Schultergelenkbereich in der überwiegenden Zahl der Fälle ein artikulierender Spacer beim zweizeitigen Sanierungskonzept periprothetischer Infektionen zur Anwendung kommt. Die Vor- und Nachteile sind durch zahlreiche Faktoren sowohl von Seiten des Patienten als auch der Operationsplanung bedingt.
Für die Sanierung einer periprothetischen Infektion im Schultergelenk ist die mechanische Belastung eher geringer, sodass hier sowohl von der Dimension des Spacers als auch von der Belastungsfähigkeit die Verwendung von handgeformten Spacern überwiegt [20, 21]. Die Funktion der Spacer kann gelegentlich derart zufriedenstellend sein, dass eine Revisionsoperation nicht erfolgt. [7, 12, 22].
Bezüglich der Indikation für statische bzw. dynamische Spacer am Knie- und Ellenbogengelenk stellt sich die Situation etwas anders dar. Durch die limitierte Weichteildeckung im Bereich des Kniegelenks und die nach mehreren Revisionen oft eingeschränkte knöcherne Struktur zur Verankerung von mobilen Spacern ist hier die Verwendung auch von statischen Spacern üblich (Abb. 3 und 4). Auch hier ist die Bandbreite der technischen Umsetzung der Spacer vielfältig, wobei überwiegend individuell eingebrachter Knochenzement mit einer Bewehrung aus verschiedenen Metallimplantaten Anwendung findet. In der Operationsplanung ist jedoch zu bedenken, dass die Implantation eines Metallstabs und die zusätzliche Stabilisierung mit Knochenzement zunächst relativ einfach ist, nach Aushärtung des Zements für die Entfernung derselben Konstruktion jedoch ein erheblicher Mehraufwand erforderlich ist. Die Vor- und Nachteile der individuell gefertigten Spacer bestehen – ebenso wie bei der Behandlung der periprothetischen Hüftgelenkinfektionen – in der individuellen, testgerechten Antibiotika-/Antimykotikazumischung [23, 24] und der Anpassung der knöchernen Defektsituation im Vergleich zu den gegossenen bzw. konfektionierten Spacern. Die Nachteile der Verwendung von statischen Spacern werden vor allen Dingen in der fehlenden Mobilisierung des Gelenks während der Zeit der Infekteradikation bis zur Re-Implantation gesehen. Im Langzeitergebnis werden keine relevanten Unterschiede mehr in der Funktion beobachtet. Bei kritischer Weichteilsituation ist jedoch dieses Intervall durchaus geeignet, ein stabiles Abheilen der Weichteile zu erreichen, um dann im zweiten Schritt die definitive Versorgung mit der Re-Implantation einer neuen Prothese vornehmen zu können [6]. In der Literatur gehen die Angaben über die Verwendung von statischen und artikulierenden Spacern auseinander. Die Rate der Infekteradikation sowohl beim statischen als auch beim dynamischen Spacer im Bereich des Kniegelenks wird nahezu gleich gesehen [5, 14, 25–32]. Ein Vorteil in der Verwendung der dynamischen Spacer wird in der frühen Mobilisierung nach Re-Implantation eines neuen Kunstgelenks gesehen, nach einem zweijährigen Intervall ergeben sich jedoch anhand der publizierten Daten keine wesentlichen Unterschiede mehr [4].
Im Bereich des Ellenbogengelenks kann die Verwendung von mobilen artikulierenden Spacern mitunter schwierig werden, da die gelenkstabilisierenden Bänder oft durch die vorherige Implantation der Endoprothese in Mitleidenschaft gezogen wurden und damit keine ausreichende Stabilisierung für die Weichteilsituation besteht. Studien zur Behandlung von periprothetischen Ellenbogengelenkinfektionen liegen nicht vor. Für die Infekteradikation ist auch die Verwendung von statischen Spacern in Funktionsstellung geeignet.
Beim oberen Sprunggelenk ist die Behandlung von periprothetischen Infektionen durch ein zweizeitiges Verfahren mit Re-Implantation einer Revisionsendoprothese bisher noch die Ausnahme. Hier bietet sich die Implantation eines statischen Spacers an, um dann im weiteren Verlauf eine Arthrodese realisieren zu können. Die limitierte knöcherne Situation im Bereich des Sprungbeins und die eingeschränkte Weichteilsituation sowie die gute Funktionalität nach Arthrodese des oberen Sprunggelenks lassen den Einsatz von artikulierenden Spacern in diesem Bereich als Ausnahme erscheinen [33–40].