Informationen aus der Gesellschaft - OUP 03/2020

Update CRPS
Zusammenfassung des für den VSOU-Kongress 2020 in Baden-Baden vorgesehen Symposiums

Es sind bereits einzelne RCT- Studien zur Neurostimulation auch bezüglich der neueren Techniken vorhanden, allerdings sind noch weitere Studien notwendig, damit zukünftig in den AWMF-Leitlinien oder auch NICE- Guidelines diese Evidence Eingang finden kann.

Hans-Raimund Casser, Mainz

Interdisziplinäre
multimodale Schmerztherapie beim CRPS

Die Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie (IMST) ist eine umfassende Behandlung komplexer Schmerzsyndrome unter Einbindung verschiedener medizinischer Disziplinen und Berufsgruppen auf der Basis eines biopsychosozialen Modells der Schmerzentwicklung. Eingebunden sind somatische, körperlich und psychologisch übende sowie psychotherapeutische Verfahren [1, 3].

Eine medizinische Indikation besteht bei Patienten mit bereits chronifizierten Schmerzsyndrom, aber auch bei erhöhtem Chronifizierungsrisiko mit dem Ziel, den Chronifizierungsprozess aufzuhalten.

Dies gilt auch für das CRPS Syndrom, bei dem sich die Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie als effektiv erwies.

Zur Indikationsstellung wie auch zur Ausgestaltung des IMST gehört ein interdisziplinäres Assessment [2]. Das Assessment setzt die Mitarbeit von mindestens 2 Fachdisziplinen, davon eine psychiatrische, psychosomatische oder psychologische Disziplin voraus sowie eine psychometrische und physische Funktionstestung mit anschließender Teambesprechung zur Erstellung des Therapieplans.

Alle Outcome Parameter zeigten eine hochsignifikante oder zum Teil signifikante Verbesserung am Ende eines stationären Aufenthaltes mit IMST [3]. Der Effekt blieb auch 4 Wochen nach Entlassung bestehen. Die Neuropathic Pain Scale belegte den Therapieeffekt. Der psychische Distress konnte verbessert werden.

Besondere Bedeutung bei der IMST des CRPS kommt der Berücksichtigung einer Restsymptomatik oder verminderten Belastung bei Belastbarkeit am „Ende“ der Therapie zu. Die Behandlung sollte immer eine Kombinationstherapie sein, die auch aus nicht-medikamentösen Maßnahmen besteht. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die IMST den verschiedenen Stadien der Erkrankungen angepasst werden muss. Therapiekonzepte anderer neuropathischer Schmerzerkrankung sind nur bedingt übertragbar. In jedem Fall sollte frühzeitig der Einsatz eines interdisziplinären Assessments und Behandlungsprogramms eingesetzt werden.

Literatur

1. Arnold B, Brinkschmidt T, Casser HR et al. Multimodale Schmerztherapie für die Behandlung chronischer Schmerzsyndrome: Schmerz 2014; 28: 459–472

2. Casser HR, Arnold B, Gralow I et al. Interdisziplinäres Assessment zur multimodalen Schmerztherapie Indikation und Leistungsumfang. Schmerz 2013; 27: 363–370

3. Seddigh S, Rothgangel A, Maihöfner C. Multimodale Therapieprogramme bei neuropathischen Schmerzen wirksam? Der Schmerz 2014; 28 (Suppl 1): 38–39

Stefan Middeldorf, Bad Staffelstein

Rehabilitation und Begutachtung

In Bezug auf die Versorgungskoordination des CRPS kann diese in der Regel zunächst ambulant behandelt werden, im Vordergrund steht eine medikamentöse, Physio-, Ergo- und rehabilitative Therapie. Bei Stagnation im ambulanten Behandlungsprozess oder Akzentuierung der Symptome wird jedoch eine schnellstmögliche stationäre multimodale Schmerztherapie empfohlen. Im Bereich der Berufsgenossenschaften wird bei ausbleibender funktioneller Besserung die Durchführung einer BGSW (Berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung) empfohlen. Diese beinhaltet die klassischen physiotherapeutischen und balneo-physikalischen Maßnahmen, von der Krankengymnastik über medizinische Trainingstherapie, Elektrotherapie, Hydrotherapie, Thermotherapie bis zu Massageformen, darüber hinaus die Ergotherapie, Rehabilitationspflege, arbeitsplatzbezogenes Aktivitätstraining, soziale Betreuung und Beratung bis hin zu Patientenschulung und psychologischer Betreuung. Orthopädietechnik mit Hilfsmittelberatung und -gebrauchsschulung kann ebenfalls bei entsprechender Indikation ein wichtiger Inhalt sein. Die Integration von arbeitsplatzbezogener medizinischer Trainingstherapie im Sinne von Work Conditioning ist zudem eine Besonderheit des Verfahrens. Auch können Aspekte der sogenannten EFL-Testung (Evaluation funktioneller Leistung) integriert werden, hier liegt der Fokus dann schon auf Behandlung und Begutachtung zur Frage der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben und Anbahnung einer entsprechenden Tätigkeit.

Zur Frage der Begutachtung ist zunächst zu klären, welches Rechtsgebiet konkret von Bedeutung ist, beispielsweise gesetzliche Unfallversicherung, gesetzliche Rentenversicherung, Schwerbehindertenrecht, private Berufsunfähigkeitszusatzversicherung oder soziales Entschädigungsrecht. Die in den GdB-/MdE-Tabellen wiedergegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß schmerzhafte Zustände. In Fällen, in denen „nach dem Sitz und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende, eine spezielle ärztliche Behandlung erfordernde Schmerzhaftigkeit anzunehmen ist, können höhere Werte angesetzt werden.“ Dies gilt insbesondere bei dem hier in Rede stehenden Krankheitsbild.

Rechtliche Voraussetzungen zur Anerkennung eines Schadensfalls ist ein zweifacher ursächlicher Zusammenhang. Es muss ein Zusammenhang bestehen zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall und der Berufserkrankung (haftungsbegründende Kausalität), zudem ein Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und der Gesundheitsschädigung (haftungsausfüllende Kausalität). Abzugrenzen sind hier die sogenannten „Gelegenheitsursachen“. In diesem Zusammenhang wird gerne auch zur Frage der Kausalität in der Gesetzlichen Unfallversicherung das Prüfschema nach Schröter eingesetzt, dies beinhaltet eine Betrachtung der Einstiegsebene, Realisierungsebene, Prüfebene und Bewertungsebene. Richtungsweisende Hinweise zu diagnostischen Kriterien für den gutachterlichen Nachweis eines CRPS im Sinne eines Vollbeweises gibt auch B. Widder. Hier werden die Kriterien Trauma, Beginn, klinische Befunde und bildgebende Befunde betrachtet. In Bezug auf den Beginn wird konstatiert, dass Symptome innerhalb von Tagen nach dem Trauma auftreten müssen, zu den klinischen Befunden gehört eine nicht allein durch Immobilisierung bedingte Temperaturdifferenz von mehr als 2°, Veränderung der Hautfarbe auch nach Aufwärmen der Extremität, das distal betonte und generalisierte Ödem, eine im Seitenvergleich veränderte Schweißresektion, Muskelatrophien und trophische Veränderungen der Haut. Bildgebende Befunde werden bei positivem Nachweis eine gelenknahe spätere Anreicherung im 3-Phase-Szintigramm ermitteln ebenso wie eine gelenknahe kleinfleckige osteoporotische Veränderung im Röntgenbild.

Die Kieler CRPS-Klassifikation nach Kick und Baron beschreibt die MdE-Bewertung mit einem Grad P0 bis P3, MdE-Werte zwischen 0 und 80 werden entsprechend zugeordnet. Die Einteilung orientiert sich nach der Symptomatik, insbesondere nach der Ausprägung der Schmerzen.

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