Arzt und Recht - OUP 03/2019

Zusammenlegung von Orthopädie und Chirurgie bei der Bedarfsplanung

Torsten Nölling

Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat mit Beschluss vom 20.09.2018, in Kraft getreten am 16.01.2019, die Bedarfsplanungsrichtlinie an einer entscheidenden Stelle geändert: Ab sofort werden die Facharztgruppen der Chirurgen und Orthopäden gemeinsam geplant. Damit wird im Bereich der Bedarfsplanung die Zusammenlegung der Fächer in den Weiterbildungsordnungen nachvollzogen.

Hintergrund

Mit der Reform der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 wurden die bis dahin getrennten ärztlichen Fachgebiete Orthopädie und Chirurgie im neuen Gebiet Chirurgie zusammengefasst. Aus dem bisherigen Facharzt für Orthopädie und dem bisherigen Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie wurde der „neue“ Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie.

Diese tief greifende Änderung wurde in der Bedarfsplanung jedoch lange Jahre nicht nachvollzogen, sodass die getrennte Beplanung in verschiedenen Arztgruppen beibehalten wurde. Der „neue“ Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie wurde bedarfsplanungsrechtlich der Arztgruppe der Orthopäden zugerechnet. Im Laufe der Zeit wurden aufgrund der neuen Weiterbildungsordnung keine „alten“ Chirurgen mehr mit Schwerpunkt Unfallchirurgie ausgebildet, die für eine Praxisfortführung in der ambulanten Versorgung in Frage kamen. Dies führt in der Praxis zu Problemen bei der Nachbesetzung von chirurgischen Arztsitzen. Auch bei der Suche nach Ärzten, die als Angestellte in einer solchen Praxis mitarbeiten könnten (und ggf. die Praxis mittel- bis langfristig übernehmen sollen) standen die (unfall)chirurgischen Praxisinhaber vor Problemen, die erforderlichen Genehmigungen zu erhalten.

Lösung: Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie

Durch die Zusammenlegung der Gruppen der Chirurgen und der Orthopäden wird die Kongruenz zwischen dem Weiterbildungsrecht und dem Bedarfsplanungsrecht wiederhergestellt. Die vom Berufsverband der deutschen Chirurgen (BDC) geforderte weitere Differenzierung bei der Bedarfsplanung wurde hingegen nicht umgesetzt: er hatte empfohlen, nur noch die „grundversorgenden“ Allgemein- und Viszeralchirurgen der „Allgemeinen fachärztlichen Versorgung“ zuzurechnen und auf Landkreisebene kleinteilig zu beplanen, während die sechs „spezialisierten“ chirurgischen Fächer nach diesem Vorschlag der „Spezialisierten Fachärztlichen Versorgung“ zugeordnet und damit auf Ebene der Raumordnungsregionen beplant werden sollten.

Durch die aktuelle Regelung ist es jetzt grundsätzlich möglich, z.B. einen „chirurgisch-proktologischen“ Sitz durch einen (alten) Facharzt für Orthopädie – quasi fachfremd – nachzubesetzen. Fachärzte sollten bei einer geplanten Nachbesetzung auf Abgeber- und Übernehmerseite auf diese Problematik besonders achten. Es ist davon auszugehen, dass die Zulassungsgremien sich bemühen werden, durch das Instrument der „beruflichen Eignung“ bei der Bewerberauswahl eine kongruente Nachbesetzung zu erreichen. Dieser Weg ist erfahrungsgemäß aber besonders häufig Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen.

Außerdem kommt es durch die Zusammenlegung der beiden Arztgruppen zu einer Neuberechnung der Verhältniszahlen und damit – je nach Region – zu einer Änderung des Versorgungsgrads kommen; mit der Konsequenz, dass einige bisher gesperrte Regionen entsperrt werden und vice versa. Hier sollten interessierte Ärzte frühzeitig Kontakt zu ihrer KV aufnehmen, um auf die lokale Entwicklung früh reagieren zu können.

Ob weitere Nachjustierungen in der Bedarfsplanung nötig sind, soll im Rahmen einer ebenfalls angeordneten Evaluierung nach 4 Jahren entschieden werden – ein Instrument, dass mittlerweile zum Standardrepertoire des (kleinen) Gesetzgebers im Gesundheitswesen zählt.

Korrespondenzadresse

Rechtsanwalt Torsten Nölling

Fachanwalt für Medizinrecht

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Torsten Nölling: Kanzlei Nölling, Leipzig, Medizinrecht

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