Übersichtsarbeiten - OUP 10/2016

10-Jahres-Ergebnisse der Knie-TEP-Implantation mit dem Robotersystem CASPAR

Intraoperativ wurde jeweils einmal eine Lockerung des Pins und ein Defekt des Registrierkreuzes sofort bemerkt, sodass es sich nicht auf das Ergebnis auswirkte. Komplikationen – wie 6-mal in der Vergleichsgruppe mit interkondylärer Fraktur, Innenbandverletzung, Patellarsehnenteilruptur und Quadrizepsschädigung – wurden in der Robotergruppe trotz des größeren Zugangs nicht gesehen.

Die postoperativen Komplikationen waren in der Robotikgruppe 1 Hautnekrose bei extremer Adipositas, 3 oberflächliche, primär abgeheilte Wundheilungsstörungen an den Pineintrittsstellen, als diese bei den ersten Implantationen noch separat erfolgten, und 4 Beinvenenthrombosen. Bei der Vergleichsgruppe wurden 3 oberflächliche Infekte, 8 Thrombosen, 2 Embolien und 1 reversible Peroneusschwäche beklagt.

Die mechanischen Beinachsen lagen zu 99,1 % in der angestrebten Range von ±3 . Nur einmal wurden – allerdings geplant – 4° erreicht bei einer Varusdeviation von 14° präoperativ. Die mittlere Abweichung zwischen geplanter und erreichter mechanischer Achse lag bei 0,8° (Signifikanz p < 0.0001). Bei 280 manuell implantierten Endoprothesen lagen 73 % in der Range von ±3°, 6 % sogar über 5°.

Nach 1, 5 und 10 Jahren lag der Knee Score bei 87/90/86 Punkten. In der manuellen Gruppe wurden 85/87/91 Punkte erreicht. Der Knee Function Score lag in der Robotikgruppe bei 79/82/71 Punkten, in der Vergleichsgruppe bei 75/72/57 Punkten. Anzumerken ist, dass das Alter in der Vergleichsgruppe im Durchschnitt höher war und somit auch eine etwas schlechtere Funktion zu erwarten war. Der Gesamtscore lag präoperativ und nach 1/5/10 Jahren postoperativ in der Robotikgruppe bei 91/166/172/157, in der Vergleichsgruppe bei 75/160/159/148 Punkten (Abb. 5).

Die Kaplan-Meier-Kurve erreichte nach 12 Jahren in der Robotikgruppe eine Überlebensrate von 91 % LC Search, 90 % PFC Sigma und 100 % Genesis (Abb. 6). In der Vergleichsgruppe lag die Überlebensrate nach 10 Jahren bei 99,1 %.

Diskussion

Der Einsatz der Robotik in der Knieendoprothetik war im Jahr 2000 eine aufregende Entwicklung. Die Komplexität der Kniegelenke konnte damit deutlich gemacht und bei der Planung und Operation besser verstanden und berücksichtigt werden. Die Navigation, die später erheblich zum Verständnis der Kinematik beigetragen hat, war damals noch weitestgehend in der Entwicklung.

Der präoperativen Planung wird ein besonderes Gewicht beigemessen. Bis dahin konnte ausschließlich manuell anhand von Röntgenbildern mit ungenauem Vergrößerungsfaktor auch mit großer klinischer Erfahrung nur näherungsweise geplant werden. Damit war die Umsetzung aber noch nicht gesichert. Bei dem Robotiksystem CASPAR war die präoperative Planung sehr aufwendig. Sie konnte aber dreidimensional Achsen, Winkel, Rotationen und Kippungen berücksichtigen und auch präzise bei der Operation umsetzen. Eine extra- oder intramedulläre Ausrichtung zur Platzierung der Sägeschablonen, die vor allem bei Deformitäten der Röhrenknochen unsicher sind, war nicht nötig. Die Sägeschnitte waren perfekt und plan, was mit der Navigation, die Sägelehren und oszillierende Sägen benutzt, nicht zuverlässig erreicht werden kann, da die Sägeblätter von sklerosiertem Knochen abgelenkt werden. Sehnen und Bänder konnten bei der Fräsung mit dem Roboter zuverlässig geschont werden (Abb. 7), was manuell nicht immer gelingt [9].

Intraoperativ konnte eine Änderung des präoperativen Plans allerdings nur erfolgen, indem man den Eingriff manuell weiterführte. Dies war nur 2-mal der Fall, als sich die Referenzierungsschrauben lockerten. Da es sofort bemerkt wurde, entstand kein Schaden. Sobald man zusätzliche Systeme (Navigation, Schablonen, Referenzierungen) intraoperativ verwendet, besteht immer die Gefahr eines zusätzlichen Risikos durch systemimmanente Fehler, derer man sich jederzeit bewusst sein sollte.

Intraoperative Komplikationen wie Frakturen oder Weichteilschäden bei der Knochenpräparation traten im Gegensatz zum manuellen Vorgehen nicht auf. Postoperative Komplikationen lagen im üblichen Rahmen und zeigten bei den roboterassistierten Operationen keinen Hinweis auf systembedingte Ursachen. Die klinischen Ergebnisse im weiteren Verlauf lassen sich mit denen anderer Implantationssysteme vergleichen [10, 11].

Die mechanischen Beinachsen konnten bei den roboterassistierten Operationen mit hoher Zuverlässigkeit im angestrebten Bereich von ±3° erzielt werden. Die manuellen Implantationen erreichten in unserem Haus dieses Ziel vor der Robotik nur in 73 %. Durch die Auseinandersetzung mit der dreidimensionalen Planung haben wir uns danach deutlich verbessert auf 80 %. Die präoperative Planung der mechanischen Beinachse wurde mit hoher Präzision umgesetzt (mittlere Abweichung 0,8 %). Kritisch zu sehen ist dabei die Tatsache, dass alle Messungen manuell an Ganzbeinstandaufnahmen durchgeführt wurden, was eine gewisse Unschärfe beinhaltet. Decking [13] führte deswegen bei 13 Patienten die postoperativen Messungen an im CT angefertigten Bildern durch und konnte mit einer mittleren Abweichung von 0,2° zwischen präoperativer Planung der mechanischen Beinachse und erreichter Achse die hohe Präzision bestätigen.

Ein großer Nachteil waren die Strahlenbelastung durch ein zusätzliches CT, die Voroperation, um die Referenzierungsschrauben zu setzen, und die große Schnittführung. Auch der hohe Kosten- und Zeitaufwand schlugen negativ zu Buche.

Die computerassistierte Endoprothetik hat sich inzwischen deutlich weiterentwickelt. Zunächst wurden die Navigationsmethoden intensiviert, die allerdings auch mit Kosten- und Zeitaufwand verbunden sind, ohne die Präzision markant zu steigern. In erster Linie können Ausreißer vermieden werden [14]. Der Nachweis einer klinischen Verbesserung konnte nicht erbracht werden [15].

Der Einsatz von Robotern wird stetig weiterentwickelt. Es werden aktive, semiaktive und passive Systeme unterschieden, wobei die semiaktiven dominieren [16]. Sie stellen dem Operateur nach präoperativer Planung ein Fenster zur Verfügung, in dem er arbeiten kann. Die roboterassistierte Chirurgie kann zuverlässig die Präzision der Implantation verbessern, was sich allerdings in den klinischen Ergebnissen im Vergleich zur manuellen Implantation bisher nicht niederschlägt [17, 18].

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