Übersichtsarbeiten - OUP 05/2021

Aspekte der perioperativen Schmerztherapie für Orthopädie und Unfallchirurgie?

Jörg Jerosch, Esther Pogatzki-Zahn

CME

1

PUNKT

Lernziele:

Dem Leser sollen die Anforderungen in der perioperativen Schmerztherapie, die sich aus dem Beschluss des G-BA und die neuen AWMF S3-Leitlinie ergeben, vermittelt werden.

Der Leser soll für seine tägliche Praxis die allgemeinen Grundlagen der perioperativen Schmerztherapie kennenlernen.

Dem Leser sollen die procedurenspezifischen Verfahren für die Orthopädie und Unfallchirurgie vermittelt werden.

Zusammenfassung:
Der vorliegende Artikel beschreibt die aktuellen Empfehlungen in der perioperativen Schmerztherapie unter Berücksichtigung der deutschen AWMF Leitlinie (S3 Leitlinie – Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen; Registriernummer 001–25). Hierbei werden zunächst allgemeine Prinzipien dargestellt. Anschließend werden procedurenspezifische Verfahren aufgezeigt.

Schlüsselwörter:
Perioperativer Schmerz, Grundlagen, procedurenspezifische Verfahren

Zitierweise:
Jerosch J, Pogatzki-Zahn E: Aspekte der perioperativen Schmerztherapie für Orthopädie und Unfallchirurgie?
OUP 2021; 10: 235–244
DOI 10.3238/oup.2021.0235–0244

Summary: This article describes to current recommendations on perioperative pain management. First the general principles are presented according to the german AWMF guideline (S3 guideline – Behandlung akuter perioperativer und posttraumatischer Schmerzen; Registriernummer 001–25). Furtheron the procedure specific techniques are described.

Keywords: perioperative pain, general principles, procedure specific techniques

Citation: Jerosch J, Pogatzki-Zahn E: Aspects of perioperative pain management in orthopedic and
trauma surgery?
OUP 2020; 10: 235–244. DOI 10.3238/oup.2021.0235–0244

Jörg Jerosch: Johanna Etienne Krankenhaus, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Neuss

Esther Pogatzki-Zahn: Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinik Münster

Einleitung

Patienten fürchten vor operativen Interventionen insbesondere den perioperativen Schmerz. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Aufmerksamkeit hierauf als wesentliche Leitungsaufgabe im internen Qualitätsmanagement von Krankenhäusern und vertragsärztlichen Praxen hingewiesen [6]. Jährlich werden etwa 17 Mio. vollstationäre und 2 Mio. ambulante Eingriffe in Deutschland durchgeführt. Oft hat man subjektiv den Eindruck, dass hinsichtlich des perioperativen Schmerzmanagements genug getan wird. Die Kampagne aus dem Jahre 2003 „Das schmerzfreie Krankenhaus“ mag uns seinerzeit beruhigt haben. 2010 wurden im Deutschen Ärzteblatt aufgrund von Patientenbefragungen deutliche Mängel publiziert [21]. Dem perioperativen Schmerz-Management wird in Kliniken und Praxen jedoch nach wie vor nicht die ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt. Im stationären Bereich hat die Hälfte der Einrichtungen einen eigenständigen Schmerzdienst [3]. Ein solches Vorgehen wird in den internationalen Leitlinien schon seit Jahren gefordert [1]. Im ambulanten Bereich scheint die Situation noch schwieriger zu sein. Hier werden nur in deutlich weniger als der Hälfte der Fälle die Schmerzen vor Entlassung des Patienten gemessen, in noch einem geringeren Anteil werden validierte Schmerzskalen verwendet [20].

Auch in jüngerer Zeit ergeben sich nach wie vor erhebliche Qualitätsunterschiede bezüglich der perioperativen Schmerztherapie in den deutschen Krankenhäusern. Ein Vergleich der Qualität der postoperativen Schmerztherapie in über 100 deutschen Kliniken, bei dem unter anderem auch die Angaben der Patienten zu ihrer Schmerzintensität nach bestimmten Operationen erfragt wurde, ergab das bei den 10 % der besten Kliniken die durchschnittliche Schmerzintensität beim Patienten im Rahmen einer numerischen Rating-Skala bei 3,6 ± 2,1, wohingegen bei den 10 % der schlechtesten Einrichtungen diese bei 6,3 ± 2,2 lag [22].

Es ist bekannt, dass die postoperativen Schmerzen nicht nur subjektiv belastend für den Patienten sind, sondern auch einer raschen Genesung entgegenstehen. Es kann eine verzögerte Heilung und vermehrte Komplikationen nach der Operation nach sich ziehen [33]. Periphere Sensibilisierung von Nozizeptoren sowie zentrale Sensibilisierung auf Rückenmarksebene führen reflektorisch zu einer Ruhigstellung der operierten Extremität sowie Schonatmung und behindern weiterhin Remobilisation und Physiotherapie. Verminderte Durchblutung, Immunsupression sowie eine veränderte Thrombozytenaggregation als Ausdruck des aktivierten sympathikoadrenergen Systems aufgrund akuter Schmerzen spielen bei der Entstehung von Komplikationen wie postoperativer Thrombosen, Wundheilungsstörungen, Myokardinfarkte und Pneumonien ebenfalls eine wesentliche Rolle. Akute Schmerzen nach einer Operation beeinträchtigen die Mobilisation und den Heilungsverlauf erheblich und können zu anhaltenden, chronischen Schmerzen führen [5, 24]. Daneben besteht auch die Gefahr der Chronifizierung mit nachfolgenden schmerzbedingten funktionellen psychischen und physischen Einschränkungen mit einer deutlichen Reduktion der Lebensqualität [30].

Dieser Problematik hat sich der gemeinsame Bundesausschuss angenommen [7]. Kliniken und Praxen haben diesem Thema nun eine ausreichende Beachtung zu schenken. Es wird vom G-BA erwartet, dass die Einrichtungen intern und entwickelnde und umzusetzende schriftliche Konzepte mit allen an der Versorgung beteiligten Professionen abstimmen und umsetzen. Es sind ebenso die Zuständigkeiten und die Zuteilung ausreichender Zeitressourcen für das Akut-Schmerzmanagement festzulegen. Es werden hausinterne schriftliche Konzepte mit Checklisten und Zuordnung personeller Verantwortlichkeiten im Ablauf, beginnend mit der präoperativen Patienteninformation, über die unmittelbar operative Phase bis hin zur späteren Entlassung erwartet. Letztendlich wird es Aufgabe sein, hier entsprechende Verhaltensanweisungen mit SOPs zu entwickeln und zu hinterlegen.

Auch der Operateur kann in diesem Komplex an vielen Stellen eingreifen. Dieses beginnt bereits im Rahmen der präoperativen Gespräche, in denen einer perioperative Schmerzbehandlung große Aufmerksamkeit geschenkt wird und der Patient in die Behandlung aktiv eingebunden wird (Abb. 1).

Allgemeine Aspekte der perioperativen SchmerztherapiePräoperative Phase

Schmerzerfassung und
-dokumentation

Mit der stationären Aufnahme des Patienten sollte die Schmerzanamnese, -erfassung und -dokumentation beginnen. Die Schmerzeinschätzung soll mittels systematischer Fremdeinschätzung mit möglichst validierten Verfahren erfolgen. In einzelnen Fällen ist es ratsam, schon vor der stationären Aufnahme eine gründliche Schmerzanamnese, z.B. bei vorbestehenden Schmerzen des Patienten, Opioidvormedikation und Patienten mit Voroperation, durchzuführen. Zur Schmerzerfassung haben sich numerische Ratingskalen (NRS) oder visuelle Analogskalen (VAS) als geeignete Instrumente der Schmerzeinschätzung durch den Patienten erwiesen; Schmerzintensitätsangaben werden allerdings heute multidimensional mit weiteren Fragen zur Schmerzeinschätzung (z.B. schmerzbedingte Funktionseinschränkungen, Nebenwirkungen etc.) komplettiert, um den Bedarf nach Anpassung der Schmerztherapie zu eruieren [5]. Bei kognitiv oder bewusstseinseingeschränkten und/oder stark kommunikativ eingeschränkten Patienten soll die Schmerzeinschätzung, zusätzlich zur Selbsteinschätzung, auf der Basis nonverbaler Schmerzäußerungen und/oder mit Schmerz assoziierter Verhaltensweisen erfolgen.

Kleinere Kinder können ihre Schmerzintensität anhand der Faces-Pain-Skale revised einstufen. Smiley-Skalen eigenen sich nicht, da sie eher Emotionen abfragen und keine validen Aussagen machen. Die Häufigkeit der Erfassung sollte an den Schmerzverlauf und der durchgeführten Interventionen angepasst werden, aber in der frühen Phase nach der Operation nicht weniger als dreimal täglich durchgeführt werden. Die sorgfältige tägliche Schmerzdokumentation z.B. in Form einer „3.Fieberkurve“ neben der Temperatur- und Pulskurve ist insbesondere auch behilflich bei der Argumentation mit dem MdK (medizinischer Dienst der Krankenkassen) bezüglich der notwendigen Liegedauer von Patienten. Besonders wichtig ist sie bei der Evaluation von Interventionen und sollte deshalb neben der Dokumentation auch immer eine Diskussion über das Schmerzempfinden des Patienten (z.B. im Rahmen der Visite) mit daraus resultierenden Konsequenzen beinhalten und entsprechend schriftlich dokumentiert werden.

Eine individuell festgelegte Bedarfsmedikation in Abhängigkeit von Schmerzintensität, individuellem Bedarf und funktionellen Einschränkungen (also z.B. Schmerzexazerbation bei Physiotherapie) hat sich gerade im Hinblick auf eine effektive postoperative Mobilisation und Erholung bewährt. Bei der Verordnung der Bedarfsmedikation sollten stets die Angaben aus dem Anästhesieprotokoll miteinfließen, da hier der individuelle Analgetikabedarf, eventuelle Unverträglichkeiten, Volumenverlust und weitere intraoperative Besonderheiten ersichtlich sind. Aber auch im Verlauf einer Schmerztherapie oder Ende von Verfahren (z.B. Regionalanalgesie) kann eine Anpassung notwendig werden.

Geriatrische Patienten stellen eine besondere Herausforderung an die Schmerzdokumentation und Schmerztherapie dar. Ältere Menschen sehen den Schmerz häufig als einen natürlichen Bestandteil des Alterns an und lehnen Analgetika aus Angst vor Nebenwirkungen oder aus Angst vor weiteren Interventionen ab. Es ist deshalb sehr wichtig, Funktionseinschränkungen bei geriatrischen Patienten gut zu eruieren. Da die subjektiv empfundenen Schmerzen auch von Ängsten der Patienten mit beeinflusst werden, ist nach Operationen stets auch die Kommunikation zwischen Operateur und Patient essentiell, um eventuelle Ängste möglichst auszuräumen oder aufkommende Komplikationen frühzeitig erkennen zu können.

Warnfunktion Schmerz

Schmerzen können wichtige Warnfunktion für Komplikationen (Prothesenluxationen, Gefäß-/Nervenverletzungen, Hämatome, Infektionen, Kompartment-Syndrom, Ischämie bedingte Schmerzen etc.) sein und sollten somit nicht eine „blinde“ medikamentöse Schmerztherapie zur Folge haben. Jede Schmerzexazerbation, insbesondere dann, wenn diese unvermittelt auftritt, nicht zu einem typischen postoperativen Verlauf passt oder zunehmend ist, muss deshalb unverzüglich mit dem Operateur besprochen und diagnostisch abgeklärt werden.

Schmerztherapie bei
Komorbiditäten und
Komedikationen

Multimorbide Patienten mit entsprechender Komedikation zu behandeln, stellt eine besondere Herausforderung dar. Bei Vorliegen renaler, kardialer oder gastrointestinaler Begleiterkrankungen ergeben sich für den behandelnden Arzt die Problematik der Analgetikaauswahl und deren Dosierung. Gleiches gilt für Patienten mit vorbestehenden Schmerzen, Opioidvormedikation oder Analgetikafehlgebrauch/-abhängigkeit; hier sollten in der Schmerztherapie geschulte Ärzte in die Planung der perioperativen Schmerztherapie mit einbezogen und der Nutzen einer Regionalanalgesie in Betracht gezogen werden [23]. Opioidvormedikationen sollten kurzfristig vor einer Operation nur von geschulten Ärzten modifiziert werden; transdermale Opioidpflaster sollten w.m. ebenfalls nicht entfernt werden. Allerdings ist bei großen Eingriffen, hämodynamisch signifikanten Veränderungen, starker Abkühlung, Fieber/Sepsis o.ä. eine Opioidaufnahme nicht mehr regelhaft gewährleistet. Das Pflaster sollte dann entfernt und der Opioidbedarf anderweitig supplementiert werden (Cave: Entzug). In diesem Falle schadet es nicht, einen Akutschmerzdienst oder in die Akutschmerztherapie geschulten Kollegen mit hinzuzuziehen.

Präoperative Analgesie

Durch Wundinfiltration, OP-Feldinfiltration, Nerven- oder Plexusblockaden kann das Schmerzgeschehen des Patienten günstig beeinflusst und der Verbrauch an Schmerzmitteln reduziert werden. Besonders effektiv sind vor allem bei größeren Eingriffen der Extremitäten periphere Nervenkatheter mit ausgewogener postoperativer Infusion niedrig-konzentrierter Lokalanästhetika, idealerweise bedarfsadaptiert über eine „Schmerzpumpe“ und Betreuung durch einen Akutschmerzdienst [26]. Aber auch andere Verfahren sind, abhängig vom Eingriff, möglich (s.u. prozedurenspezifische Schmerztherapie).

Sowohl die Infiltration des geplanten operativen Zugangs mit Lokalanästhetika als auch eine periphere Blockade z.B. durch einen Fußblock oder eine supraskapuläre Blockade können zu einer deutlichen postoperativen Schmerzreduktion führen [13, 14], die Mobilisation des Patienten deutlich verbessern und chronische Schmerzen verhindern [24]. Entsprechend der Wahl der Analgesie sollte dabei der Patient über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden, sodass sich der Patient postoperativ nicht über eine Dysästhesie oder temporäre motorische Ausfälle sorgt; bei motorischen Einschränkungen muss der Patient entsprechend aufgeklärt und bei der Mobilisation unterstützt werden. Bei temporären sensiblen Ausfällen muss auf adäquate Dekubitusprophylaxe geachtet werden (z.B. Ferse, N. peronaeus am Fibulaköpfchen).

Spezielle Aspekte

Perioperative Schmerztherapie beinhaltet in der Regel die Gabe von Basisanalgetika und je nach Bedarf zusätzliche, an die Operation und an den individuellen Patienten angepasste Bedarfsanalgesie. Das Prinzip einer solchen Kombinationstherapie ermöglicht eine gute Analgesiequalität, aber auch eine Reduktion von Nebenwirkungen bei niedrigeren Dosierungen, die im Rahmen einer Kombinationstherapie benötigt werden. Bei diesem sog. balanzierten (angloamerikanisch auch als „multimodal“ bezeichneten) Analgesiekonzept besteht die systemische Basisanalgesie in der Regel aus einem Nicht-Opioid-Analgetikum (NOPA, z.B. NSAR, spezifischer COX 2-Hemmer, Metamizol oder Paracetamol). Dieses wird in den ersten Tagen zu festen Zeiten regelmäßig verabreicht, um eine Grundanalgesie zu erreichen und notwendige zusätzliche Analgetika in ihrer Dosis so gering wie möglich zu halten. Die zusätzliche Bedarfsanalgesie ist dann in der Regel ein Opioid oder, bei bestimmten Operation, ein Regionalanalgesieverfahren. Beides muss nicht zwangsläufig nach Bedarf verabreicht werden, sollte aber in Dosis und Art der Verabreichung (Opioid) bzw. Laufrate der Verabreichung bei Lokalanästhetika o.ä. im Rahmen einer kontinuierlichen Regionalanalgesie dem Bedarf entsprechend angepasst werden. Auch nicht-medikamentöse Maßnahmen sollten zum Einsatz kommen (z.B. Cryotherapie, Lagerung). Nur bei wenigen Patienten sind weitere Maßnahmen wie Adjuvantien (z.B. Ketamin, Lidocain i.v. o.ä.) notwendig.

Nicht-Opioid-Analgetika (NOPA)

Die Auswahl des NOPA richtet sich nach Effektivität (NSAR/COXIBE und Metamizol sind deutlich effektiver als Paracetamol) und individueller Kontraindikation. Bei der Verwendung von Metamizol sollte jedoch an eine adäquate Sicherungsaufklärung geachtet werden [16]. Da die Effektivität von Paracetamol deutlich geringer als die der übrigen NOPA ist [5], sollten NSAR/COXibe oder Metamizol (abhängig von den KI) bevorzugt verabreicht werden.

Metamizol ist ein nicht opioides Analgetikum und Antipyretikum aus der Gruppe der Pyrazolone; das Präparat ist insgesamt gut verträglich und ein in Deutschland sehr verbreitetes Präparat zur Schmerzlinderung und Fiebersenkung. In Deutschland ist Metamizol mit strengen Auflagen hinsichtlich der Indikation versehen (akute starke Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, schmerzhafte Koliken, Tumorschmerzen, sonstige akute oder chronische starke Schmerzen, soweit andere therapeutische Maßnahmen kontraindiziert sind, hohes Fieber, das auf andere Maßnahmen nicht anspricht).

In den vergangenen 20 Jahren sind im Rahmen einer sogenannten Spontanerfassung in Deutschland etwa 400 Fälle von Metamizol-induzierten Agranulozytosen berichtet worden [31]. Allein im Jahr 2011 wurden 31 Fälle gemeldet, von denen 6 einen tödlichen Verlauf nahmen. Allgemein wird das Risiko einer Agranulozytose geschätzt mit etwa 1:30.000. Darüber hinaus sind als Nebenwirkungen bekannt anaphylaktische Reaktionen bis hin zum Schock, Blutdruckabfall, Hautexantheme und Verschlechterung der Nierenfunktion.

Neuere Studien lassen vermuten, dass eine Kombination eines NSAR mit Paracetamol in relativ niedrigen Dosierungen einen supraadditiven Effekt hat (z.B. 200 mg Ibuprofen und 500 mg Paracetamol) [5]. Dies bietet sich besonders dann an, wenn Nebenwirkungen vermieden werden sollen. Wichtig ist aber, dass NSAR und COX-Hemmer natürlich niemals kombiniert werden, da sich die Nebenwirkungen dabei ebenfalls addieren. Zu Dosierungen und Kontraindikationen für einige der wichtigen NOPA siehe Tab. 1 [5].

Opioide

Nach jeder Operation stellen Opioide quasi das Mittel der Wahl zur Therapie mittelstarker bis starker postoperativer Schmerzen dar. Wenn NOPA nicht ausreichen, sollte eine Bedarfsmedikation an Opioiden zusätzlich verordnet werden. Hier gilt: so wenig (und kurz) wie möglich aber so viel (und lange) wie nötig. Opioide sollten verabreicht werden, um eine gute Mobilisation und Physiotherapie zu ermöglichen. Schmerzfreiheit ist aber nicht das Ziel und ein Absetzen der Opioide ist ebenso wichtig, in den Therapieplan einzuplanen wie das Bereitstellen eines solchen. Opioide sind effektiv und haben so gut wie keine organspezifischen Risiken (Herz, Niere, Leber). Aber natürlich sind Nebenwirkungen häufig (Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Darmträgheit etc.) und Risiken sind bei höheren Dosierungen zu beachten (z.B. Sedierung, Atemdepression, Ileus). Wenn möglich sollten Opioide immer oral verabreicht werden, bei starken Schmerzen und nach großen Eingriffen auch intravenös, idealerweise dann kontinuierlich als Perfusor (auf Intensiv- oder Überwachungsstationen) oder als patientenkontrolliertes intravenöses Verfahren („Schmerzpumpe“) [5]. Dann sind allerdings auch eine gute Betreuung idealerweise durch einen Akutschmerzdienst und Überwachung wichtig.

Insgesamt helfen Therapiestandards und eine gute Kooperation zwischen Anästhesie und Chirurgie, diese schaffen in einer Klinik neben hoher Effektivität (z.B. bedarfsgerechter oraler Opioidalgorithmus) auch Sicherheit im Umgang mit Opioiden [5]. Bei solchen Algorithmen wir ein Opioid in nicht-retardierter Form als Bedarf angeordnet, und, wenn notwendig, das gleiche Opioid in retardierter Form morgens und abends verabreicht (z.B. 10 mg Oxycodon retard morgens und abends, 5 mg Oxycodon acut als Bedarf). Diese Dosis kann entsprechend vom Arzt angepasst werden, und das retardierte Opioid auch bei ausschließlich Schmerzspitzen bei z.B. Physiotherapie) entfallen. Jede Schmerztherapie sollte aber immer individuell für einen Patienten geplant und schriftlich mit Substanzname und Dosis angeordnet werden; dies gilt auch für Therapiestandards im Rahmen solcher Opioidalgorithmen. Bei besonderen Patientengruppen wie z.B. Patienten mit besonderen Risiken für Sedierung und Atemdepression und Patienten mit Opioidvormedikation oder Abhängigkeit sollten besondere Vorsichtsmaßnahmen gelten [24, 23].

Prozedurenspezifische Schmerztherapie

Um nach größeren und großen Operationen den Opioidverbrauch zu reduzieren oder ganz auf diese verzichten zu können, werden bei einer Vielzahl von Eingriffen gerade an den Extremitäten häufig Regionalanalgesieverfahren eingesetzt. Diese haben nicht nur den Vorteil, eine sehr gute Effektivität bzgl. Analgesiequalität in der frühen postoperativen Phase zu erzielen (besser als jede Opioidtherapie, wenn sie als Katheterverfahren durchgeführt werden auch über 2–4 Tage nach der Operation), sondern ermöglichen auch eine gute Mobilisierbarkeit der Patienten und verhindern sogar ggf. eine Schmerzchronifizierung. Auch hier gilt, dass eine gute Kooperation zwischen Anästhesie und Chirurgie und ein Akutschmerzdienst mit der Möglichkeit einer optimalen Betreuung dieser Patienten diese Verfahren sicher macht, Nebenwirkungen wie z.B. motorische Blockaden reduziert und mögliche Komplikationen verhindert. Welches und ob ein Regionalanalgesieverfahren eingesetzt werden kann, ist abhängig von der entsprechenden Operation sowie den lokalen Gegebenheiten in der jeweiligen Klinik. Ähnliches gilt für weitere Aspekte der Schmerztherapie. Deshalb gibt es zunehmend das Bestreben, in Kliniken für größere und/oder häufiger durchgeführte Operationen prozedurenspezifische analgetische Therapiepfade zu etablieren.

Anlehnen kann man diese an die Evidenzgenerierung einer Internationalen Arbeitsgruppe („Prospect“, https://esraeurope.org/prospect/; Procedure specific pain management), die es sich zum Ziel gemacht hat, Evidenz-basierte Empfehlungen für große Operationen herauszugeben und regelmäßig zu überarbeiten. Im Folgenden werden entsprechend zu verschiedenen Operationen in der O&U verschiedene Konzepte, die aus Sicht der beiden Autoren an deutsche Verhältnisse und Erfahrungen angepasst wurden, vorgestellt. Dort, wo keine oder keine aktuellen Prospect-Empfehlungen vorliegen, wurde aktuelle Literatur gesichtet und Empfehlungen aus Autorensicht unter Einbezug der Erfahrungen der Autoren gegeben.

Eingriffe an der Schulter (Tab. 2)

Bei Operationen der oberen Extremität haben sich Plexusblockaden gerade im Hinblick auf die postoperative Analgesie als vorteilhaft erwiesen [26, 32]. Für die Rotatorenmanschettenoperation wird eine interskalenäre Plexusblockade (ISK) als bevorzugtes regionales Verfahren von Prospect empfohlen; der ISK sollte postoperativ als kontinuierliche Blockade (z.B. mit Ropivacain 0,2 %) einige Tage weitergeführt werden [32]. Anteriore und posteriore interskalenäre Blockaden sind ebenfalls (auch als single shot-Verfahren) gut geeignet bei anderen Operationen an der Schulter, am proximalen Oberarm und lateraler Clavicula [26, 27]. Jerosch et al. verglichen die Wirksamkeit i.a. Analgesie, supraskapulärer Blockade (SSB) [14] und die interskalenäre Blockade (ISB) (jeweils single shot) nach arthroskopischen Schulteroperationen. Sie konnten dabei eine Überlegenheit der ISB in den ersten 24 Stunden postoperativ gegenüber dem supraskapulären Nervenblock (SSNB) und der i.a. Injektion von Lokalanästhetika aufzeigen. Bei der konservativen oder postoperativen Therapie der „frozen shoulder“ ist ein ISK oder ein SSNB ebenfalls effektiv, auch in Form einer kontinuierlichen LA-Applikation eine geeignete Analgesieform. Infraklavikuläre und axilläre Blockaden empfehlen sich bei Operationen des Ellenbogens sowie distal davon. Der SSNB kann gut vom Operateur vor oder nach dem sterilen Abdecken gesetzt werden.

Der Nervus suprascapularis-Block ist eine etablierte Technik und hat seine Sicherheit und Effektivität unter Beweis gestellt. Der Nervus suprascapularis entspringt von der Wurzel C5 und C6 des superioren Anteils des Plexus brachialis. Ein gewisser Anteil der Wurzel C4 ist ebenfalls mit involviert. Er verläuft in den posterioren Abschnitten, geht durch den suprascapularen Sulcus und innerviert den M. supraspinatus und distal den Nervus infraspinatus (Abb. 2). Sensibel versorgt der Nervus suprascapularis einen erheblichen Anteil des posterioren Schulterbereiches. Zusammen mit dem Nervus pectoralis lateralis innerviert er ebenfalls das AC-Gelenk, die subacromiale Bursa und das coracoclaviculare Ligament.

Bisher wurde diese Technik in verschiedenen Bereichen der Schultertherapie eingesetzt, hierzu zählen offene und arthroskopische Schulteroperationen, chronische Schmerzpatienten, Karzinompatienten und adhäsive Kapsulitispatienten.

Technik des Nervus suprascapularis-Blocks: Der SSNB wird in sitzender Position gesetzt (beachchair-Position). Die anatomischen Landmarken wurden identifiziert und markiert (Clavicula, Acromion, Scapula, Spina scapulae, Proc. coracoideus (Abb. 3).

Der Arm wird zur Operation steril abgewaschen und steril abgedeckt. Dann erfolgt die Anlage des Nervenblockes. Der Nervenblock wurde durch den Operateur selber durchgeführt. Hierzu wird die Fossa supraspinata mit einer langen Spinalnadel punktiert und es wird 5 ml Lokalanästhesie appliziert (0,5 % Carbostesin).

Es gibt mehrere Landmarken um die adäquate Injektionsstelle zu identifizieren. Eine Möglichkeit ist es, den Übergang des lateralen zum distalen Drittels der Spina scapula zu identifizieren und die Injektion etwa 2–3 cm ventral davon durchzuführen. Eine andere Technik ist die Lokalisation des s.g. „soft spot“ medial der Vereinigung der Spina scapulae und der Clavicula.

Nach Aufsuchen dieses Injektionspunktes wird die Nadel so geführt, dass sie in Richtung Spina scapulae anguliert wird (Abb. 3). In einer Tiefe von etwa 3–5 cm (je nach Subcutangewebesituation) trifft die Nadel auf knöcherne Begrenzung der Scapula, mit vorsichtiger Palpation der Nadel ist die ventrale Begrenzung der Scapula zu palpieren. Sobald dieser Punkt erreicht ist, wird die Nadel wieder etwas nach dorsal anguliert. Mit dieser Technik kann man die Nadelspitze an die Basis des Proc. coracoideus platzieren; dies ist die anatomische Landmarke, an welcher der N. suprascapularis läuft (Abb. 3a–b). Zur ausreichenden Umflutung des N. suprascapularis reicht ein Volumen von 5 ml.

Von einer kontinuierlichen intraartikulären Gabe von Lokalanästhesie sollte Abstand genommen werden, da hierdurch schwere Knorpelschäden zu erwarten sind.

Eingriffe an der Hüfte (Tab. 2)

Operationen der unteren Extremitäten werden häufig in Spinal- oder seltener in Epiduralanästhesie durchgeführt. Ein epidural platzierter Katheter wird nur noch selten, z.B. bei Hüft-TEP-Revisionen oder ausgedehnten Tumoroperationen im Hüftbereich empfohlen; er kann in den ersten postoperativen Tagen z.B. im Rahmen einer Patientenkontrollierten Epiduralanalgesie (PCA) verwendet werden. Bei der Periduralanästhesie gilt zu beachten, dass das sensorische Niveau etwa 1–4 Etagen über dem motorischen Niveau liegt, d.h. für eine gute Relaxation des M. iliopsoas muss bspw. eine Periduralanästhesie mindestens bis TH 8 reichen. Dieses ist insbesondere für minimalinvasive Hüftprothesenimplantationen und Hüftarthroskopien wichtig, da diese Verfahren unbedingt eine gute Muskelrelaxation benötigen. Psoas-Blockaden erlauben in Kombination mit einem proximalen Ischiadicusblock operative Eingriffe ab dem distalen Oberschenkel, gleiches gilt für Femoralis-Blockaden. Eine Wundinfiltration ist auch an der Hüfte sinnvoll.

Eingriffe am Kniegelenk (Tab. 2)

Verschiedene Studien und eine große Meta-Analyse und auch die klinische Erfahrung zeigt jedoch, dass periphere Nervenblockaden einer Epiduralanalgesie bei Kniegelenkseingriffen jeglicher Art analgetisch gleichwertig sind; da die Epiduralanalgesie gerade im Lumbalbereich erhebliche Risiken birgt, werden periphere Nervenblockaden bevorzugt empfohlen [26]. Periphere Nervenblockaden z.B. eine Nervus femoralis-Blockade (NFK), ggf. in Kombination mit einer Nervus ischiadikus-Blockade (NIK)) werden deshalb in vielen Häusern auch als Regionalanalgesieverfahren der 1. Wahl eingesetzt, insbesondere mit niedrig-konzentrierter Lokalanästhetika-Infusion, ggf. patientenkontrolliert als kontinuierliche periphere Nervenblockade postoperativ weitergeführt [26]. Dass dies das effektivste Verfahren ist, bestätigt auch eine relativ aktuelle große Metaanalyse.

Darüber hinaus hat sich in der Praxis auch die lokale Infiltrationsanästhesie (LIA), insbesondere im Bereich des Kniegelenkes bewährt [17]. Sie benötigt eine gezielte Injektion (wichtig ist hier auch die dorsale Kapsel) und sehr hohe Lokalanästhetikadosierungen, die direkt ins Kniegelenk injiziert werden (mit potentiell toxischer Wirkung). Der Operateur infiltriert sukzessiv verschiedene Bereiche (dorsale Kapsel, Seitenbänder, Ligamentum patellae und das Subcutangewebe) in 3 verschiedenen Portionen. Mit einem eingelegten Katheter intraartikulär positioniert, der am Abend und am nächsten Tag mit einer weiteren Gabe mit dem o.g. Schmerzcocktail bestückt wird und nach der morgendlichen Gabe entfernt wird, können auch anhaltendere Effekte erzielt werden Ein Kompressionsverband mit großflächiger Kühlung mit Kühlelementen für 4–6 Stunden verlängert die Analgesiedauer. Allerdings wird die Einlage eines Katheters im operierten Knie nicht von allen Operateuren favorisiert und die hohen Dosierungen der Lokalanästhetika machen potentiell systemische Komplikationen möglich.

Periphere Nervenkatheter und LIA sind effektiv und führen zu einer Mobilisation schon 3–5 Stunden nach der Operation. Die Motorik ist in der Regel nicht beeinträchtigt, sodass der Patient auch rasch das Knie aktiv belasten kann; bei Katheterverfahren ist dies über mehrere Tage und ohne Opioide möglich. Der Patient sollte jedoch auf die Gefahr temporär auftretenden motorischer Schwächen hingewiesen werden. In solchen Fällen bedarf er entsprechender Hilfe bei der Mobilisation.

In anderen Ländern erfolgt eine sehr frühzeitige Entlassung des Patienten aus der stationären Behandlung, teilweise schon am 2. postoperativen Tag [25]. Deshalb werden in Skandinavien kaum noch Regionalanalgesieverfahren eingesetzt. Eine derart frühe Entlassung ist für das deutsche Versorgungssystem gar nicht umsetzbar, da das ambulante System in Deutschland anders aufgebaut ist. Dies macht es möglich, über mehrere Tage ein Regionalanalgesieverfahren in der Klinik durchzuführen und den Patienten adäquat nach Entfernen der Katheter auf die Entlassung vorzubereiten. Dies ermöglicht eine gute frühe Mobilisation unter effektiver Analgesie in den ersten Tagen und, bei Rückgang der Schmerzen und nach Entfernen des Katheters, eine Überleitung zur rein systemischen Therapie.

Eingriffe am Fuß (Tab. 2)

Auch bei Eingriffen am Fuß sind Nervenblockaden indiziert und können effektiv Schmerzen reduzieren. Saphenusblockaden sind in Kombination mit einem distalen Ischiadicusblock bei Operationen des Unterschenkels und Fuß indiziert. Bei operativen Eingriffen an Mittel- und Vorfuß kann der Fußblock gerade in Kombination mit einer Allgemeinanästhesie eine sehr effiziente Analgesieform darstellen und ist vom Operateur selbst ohne großen Aufwand durchzuführen [13]. Der Fußblock wird ebenfalls in einem aktuellen Prospect Review empfohlen [19]. Bei Verwendung einer Rollmanschette ist das Gebiet der Rollmanschette auch durch den oberflächlichen Teil des Fußblockes miterfasst und kann somit schmerzfrei angelegt werden (Abb. 4). Nicht zu vergessen ist natürlich die Oberst-Anästhesie bei Eingriffe an den Zehen.

Eingriffe an der Wirbelsäule (Tab. 2)

Präoperativ werden NSAIDs oder COX-2-spezifische Hemmer verwendet, sofern keine Kontraindikationen vorliegen; alternativ können bei Kontraindikationen Metamizol oder Paracetamol gegeben werden. Systemische Steroide verbessern allgemein die medikamentösen Maßnahmen. Lokale Wundrandinfiltration reduzieren die postoperativen Schmerzen. Postoperativ werden wieder NSAIDs oder COX-2-spezifische Hemmer, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, gegeben. Opioide dienen als Bedarfsmedikation, ggf. via PCA.

Schmerzreduzierende
operative Aspekte

Mit der Etablierung der arthroskopischen Gelenkoperationen an den verschiedenen Gelenken ist die Möglichkeit gegeben, Operationen bei gleichbleibender Qualität der operativen Kausalversorgung ohne großes Weichteil- und Kapseltrauma durchzuführen. Hierdurch konnte dem Patienten in der Folge eine langwierige zum Teil immobilisierende Nachbehandlung erspart werden und eine frühfunktionelle Nachbehandlung erfolgen.

Eine vergleichbare Entwicklung ist auch bei anderen orthopädischen Standardoperationen zu erkennen. Hierzu zählen minimalinvasive Techniken bei der endoprothetischen Versorgung von Hüfte und Knie, minimalinvasive, zum Teil endoskopische Verfahren in der Wirbelsäulenchirurgie und nicht zuletzt neue Implantate, die eine verbesserte Versorgung unserer Patienten ermöglichen.

Gerade im Hinblick auf die immer kürzer werdende durchschnittliche Krankenhausverweildauer und die stetige Erweiterung der ambulant durchzuführenden Operationen ist diese Entwicklung sicherlich noch nicht abgeschlossen. Sicherlich wird es auch im deutschsprachigen Raum in naher Zukunft Bestrebungen geben, eine einfache primäre Endoprothetik an Hüfte, Knie und Schulter tageschirurgisch anzubieten.

Es bleibt dabei jedoch zu beachten, dass der Trend zur minimal-invasiven Operation nicht zu Lasten der operativen Qualität geht. Minimal-invasiv muss nicht immer gleichbedeutend mit einem möglichst kleinen Hautschnitt sein, sondern sollte für eine schonende, die funktionellen Strukturen erhaltende, komplikationsarme Operationsmethode stehen, die es dem Patienten ermöglichen soll, den zu erwartenden operativen Ergebnis möglichst früh zu erreichen.

Die Verwendung von Redondrainagen sowie Blutsperren wird zunehmend kritisch gesehen [15]. Resorbierbares Nahtmaterial scheint postoperative Schmerzen positiv zu beeinflussen, währenddessen Hautklammern im Vergleich zu nichtresorbierbarem Nahtmaterial zu einem geringgradig höherem Schmerzniveau führen [35]. Auch die Lagerung des Patienten auf dem OP-Tisch sollte sorgsam geprüft werden, um Druckläsionen von Haut und Nerven zu vermeiden.

Weitere Aspekte für eine
gute Akutschmerztherapie nach orthopädischen/
unfallchirurgischen
Eingriffen einschließlich
Entlassmanagement

Die gesamte postoperative Schmerztherapie richtet sich nach dem Patientenprofil (Schmerzintensität, Grunderkrankungen, Alter, Risikofaktoren), dem stattgehabten Eingriff und den gegebenen Möglichkeiten der Klinik. Dies gilt auch für die Vorbereitung des Patienten auf die Entlassung aus der stationären Behandlung. Der akute postoperative Schmerz hat sein Schmerzmaximum in der Regel in den ersten 48 Stunden post-OP. Dies bedeutet aber nicht, dass anschließend, auch im Falle einer Entlassung des Patienten, keine Analgetika mehr notwendig sind; andererseits braucht auch nicht jeder Patient diese. Da nach Abklingen einer „single shot“-Lokalanästhesie in der Regel 6–12 Stunden nach Operation, abhängig von Lokalanästhetikum, Operation und Patient oder 12–24 Stunden nach „single shot“-LIA bzw. nach Entfernung eines Katheters bei kontinuierlicher Plexus-/Nervenblockade Schmerzintensitätszunahmen bis hin zu massiven Beeinträchtigung des Patienten durch diese möglich sind, sollte eine Bedarfsanalgesie für jeden Patienten angeordnet und dokumentiert sein. Die Basisanalgesie sollte selbstverständlich weitergeführt werden; dieses ist in der Regel ein NOPA. Zur Entlassung des Patienten aus der stationären Therapie sollte dann eine suffiziente Analgesie gefunden sein, unter der der Patient gut mobilisiert und seine Physiotherapie nicht schmerzbedingt beeinträchtigt ist.

Diese Medikation sollte als weiterführende Therapieempfehlung neben den genauen Angaben zur weiteren Re-Mobilisation im Arztbrief enthalten sein, sodass dem niedergelassenen Kollegen und dem weiterbehandelnden Physiotherapeuten schon bei der erstmaligen Vorstellung des Patienten im Anschluss an die stationäre Therapie genaue Angaben zur weiterführenden Therapie vorliegen.

Neben der medikamentösen Therapie sollten auch physikalische Maßnahmen, die Schmerzen reduzieren können durchgeführt werden. Die Kryotherapie mit dem Eisbeutel oder moderneren Cryo-Cuffs führt neben der Prophylaxe von Schwellungen zu einer peripheren Vasokonstriktion und somit auch zu einer verringerten Blutungsneigung. Lymphdrainage führt zu einer Reduktion von postoperativen Ödemen und verringert somit den Spannungsschmerz der operierten Extremität. Auch adjuvante nicht-medikamentöse Verfahren wie Akupunktur oder TENS können zur Linderung postoperativer Schmerzen eingesetzt werden.

Fazit für die Praxis

Ein optimiertes Schmerzmanagement in O&U ist gerade im Hinblick auf die Patientenzufriedenheit, ein schnelles Erreichen des zu erwartenden post-operativen Outcomes, einer immer kürzer werdenden Krankenhausverweildauer und der Vermeidung von chronischen Schmerzen nach elektiven Operationen von zunehmenden Interesse. Schon im Vorfeld einer anstehenden Operation gilt es, den Patienten über die Operation, eventuell auftretende Probleme und das postoperative Procedere zu informieren, um eventuelle Ängste der Patienten ausräumen zu können und den Patienten aktiv an der Schmerzthererapie partizipieren zu lassen. Therapiepfade und Analgesieschemata vereinfachen die Schmerztherapie nach bestimmten Operationen, machen sie sicherer (da jeder in der Klinik sie kennt) und lassen zeitnah erkennen, ob Probleme bei individuellen Patienten auftreten. Eine gute Kooperation zwischen Chirurgen und Anästhesisten ist dabei ebenso hilfreich wie ein Akutschmerzdienst für Patienten mit invasiveren Verfahren oder besonderen Bedürfnissen. Neben der Ausschöpfung der prä-, intra- und postoperativen Möglichkeiten einer effektiven Akutschmerztherapie ist die Kontinuität und Effizienz der weiterführenden Therapie nach der Entlassung aus der Klinik ein wesentlicher Faktor. Dabei sollten die Analgesieverfahren gerade im Hinblick auf eine Prävention einer möglichen Schmerzverselbstständigung und Chronifizierung von Schmerzen ausgerichtet sein.

Interessenkonflikte:

Jörg Jerosch: keine angegeben.

Esther Pogatzki-Zahn: Vortrags- und Beratungshonorare sowie Gelder für klinische Studien von den Firmen Grünenthal und Mundipharma und ein Vortragshonorar von Novartis. Alle diese Gelder wurden nicht persönlich an sie, sondern an Drittmittelkonten der Universitätsklinik Münster gezahlt.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch

Johanna Etienne Krankenhaus

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Am Hasenberg 46

41462 Neuss

j_jerosch@hotmail.com

Fragen zum CME-Artikel

1. Wie viele stationäre Operationen finden im Jahr ca. in Deutschland statt?

– 1 Million

– 2 Millionen

– 5 Millionen

– 10 Millionen

– 17 Millionen

2. Wann sollte die perioperative Schmerztherapie beginnen?

– Während der Operation

– In der Einleitung

– Direkt nach dem Eingriff

– Präoperativ (z.B. im Rahmen des Rapid Recovery Programmes)

– Beim Einsetzen der postoperativen Schmerzen

3. Wann soll die Schmerzdokumentation beginnen?

– Bei der stationären Aufnahme

– In der Einleitung

– Unmittelbar nach der Operation

– Auf der peripheren Station

– Zum Entlassungstermin

4. Welche Medikamente
gehören nicht zur Gruppe
der NOPA?

– Metamizol

– Tilidin

– Paracetamol

– NSAR

– COX-2-Hemmer

5. Was kann keine Ursache für plötzlich zunehmende Schmerzen nach einer Operation sein?

– Prothesenluxationen

– Gefäß-/Nervenverletzungen

– Kompartment-Syndrom

– Ischämie bedingte Schmerzen

– Hypoglykämie

6. Was ist eine typische Komplikation nach Gabe von
Metamizol?

– Hypoglykämie

– Hyperkaliämie

– Hypertone Krise

– Hämatopoesestörungen (Leuko-, Granulozytopenie)

– Extrasystolen

7. Was ist ein Beispiel für eine prozedurenspezifische
Anästhesie?

– LIA

– Opioid

– NOPA

– NSAR

– Paracetamol

8. Wie viele sensible Nerven werden beim Fußblock
anästhesiert?

– 2 Nerven

– 3 Nerven

– 4 Nerven

– 5 Nerven

– 6 Nerven

9. Wie viele Spritzen werden zur LIA am Kniegelenk
vorbereitet?

– 1 Spritze

– 2 Spritzen

– 3 Spritzen

– 4 Spritzen

– 5 Spritzen

10. Wie hoch muss eine Periduralänsthesie reichen, um eine gute Relaxation des M.iliopsoas sicher zu stellen?

– TH12

– TH11

– TH10

– TH9

– TH 8

Die Teilnahme an der CME-Fortbildung ist nur online möglich auf der Website www.online-oup.de

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