Übersichtsarbeiten - OUP 05/2021
Aspekte der perioperativen Schmerztherapie für Orthopädie und Unfallchirurgie?
Periphere Nervenkatheter und LIA sind effektiv und führen zu einer Mobilisation schon 3–5 Stunden nach der Operation. Die Motorik ist in der Regel nicht beeinträchtigt, sodass der Patient auch rasch das Knie aktiv belasten kann; bei Katheterverfahren ist dies über mehrere Tage und ohne Opioide möglich. Der Patient sollte jedoch auf die Gefahr temporär auftretenden motorischer Schwächen hingewiesen werden. In solchen Fällen bedarf er entsprechender Hilfe bei der Mobilisation.
In anderen Ländern erfolgt eine sehr frühzeitige Entlassung des Patienten aus der stationären Behandlung, teilweise schon am 2. postoperativen Tag [25]. Deshalb werden in Skandinavien kaum noch Regionalanalgesieverfahren eingesetzt. Eine derart frühe Entlassung ist für das deutsche Versorgungssystem gar nicht umsetzbar, da das ambulante System in Deutschland anders aufgebaut ist. Dies macht es möglich, über mehrere Tage ein Regionalanalgesieverfahren in der Klinik durchzuführen und den Patienten adäquat nach Entfernen der Katheter auf die Entlassung vorzubereiten. Dies ermöglicht eine gute frühe Mobilisation unter effektiver Analgesie in den ersten Tagen und, bei Rückgang der Schmerzen und nach Entfernen des Katheters, eine Überleitung zur rein systemischen Therapie.
Eingriffe am Fuß (Tab. 2)
Auch bei Eingriffen am Fuß sind Nervenblockaden indiziert und können effektiv Schmerzen reduzieren. Saphenusblockaden sind in Kombination mit einem distalen Ischiadicusblock bei Operationen des Unterschenkels und Fuß indiziert. Bei operativen Eingriffen an Mittel- und Vorfuß kann der Fußblock gerade in Kombination mit einer Allgemeinanästhesie eine sehr effiziente Analgesieform darstellen und ist vom Operateur selbst ohne großen Aufwand durchzuführen [13]. Der Fußblock wird ebenfalls in einem aktuellen Prospect Review empfohlen [19]. Bei Verwendung einer Rollmanschette ist das Gebiet der Rollmanschette auch durch den oberflächlichen Teil des Fußblockes miterfasst und kann somit schmerzfrei angelegt werden (Abb. 4). Nicht zu vergessen ist natürlich die Oberst-Anästhesie bei Eingriffe an den Zehen.
Eingriffe an der Wirbelsäule (Tab. 2)
Präoperativ werden NSAIDs oder COX-2-spezifische Hemmer verwendet, sofern keine Kontraindikationen vorliegen; alternativ können bei Kontraindikationen Metamizol oder Paracetamol gegeben werden. Systemische Steroide verbessern allgemein die medikamentösen Maßnahmen. Lokale Wundrandinfiltration reduzieren die postoperativen Schmerzen. Postoperativ werden wieder NSAIDs oder COX-2-spezifische Hemmer, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, gegeben. Opioide dienen als Bedarfsmedikation, ggf. via PCA.
Schmerzreduzierende
operative Aspekte
Mit der Etablierung der arthroskopischen Gelenkoperationen an den verschiedenen Gelenken ist die Möglichkeit gegeben, Operationen bei gleichbleibender Qualität der operativen Kausalversorgung ohne großes Weichteil- und Kapseltrauma durchzuführen. Hierdurch konnte dem Patienten in der Folge eine langwierige zum Teil immobilisierende Nachbehandlung erspart werden und eine frühfunktionelle Nachbehandlung erfolgen.
Eine vergleichbare Entwicklung ist auch bei anderen orthopädischen Standardoperationen zu erkennen. Hierzu zählen minimalinvasive Techniken bei der endoprothetischen Versorgung von Hüfte und Knie, minimalinvasive, zum Teil endoskopische Verfahren in der Wirbelsäulenchirurgie und nicht zuletzt neue Implantate, die eine verbesserte Versorgung unserer Patienten ermöglichen.
Gerade im Hinblick auf die immer kürzer werdende durchschnittliche Krankenhausverweildauer und die stetige Erweiterung der ambulant durchzuführenden Operationen ist diese Entwicklung sicherlich noch nicht abgeschlossen. Sicherlich wird es auch im deutschsprachigen Raum in naher Zukunft Bestrebungen geben, eine einfache primäre Endoprothetik an Hüfte, Knie und Schulter tageschirurgisch anzubieten.
Es bleibt dabei jedoch zu beachten, dass der Trend zur minimal-invasiven Operation nicht zu Lasten der operativen Qualität geht. Minimal-invasiv muss nicht immer gleichbedeutend mit einem möglichst kleinen Hautschnitt sein, sondern sollte für eine schonende, die funktionellen Strukturen erhaltende, komplikationsarme Operationsmethode stehen, die es dem Patienten ermöglichen soll, den zu erwartenden operativen Ergebnis möglichst früh zu erreichen.
Die Verwendung von Redondrainagen sowie Blutsperren wird zunehmend kritisch gesehen [15]. Resorbierbares Nahtmaterial scheint postoperative Schmerzen positiv zu beeinflussen, währenddessen Hautklammern im Vergleich zu nichtresorbierbarem Nahtmaterial zu einem geringgradig höherem Schmerzniveau führen [35]. Auch die Lagerung des Patienten auf dem OP-Tisch sollte sorgsam geprüft werden, um Druckläsionen von Haut und Nerven zu vermeiden.
Weitere Aspekte für eine
gute Akutschmerztherapie nach orthopädischen/
unfallchirurgischen
Eingriffen einschließlich
Entlassmanagement
Die gesamte postoperative Schmerztherapie richtet sich nach dem Patientenprofil (Schmerzintensität, Grunderkrankungen, Alter, Risikofaktoren), dem stattgehabten Eingriff und den gegebenen Möglichkeiten der Klinik. Dies gilt auch für die Vorbereitung des Patienten auf die Entlassung aus der stationären Behandlung. Der akute postoperative Schmerz hat sein Schmerzmaximum in der Regel in den ersten 48 Stunden post-OP. Dies bedeutet aber nicht, dass anschließend, auch im Falle einer Entlassung des Patienten, keine Analgetika mehr notwendig sind; andererseits braucht auch nicht jeder Patient diese. Da nach Abklingen einer „single shot“-Lokalanästhesie in der Regel 6–12 Stunden nach Operation, abhängig von Lokalanästhetikum, Operation und Patient oder 12–24 Stunden nach „single shot“-LIA bzw. nach Entfernung eines Katheters bei kontinuierlicher Plexus-/Nervenblockade Schmerzintensitätszunahmen bis hin zu massiven Beeinträchtigung des Patienten durch diese möglich sind, sollte eine Bedarfsanalgesie für jeden Patienten angeordnet und dokumentiert sein. Die Basisanalgesie sollte selbstverständlich weitergeführt werden; dieses ist in der Regel ein NOPA. Zur Entlassung des Patienten aus der stationären Therapie sollte dann eine suffiziente Analgesie gefunden sein, unter der der Patient gut mobilisiert und seine Physiotherapie nicht schmerzbedingt beeinträchtigt ist.
Diese Medikation sollte als weiterführende Therapieempfehlung neben den genauen Angaben zur weiteren Re-Mobilisation im Arztbrief enthalten sein, sodass dem niedergelassenen Kollegen und dem weiterbehandelnden Physiotherapeuten schon bei der erstmaligen Vorstellung des Patienten im Anschluss an die stationäre Therapie genaue Angaben zur weiterführenden Therapie vorliegen.