Übersichtsarbeiten - OUP 03/2016
Der Tennisellenbogen – Diagnose oder Symptom bei Instabilität?
ggf. je nach Ausmaß der Instabilität additive LUCL-Bandplastik mit Trizepssehnentransplantat.
Von den Kollegen Geyer und Schoch aus Pfronten [13] wurde ein Schema veröffentlicht, das die entscheidenden Kriterien für den Behandlungspfad sehr gut abbildet (Abb. 8). Maßgeblich für das operative Verfahren ist die Kombination des Extensorendefekts, der vorliegenden posterolateralen Rotationsinstabilität und der intraartikulären Begleitpathologien. Daraus leitet sich der Stellenwert der Arthroskopie im Behandlungskonzept ab, denn nur arthroskopisch lassen sich die Instabilität und die intraartikulären Begleitpathologien gewissenhaft beurteilen.
Wir führen seit Jahren bei jeder „Tennisellenbogen-OP“ immer eine Arthroskopie des Gelenks durch und sind immer wieder überrascht, dass der klinisch erhobene bzw. vermutete Befund der vorliegenden posterolateralen Rotationsinstabilität nicht mit dem intraoperativ unter arthroskopischer Sicht gewonnen reellen Befund übereinstimmt. In aller Regel ist das Ausmaß der Instabilität intraoperativ deutlich höher als präoperativ vermutet. Zusätzlich finden wir bei etwa 10 % der Patienten relevante Begleitpathologien, dies sind in erster Linie bis zu IV° radiohumerale Knorpelschäden mit lokalen synovitischen Entzündungsreaktionen, die in der MRT-Diagnostik nicht zu erkennen waren und dementsprechend das weitere operative Vorgehen maßgeblich beeinflussen. In solchen Fällen brechen wir nach dem arthroskopischen Debridement den Eingriff ab und führen kein offenes Debridement der Extensoren durch, da mit hoher Wahrscheinlichkeit der laterale Ellenbogenschmerz durch den intraartikulären Knorpelschaden getriggert ist.
Der offene Extensoreneingriff kann je nach postoperativem klinischem Verlauf immer noch sekundär erfolgen, ist aber in den meisten Fällen nicht mehr nötig bzw. je nach Ausmaß der Knorpelschädigung auch nicht anzuraten.
Sind intraartikuläre Pathologien arthroskopisch ausgeschlossen, stabile laterale Seitenbandverhältnisse dokumentiert und die Plica dorsoradialis reseziert, die als Trigger eines lateralen-dorsolateralen Ellenbogenschmerzes wirken kann, erfolgt der offene Eingriff der Extensoren. Der Hautschnitt beinhaltet die dorsolateral angelegten Arthroskopieportale und hat eine Länge von etwa 5–6 cm. Um eine iatrogene Schädigung des Seitenbandkomplexes zu vermeiden, empfehlen wir nach Einkerbung der Faszie zwischen Extensoren und Trizeps die Lösung der Faszie von den Extensoren und dann nicht die halbmondförmige Ablösung der Extensoren nach Hohmann, sondern die Längsspaltung nach Nirschl oder die subperiostale Ablösung der Extensoren von proximal/dorsal nach distal/ventral unter sorgfältiger Darstellung und Schonung des Seitenbandursprungs. Nach dem Debridement der Extensorenunterfläche und des knöchernen Footprints erfolgt eine transossäre Refixation der Extensoren mit Nähten, um eine sichere Einheilung zu gewährleisten. Abschließend wird die Faszie wieder über der Extensorenrekonstruktion vernäht, um die Gleitschicht herzustellen und Serome zu vermeiden.
Ergab sich aus der arthroskopischen Bestandsaufnahme, dass eine relevante posterolaterale Rotationsinstabilität vorlag, führen wir additiv zum Debridement und zur Rekonstruktion der Extensoren eine LUCL-Bandplastik mit einem Trizepssehnentransplantat zur Neutralisation der PLRI durch [3, 11].
Fazit für die Praxis
Der Tennisellenbogen kann eine direkte Schädigung der Extensoren sein oder ein maskierter getriggerter Ausstrahlungsschmerz differenzierter Gelenkpathologien, wie z.B. Knorpelschäden, synovitische Veränderungen, eine einklemmende Plica oder Instabilitäten. Durch das geschilderte differenzierte Behandlungskonzept lassen sich bei einem lateralen Ellenbogenschmerz deutlich homogenere Ergebnisse erzielen als nur mit einer offenen OP am Extensorenursprung alleine. Die Arthroskopie stellt für uns das entscheidende Verfahren dar, die Patienten zu selektieren. Mit der ASK können wir Patienten mit einer intraartikulär getriggerten Schmerzsymptomatik herausfiltern und zusätzlich die Instabilität des Seitenbandkomplexes detektieren und durch diesen Erkenntnisgewinn das operative Verfahren an die erforderliche Situation anpassen.
Interessenkonflikt: Keine angegeben
Korrespondenzadresse
Dr. med. Boris Hollinger
ARCUS Kliniken Pforzheim
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie
Rastatter Straße 17–19
75179 Pforzheim
b.k.hollinger@t-online.de
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