Übersichtsarbeiten - OUP 10/2014

Die Behandlung der Facettengelenk- arthrose mit Hyaluronsäure

Die klinische Bewertung erfolgte nach Abschluss der Behandlung (nach jeweils 3 bilateralen Infiltrationsbehandlungen der 3 Wirbelsäulenetagen) mittels eines Score-Systems (von „Beschwerdefreiheit“ mit 1 Punkt bis „deutliche Verschlechterung“ mit 6 Punkten) sowie bei allen Patienten durch Erfassung von unerwünschten Ereignissen zu den Behandlungs- und Kontrollterminen. Der individuelle Schmerzstatus wurde erhoben anhand von Visuellen Analogskalen (VAS) (mit einer Skalierung von 0–10) für die Kriterien „Ruheschmerz“, „Anlaufschmerz“ und „Bewegungsschmerz (Wandern, leichtes Radfahren)“ zu folgenden Zeitpunkten: vor Therapiebeginn (T0), nach Denervierung vor der ersten (T1), vor der zweiten (T2), vor der dritten Injektion (T3) und bei einer Nachuntersuchung nach Therapieende (T4), wobei diese nach ca. 12 Wochen erfolgen sollte. Die statistische Auswertung erfolgte rein deskriptiv.

Es handelte sich um eine Studie nach § 23b MPG mit einem CE-gekennzeichneten Medizinprodukt. Diese Prüfung hatte keine andere Zweckbestimmung des Medizinprodukts zum Inhalt und es wurden auch keine zusätzlichen invasiven oder andere belastenden Untersuchungen durchgeführt. Aufgrund des nicht invasiven Charakters dieser Studie wurde kein bestimmtes Therapie- oder Applikationsschema vorgegeben, sondern auf die in der Gebrauchsinformation des Produkts enthaltenen Angaben verwiesen.

Ergebnisse

Bei allen Patienten war eine Facettengelenkarthrose diagnostiziert worden. Sie waren deshalb gezielt an das Orthopädische Zentrum zur intraartikulären Injektionsbehandlung überwiesen worden. Eine weitere Behandlung oder Betreuung sollte dort nicht erfolgen. Diese blieb vielmehr bei den behandelnden Hausärzten und Orthopäden. Teilnehmer der Praxisstudie waren 80 konsekutive Patienten im Alter von 36–89 Jahren (Durchschnittsalter 65,4 Jahre, Median 66 Jahre; 35 Frauen, 45 Männer) mit chronischem Facettengelenksyndrom (71 LWS, 7 HWS, 2 BWS). Die Dauer der Schmerzen wurde in 4 Zeitintervalle eingeteilt (s. Tab. 1).

Fast alle Patienten gaben an, orale Antiphlogistika/Antirheumatika (in den meisten Fällen „gelegentlich“) eingenommen zu haben. Da die Patienten von ihren behandelnden Ärzten jedoch gezielt zu dieser Injektionstherapie überwiesen worden waren, und häufig keine weiteren Informationen erfolgten, konnten nur sporadisch Daten zu der systemischen Antiphlogistikagabe erhoben werden. Am häufigsten wurden von den Patienten auf Befragung folgende Medikamente genannt: Diclofenac, COX-2-Inhibitoren, Ibuprofen. Keiner der Patienten hatte topische Antiphlogistika erhalten.

Klinische Bewertung

Ausgewertet werden konnten 79 Patienten, für die alle Angaben in den standardisierten Dokumentationsbögen vollständig vorlagen. 74 Patienten wurden 3-mal in wöchentlichen Abständen mit HA behandelt, 5 Patienten wurden nur 2-mal behandelt, da eine ausreichende Besserung bzw. Beschwerdefreiheit bereits eingetreten war. Ein Patient brach die Behandlung ab. Insgesamt erfolgten 1392 Injektionen. Eine Begleittherapie erhielten 51 Patienten (63,75 % des Gesamtkollektivs) bei 61 Nennungen (da bei einigen Patienten mehrere Therapieformen angewendet wurden). Am häufigsten genannt wurden Krankengymnastik (mit segmentaler Stabilisierung) bei 47 Patienten (58,7 %) und physikalische Therapie bei 11 Patienten (13,75 %). Zwei Patienten wurde wegen geringem bzw. ausbleibendem therapeutischen Erfolg eine Wirbelsäulen-Operation empfohlen. Sie erhielten daher auch keine Begleittherapie. Lediglich 2 der Patienten erhielten systemische Antirheumatika/Antiphlogistika. Nach der jeweils letzten Injektion wurde anhand eines 6-stufigen Score-Systems (von 1–6 Punkten) das globale Wirksamkeitsurteil erhoben (Abb. 2). Nimmt man die Angaben „Beschwerdefreiheit“ und „deutliche Besserung“ zusammen, so erfuhren fast 90 % der Patienten ein sehr gutes Behandlungsergebnis.

Der individuelle Schmerzstatus wurde anhand der oben angegebenen Visuellen Analogskalen zu den genannten Zeitpunkten beurteilt. Wobei der Nachuntersuchungstermin nach Therapieende (T4) bei den meisten Patienten, nicht wie vorgesehen bei 12 Wochen, sondern zwischen 3–28 Wochen (Median 12 Wochen, Mittelwert 11,5 Wochen) lag.

Die Schmerz- und Beschwerdesymptomatik nahm während des 3-wöchigen Behandlungszyklus bei allen Kriterien kontinuierlich ab, beim Ruheschmerz von 5,8 auf 1,3 (s. Abb. 3); beim Anlaufschmerz von 7,8 auf 1,8; beim Bewegungsschmerz von 7,8 auf 1,8 Skalenpunkte (s. Abb. 4). Der Therapieerfolg hielt bei den meisten Patienten bemerkenswerterweise auch nach Abschluss der 3-wöchigen Behandlungsserie weiterhin an.

Die Erhöhung der Durchschnittswerte zum Zeitpunkt T4 gegenüber T3 ist dadurch erklärlich, dass bei 26 Patienten die Nachuntersuchungen erst 13 bis 28 Wochen nach der letzten Injektion erfolgten, also in einem Zeitraum, in dem erwartungsgemäß mit einem Nachlassen des therapeutischen Effekts zu rechnen ist. Die Behandlung mit Curavisc mini wurde generell sehr gut vertragen. Keiner der 80 Patienten gab während oder nach der Behandlung Beschwerden an, die in Zusammenhang mit den Injektionen stehen könnten.

Diskussion

Chronische oder chronisch-rezidivierende Lumbalgien können vielfältige Ursachen haben und von unterschiedlichen anatomischen Strukturen der Wirbelsäule ausgehen. Vor jedem Therapieversuch gilt es daher, eine genaue Diagnose zu stellen, wobei körperlicher Befund, Erfahrung des Therapeuten einerseits und apparative Diagnostik, insbesondere in Form bildgebender Verfahren zusammenzuführen sind. Viele Untersuchungen und Beurteilungen weisen dabei auf eine Kombination von Beschwerden der Facettengelenke mit Bandscheibenvorfällen hin und damit letztendlich auf eine Störung des gesamten Bewegungssegments und/oder einer Spinalkanalstenose.

Die Facettengelenke werden durch die oberen und unteren Gelenkfortsätze der benachbarten Wirbelkörper zusammengeschlossen. Sie sind echte synoviale Gelenke mit einer Gelenkfläche aus hyalinem Knorpel und einem Gelenkspalt, der von einer fibrösen Kapsel umgeben ist. Die Innervation der Facettengelenke erfolgt durch die medialen Äste der Rami dorsales der Spinalnerven. Hierbei wird jedes Facettengelenk aus 2 Segmenten innerviert. Die gebräuchlichste Definition des Facettensyndroms bezeichnet ein Schmerzbild, welches seinen Ursprung in den kleinen Wirbelgelenken hat und hier zu chronisch-rezidivierenden mechanischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule führt [2]. Durch die mit dem Alter zunehmende Bandscheibendegeneration kommt es zu einer erhöhten Belastung der Facettengelenke [3]. Arthrosen der lumbalen Facettengelenke sollen bereits bei 57 % der Erwachsenen unterhalb des 30. Lebensjahres vorkommen, in 82 % bei den 40– bis 49-Jährigen und zu 100 % bei den über 60-Jährigen. Die häufigste Lokalisation ist die Etage L 4/5. Männer sind häufiger betroffen als Frauen [4].

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4