Übersichtsarbeiten - OUP 10/2014
Die Behandlung der Facettengelenk- arthrose mit Hyaluronsäure
Zur Behandlung der Facettengelenkarthrose können verschiedene Verfahren verwendet werden. Im Frühstadium ist zunächst eine konservative Behandlung angezeigt, wofür sich verschiedene physikalische Maßnahmen anbieten, wie z.B. die Elektrotherapie, Wärmebehandlung, manuelle Therapie, krankengymnastische Übungen/Rückenschule bis hin zur Extension am Schlingentisch, ggf. unterstützt durch orale Analgetika- oder Antiphlogistikagabe. Zur Anwendung kommen auch transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) und Akupunktur [2]. Die weiteren therapeutischen Optionen bestehen in Facettengelenkinfiltrationen mit Lokalanästhetika und/oder Corticoiden sowie Hyaluronsäurepräparaten. Davon zu unterscheiden sind gewebezerstörende Maßnahmen wie die als perkutane Facettendenervation bezeichnete Thermo- und Kryodenervation, wobei das Gewebe koaguliert und damit die Schmerzleitung ausgeschaltet wird [5]. Der Erfolg einer perkutanen lumbalen Thermo-Facettendenervation bei Patienten mir einer Facettengelenkarthrose und chronischen LWS-Beschwerden bleibt im Wesentlichen jedoch auf die ersten 6 Monate postoperativ beschränkt [6]. In fortgeschrittenen Stadien und nach Ausschöpfung der konservativen Behandlungsmöglichkeiten kommen operative Verfahren zum Einsatz, wie die Rhizotomie, bei der multiple bilaterale lumbale Facettennerven durchtrennt werden, die Wirbelkörperfusion oder das Einbringen interspinöser Implantate [2].
Der Vorteil einer intraartikulären Injektionstherapie arthrotisch veränderter Facettengelenke mit Hyaluronsäure besteht darin, dass sie intervall- oder kurweise mehrfach angewendet werden kann und keinerlei Gewebeschädigung bewirkt. In zahlreichen Arthrosestudien (insbesondere bei Gonarthrose) zeigten Hyaluronsäure-Produkte einen positiven Einfluss auf die Beschwerdesymptomatik und die Gelenkfunktion, der in der Regel mindestens das Niveau von NSAR und Kortikoiden erreichte [7, 8, 9]. In der Regel wird Hyaluronsäure im wöchent lichen Abstand in einer Serie von 3–5 intraartikulären Injektionen appliziert. Bei 65–80 % der Patienten kommt es zu einer Schmerzreduktion, die über mehrere Monate anhält [10]. Neuere Studien zeigen auch einen „Disease modifiying“-Effekt [11]. Während die Behandlung der Gonarthrose mit Hyaluronsäure-Präparaten weit verbreitet und gut belegt ist, gibt es zur Behandlung sog. kleiner Gelenke nur wenige Berichte. Vor einigen Jahren wurden die Ergebnisse einer Untersuchung zur Behandlung des Daumensattelgelenks mit einem HA-Präparat publiziert [12], in der eine Besserung der Arthrosesymptome und -zeichen erzielt werden konnte, wobei der Nachuntersuchungszeitraum jedoch nur 3 Monate betrug. Eine jüngst publizierte Studie mit dem auch in der hier berichteten Studie verwendeten HA-Produkt kam zu vergleichbar guten und anhaltenden Ergebnissen, wobei der Nachuntersuchungszeitraum und damit der dokumentierte therapeutische Effekt nunmehr 6 Monate betrug [13].
In der Literatur gibt es jedoch kaum Publikationen zur Behandlung des Facettensyndroms mit HA-Präparaten. DePalma und Mitarbeiter berichten über eine kleine offene Pilotstudie mit 15 Patienten, die im Abstand von 10 Tagen
2 – und wenn der Effekt noch nicht zufriedenstellend war – eine 3. Facettengelenkinfiltration mit einem HA-Präparat erhielten. Erfolgskriterien waren u.a. Schmerzen bei Stehen und Laufen, bestimmt mit Visuellen Analogskalen, der Oswestry-Score, Analgetikaverbrauch, allgemeine Patientenzufriedenheit, gemessen nach 1, 3, 6 und 12 Monaten. Bei allen Kriterien zeigten sich (unterschiedlich ausgeprägte) Verbesserungen, insbesondere beim Analgetikaverbrauch, der vom Ausgangswert mit 80 % signifikant auf 33 % nach 6 Monaten abnahm. Die Befundbesserungen hielten überwiegend bis zu 6 Monaten an [14].
Fuchs et al. publizierten eine doppelblinde, randomisierte Vergleichsstudie, in der jeweils 30 Patienten mit chronischen nichtradikulären Prozessen an den Facettengelenken der LWS eine intraartikuläre Facettengelenkinfiltration entweder mit 10 mg Hyaluronsäure oder 10 mg Triamcinolonacetonid erhielten. In wöchentlichen Abständen erfolgten 3 Infiltrationen, anschließend Kontrolluntersuchungen 7–10, 90 und 180 Tage nach der letzten Infiltration. Dabei wurden die Schmerzintensität sowie Wiedergewinnung alltäglicher Tätigkeiten, die Befindlichkeit und die Leistungsfähigkeit in Beruf oder Sport geprüft. Das Gesamtergebnis zeigte eine vergleichbare Verbesserung aller Ausgangsdaten. Dabei erreichten Corticosteroide einen etwas schnelleren Wirkeintritt, allerdings hielt die Wirkung der Hyaluronsäure länger an, und das HA-Präparat ist nicht durch mögliche Begleit- und Wechselwirkungen oder die nicht zu unterschätzende „Corticoid-Phobie“ belastet [15].
Diese Studie bestätigte die klinische Erfahrung, dass im Gegensatz zu einer Behandlung mit Steroid-Präparaten, die zwar schnell wirken, deren Wirkung aber nicht so lange anhält, Hyaluronsäure zu einer Schmerzreduktion für mehrere Monate führen kann. Wobei eine HA-Behandlung offensichtlich anfangs schwächer wirken kann und 3–5 wöchentliche Injektionen voraussetzt [16 ]. Allerdings sollte die Anzahl der intraartikulären Corticoid-Injektionen auf 4 pro Jahr beschränkt werden, da Steroide neben ihrer antiphlogistischen Wirkung auch einen negativen Einfluss auf den Proteoglykanstoffwechsel haben können [17]. Zu beachten ist auch, dass nicht nur eine langfristige Gabe von Triamcinolonacetonid, sondern möglicherweise auch eine einmalige Injektion eine klinisch-manifeste sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz auslösen kann [18].
Resümee
Die Hyaluronsäure-Behandlung mit dem Präparat Curavisc mini wurde von allen Patienten sehr gut vertragen und erwies sich in fast 90 % der Fälle als sehr gut wirksam, insbesondere, wenn die degenerativen Beschwerden noch nicht sehr stark ausgeprägt waren – somit bei Patienten, welche die klassische Zielgruppe für eine Viskosupplementation mit Hyaluronsäure-Präparaten darstellen. Die Schmerz- und Beschwerdesymptomatik nahm während des 3-wöchigen Behandlungszyklus kontinuierlich ab. Besonders bemerkenswert ist jedoch, dass nicht nur während dieser Zeit bei den meisten Studienteilnehmern ein Behandlungserfolg erzielt werden konnte, sondern dass die Besserung bei vielen Patienten nach Therapieende noch anhielt – und im weiteren Verlauf während des Nachbeobachtungszeitraums sogar noch zunahm.