Übersichtsarbeiten - OUP 02/2023
Die chronische Syndesmosenverletzung
Welches Verfahren zu favorisieren ist, wird kontrovers diskutiert. Nachfolgend sollen die am weitest verbreiteten Techniken sowie erzielbare Ergebnisse zusammengefasst werden.
Schrauben-Fixation
Am häufigsten erfolgt dieses Stabilisierungsprinzip im Rahmen der akuten Frakturbehandlung von Weber B- und C-Verletzungen mit ca. 40–80 % [12, 13]. Hierbei wird die Stellschraube von lateral über die Fibula in die Tibia verschraubt mit korrekter Reposition der Fibula in der Inzisur. Bei korrekter Durchführung wird die Schraube parallel zur Gelenkfläche des Tibiotalar-Gelenks, etwa 2 cm proximal und in 25° Angulation nach ventral platziert eingeführt [14]. Die Syndesmose muss reponiert zusammengehalten werden, wobei sich insbesondere Repositionszangen hierzu gut eignen. Das OSG sollte in leichter Dorsalflexion gehalten werden, da hierbei die Sprunggelenksgabel etwas weiter wird auf Grund der anatomischen Formgebung des Talus. Letzterer ist ventral breiter als in den dorsalen Talusdom-Abschnitten. Ansonsten kann hierbei die OSG-Extension verhindert werden und im Extremfall mit zusätzlichen erheblichen Schmerzen einhergehen. Die Stabilisierung sollte unter Bildverstärker-Kontrolle erfolgen, so dass man einen Rotationstest durchführen kann, um eine sekundäre technisch bedingte Diastase zu verhindern [14]. Die Schrauben können 16 Wochen nach der Operation entfernt werden.
Hinsichtlich der Schraubenwahl gibt es keinen Goldstandard. Am häufigsten werden 3,5 oder 4,5 mm kortikale Schrauben verwendet [15]. Eine Umfrage unter Mitgliedern der AO (Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen) und der American Orthopaedic Foot and Ankle Society (AOFAS) zeigte, dass in etwas über 50 % der Fälle 3,5 mm Corticalis-Schrauben verwendet wurden und in der anderen Hälfte entweder 4,5 mm Corticalis-Schrauben oder eine Faden-basierte Fixation. Sowohl 3,5 als auch 4,5 mm Schrauben zeigten ähnliche biomechanische Stabilitätskriterien. Es zeigte sich kein Vorteil der 4,5 mm gegenüber der 3,5 mm kortikalen Schrauben zur Fixierung der Syndesmose [17]. Es wurde eine höhere biomechanische Stabilität für 2 Schrauben nachgewiesen.
Die Gesamt-Erfolgsrate der Schraubenfixation im Zusammenhang mit chronischen Syndesmosenläsionen lag bei ca. 88 %. Zu dieser Technik konnten 12 Studien mit verhältnismäßig geringer Patientenzahl identifiziert werden. Eine besondere Versorgungsstrategie erfolgte in Hybrid-Technik mit Schraube und Suture-Button-System [18, 19].
Die Stell-Schrauben-Fixierung ist am weitesten verbreitet. Diese wurde in Kombination mit Arthroskopie und zusätzlicher Band-Rekonstruktion kombiniert in 8 von 11 Studien. Es kamen die autologe Grazilis, Semitendinosus- und Peroneus longus-Sehne zur Anwendung. Die Ergebnisse zeigten klinisch eine deutliche Verbesserung zur präoperativen Situation [20, 21].
Diese Studien beinhalten zwar im Grundsatz eine verhältnismäßig ähnliche Technik, dennoch ist das Patientenkollektiv sehr heterogen, mit geringen Fallzahlen. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass auch für das arthroskopisch assistierte Debridement mit Stell-Schraubenosteosynthese ohne zusätzliche anatomische Bandplastik in 20 Fällen mit einem Beobachtungszeitraum von 22 Monaten gute Ergebnisse erzielt wurden [20, 21].
Suture-Button-Technik
Die Stell-Schrauben-Osteosynthese (SSO) war lange Zeit die Standardmethode für Syndesmosenläsionen. Mittlerweile gibt es gute Alternativen. Eine dieser Alternativen ist die Suture-Button (SB)-Technik. Diese besteht aus 2 Metallknöpfen, welche mit nichtresorbierbaren stabilen Fadenmaterialien (FiberWire®) verbunden werden. Mittlerweile besteht die Möglichkeit, letztere mit einem TightRope® Faden zu verbinden, so dass hier nicht geknotet werden muss, da dieses Faden-Schlingen-Prinzip sich stufenlos zusammenziehen lässt.
Biomechanische Studien zeigten eine vergleichbare Stabilität zur Stell-Schrauben-Osteosynthese, wenn mindestens 2 SB genutzt werden. Inwieweit die singuläre SB-Fixierung für ausreichende sagittale Stabilität bei Rotationsbelastungen sorgen kann, konnte biomechanisch nicht abschließend geklärt werden. Im direkten Vergleich der SB-Technik zur SSO wurde nachgewiesen, dass die SB-Technik zur Überkompression der Sprunggelenksgabel neigt [22]. Diese Effekte korrelierten nicht mit Bewegungseinschränkungen, aber im praktischen Umgang mit dieser Technik sollte man das zu starke Anziehen vermeiden. Eine biomechanische Studie zur Prüfung der axialen Stabilität wurde unseres Wissens nicht realisiert.
Die Vorteile der SB gegenüber der SSO ist ein geringeres Risiko für Implantat bedingte Beschwerden oder Schraubenbruch sowie damit verbundene Folgeeingriffe. Die volle Sprunggelenksaktivität kann zügiger erfolgen. Ein Nachteil sind die höheren Kosten.
Die klinische Studienlage zur SB-Technik im Zusammenhang mit chronischen Syndesmoseninstabilitäten ist sehr gering. Einzelne Fallberichte liegen vor, allerdings bisher noch keine Analyse eines Patientenkollektivs von mehr als 10 Fällen. Im eigenen Vorgehen konnten gute Erfahrungen gesammelt werden.
Wir empfehlen, wie die Mehrheit der aktuellen Studien, immer eine Arthroskopie zum Staging sowie zum Debridement, um anschließend eine anatomische Band-Rekonstruktion durchzuführen, die zusätzlich mit einer SB-Technik stabilisiert wird, wobei wir den TightRope® auf Grund der Handhabung bevorzugen. Als Transplantat können neben autogenen auch allogen Sehnen genutzt werden.
Im vorliegenden Fallbeispiel wurde bei einer Frank-Diastase (Abb. 1) eine Arthroskopie des OSG und des fibulo-talaren Gelenks durchgeführt. Das OSG zeigte einen überraschend guten Knorpelbinnenstatus ohne höhergradige Knorpelschäden. Daraufhin wurde nach Ausräumung der Syndesmose (Abb. 2A–C) letztere knöchern angefrischt, wobei an der ursprünglichen ventralen und dorsalen tibialen Syndesmoseninsertion jeweils ein Bohrkanal platziert wurde. Das Sehnen-Transplantat (hier Allograft) wurde um die Fibula geführt (unterhalb der Peroneal-Sehnen-Loge). Zuerst erfolgte die dorsale Interverenz-Schrauben-Fixierierung (BioComosite FastThread), um die Fibula unter Nutzung des TightRope®-Systems in der Inzisur zu reponieren. Zusätzlich erfolgte die Revision des Innenbandes mit Refixation (Abb. 3). Wenn kein intraoperativer 3D-Bildverstärker zur Verfügung steht, ist Erfahrung erforderlich, wobei wir für eine optimale Planung idealerweise eine präoperative CT von beiden Sprunggelenken empfehlen, um die „Normal“-Anatomie der Gegenseite auf Grund der inter-individuellen Abweichungen so gut wie möglich zu erreichen. Abbildung 4 zeigt die postoperative konventionelle Kontrolle 1 Jahr nach Rekonstruktion.