Übersichtsarbeiten - OUP 05/2014

Die distale Radiusfraktur – ein Update der Behandlungsmethoden

Die intraartikulären und metaphysären C-Frakturen unterscheiden sich in C1 (einfache Gelenk- und metaphysären Fraktur), C2 (einfache Gelenk- und metaphysäre Mehrfragmentfraktur) und C3 (Mehrfragmentfraktur des Gelenks) (Abb. 7).

Entscheidend zur Therapieplanung ist auch, ob es sich um eine stabile oder instabile Fraktur handelt. Poigenfürst hat entsprechende Instabilitätskriterien benannt, die aus der Tabelle 1 zu entnehmen sind. Beim Auftreten von mind. 2 Kriterien handelt es sich um eine instabile Fraktur [3, 5, 10, 13].

Sämtliche Einteilungsformen sind aber als unzureichend anzusehen, da sie nicht immer die Behandlungsstrategie vorgeben. Mit zu berücksichtigen sind die Begleitverletzungen, das Alter des Patienten, Osteoporosegrad, Gebrauchsfähigkeit und Anforderung an die Hand durch Beruf und Freizeit. Somit ist jede Fraktur als einzigartig anzusehen, dies muss im Rahmen der Frakturversorgung berücksichtigt werden.

Konservative
Frakturbehandlung

Viele Frakturen lassen sich relativ einfach unter Zug und Gegenzug und durch direkte Manipulation reponieren. Das Problem stellt dann allerdings die Retention dar. Während sich eine instabile Fraktur mit dem Gips nicht retinieren lässt und somit eine OP-Indikation darstellt, lassen sich stabile Frakturen mit einem Gips oft sicher behandeln.

Eine dorsale gut modellierte Gipslonguette mit einer Dreipunkteabstützung ist vielfach ausreichend. Engmaschige Röntgenkontrollen lassen eine eventuelle Redislokation erkennen, um gegebenenfalls eine Operation durchzuführen. Eine erneute und eine zu brüske Reposition sind schon allein wegen der Sudeckprophylaxe zu vermeiden. Bei der Gipsbehandlung ist dringend darauf zu achten, dass die Finger in ihren Grundgelenken frei beweglich sind und der volle Faustschluss möglich ist. Der Patient muss auch aufgefordert werden, mehrmals am Tage den Faustschluss durchzuführen. Eine Tragedauer von 4 Wochen ist bei einem gesunden Knochen ausreichend, bei einer Osteoporose sind 6 Wochen angezeigt. Es sollten Zwangshaltungen wie die verstärkte Ulnaduktion oder die verstärkte Flexion im Gips vermieden werden.

Es bleibt die Frage offen, welche Fehlstellung einer Radiusfraktur noch tolerabel ist. In der Literatur gibt es diesbezüglich unterschiedliche Angaben [14, 15, 18, 19]. Eine dorsale Abkippung bis zu 20°, eine radiale Inklination bis 10°, eine Verkürzung bis zu 5 mm und eine Gelenkstufe bis zu 1 mm sind unserer Meinung nach noch akzeptabel.

Operative
Frakturbehandlung

Die Indikation zur Operation kann relativ einfach gestellt werden. Ist eine Radiusfraktur disloziert, überschreitet die oben angegebenen Toleranzbereiche und/oder ist gleichzeitig instabil, so sollte sie einer operativen Versorgung zugeführt werden. Handelt es sich um eine stabile Fraktur, reicht eine Gipsruhigstellung nach der Reposition auch bei einer primären Dislokation aus, dies sollte dann aber immer im Intervall radiologisch kontrolliert und überwacht werden.

Auch wenn die kostenintensive palmare winkelstabile Plattenosteosynthese in der heutigen Zeit das Implantat der Wahl ist, so haben auch die anderen Operationsverfahren durchaus noch ihre Berechtigung. Die einzelnen Verfahren sollen kurz beschrieben und ihre Indikation anhand der AO-Einteilung aufgezeigt werden.

Kirschner-Draht

Die Kirschner-Drahtung kann nach Willenegger oder nach Kapandji erfolgen (Abb. 8). Beim Letzteren werden 2 intrafokale Drähte wie abgebildet eingebracht, und ein Kirschner-Draht durch den Proc. styloideus radii, der in der Gegenkorticalis als Antirotations- und zusätzlicher Stabilisierungsdraht gebohrt wird.

Diese Drähte sollten für 6–8 Wochen belassen werden, wobei gleichzeitig eine Gipsruhigstellung für 2–4 Wochen unserer Meinung nach zu empfehlen ist, obwohl die Erstautoren keine Gipsruhigstellung durchführten und diese Versorgung als übungsstabil ansahen [9].

Die Indikationen sehen wir vor allem bei A2-Frakturen, die keine dorsale Trümmerzone aufweisen. Auch als Komplementärosteosynthese, z.B. beim Fixateur, hat der Kirchnerdraht nach wie vor seine Berechtigung. Es handelt sich dabei um ein kostengünstiges Verfahren mit dem Nachteil einer Metallentfernung und einer notwendigen Gipsruhigstellung, die aber bei anderen Verfahren teilweise auch nötig sind.

Schraubenosteosynthese

Die alleinige Schraubenosteosynthese ist vor allem bei den B1-Frakturen indiziert und stellt ebenfalls ein wirtschaftliches Verfahren dar. Auch wird dieses Verfahren oft als Ergänzung einer anderen Osteosynthese genutzt.

Plattenosteosynthese

Bei der Plattenversorgung konkurrieren die modernen winkelstabilen Plattensysteme mit den konventionellen Platten. Zudem spielt der operative Zugang eine entscheidende Rolle und man muss sich zwischen dorsal und palmar entscheiden. Der palmare Zugang setzt sich immer mehr durch, da er wesentliche Vorteile aufweist, z.B. eine gute Weichteildeckung mit geringer Sehnenirritation und ein geringes operatives Trauma. Auch hat die winkelstabile Platte ein breites Indikationsspektrum.

Aber nicht jede Fraktur benötigt eine winkelstabile Versorgung. Während die A3- und die C2-Frakturen eine Domäne der winkelstabilen Platten darstellen, reicht bei einer Smith-Fraktur (AO: B3) eine konventionelle Abstützplatte. Sollte auch bei einer A2-Fraktur eine OP-Indikation bestehen, reicht eine konventionelle palmare Platte aus (Abb. 9–13).

Um die Vorteile der palmaren winkelstabilen Plattenosteosynthese auch umfassend zu nutzen, sind einige Punkte streng zu beachten, um mögliche Komplikationen zu vermeiden. Der korrekte Zugang nach Henry [10] radial der FCR-Sehne ist entscheidend, um den N. medianus und auch den Ramus palmaris nervus medianus zu schützen. Die Plattenlage darf die sog. Watershedline nicht überragen. Damit ist der höchste Punkt am distalen palmaren Radius gemeint (Abb. 14).

Somit wird einer Ruptur insbesondere der langen Daumenbeugesehne vorgebeugt. Die winkelstabilen Schrauben sollten stets 2 mm kürzer gewählt werden, damit die scharfen Kanten der selbstschneidenen Schrauben nicht dorsal überstehen und somit zur Verletzung der Strecksehnen führen. Der distale T-Schenkel der Platte sollte zweireihig mit Schrauben zu besetzen sein. Diese sollten auch multidirektional einzubringen sein.

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