Übersichtsarbeiten - OUP 01/2018

Elastografie an Sehnen, Muskeln, Faszien
Nur „bunte Bilder“ oder eine aussagekräftige Untersuchung?Just „colorful pictures“ or serious examination?

Wesentlich zuverlässiger ist die Auswertung einer Strain-Ratio (SR) während einer Video-Schleife – der Strain-Histogramm-Analyse (SH – wie in Abb. 1b gezeigt).

Voraussetzung für alle Verfahren ist eine sorgfältige Justierung des Geräts mit einem System-Techniker. Meistens ist die Software von Herstellerseite für Schilddrüse oder Mamma ausgelegt und nicht ohne Korrektur der Parameter auf Muskeln und Sehnen übertragbar [6, 19].

Praktische Anwendung

Achillessehne

Für die Achillessehne (AS) liegen die meisten Publikationen vor. Deutliche Veränderungen der Elastizität sind mit der klinischen Untersuchung und der Ultraschalldiagnose korrelierbar. Nach meinen Erfahrungen sind auch diskrete Veränderungen der Sehne bei Verwendung von Sonden mit hoher Auflösung feststellbar. Nach den EFSUMB-Guidelines (EFSUMB: European Federation of Societies for Ultrasound Medicin and biology) wird die Elastografie als zusätzliche Untersuchung zum konventionellen Ultraschall empfohlen, um die Zuverlässigkeit in der Diagnose der Achilles-Tendopathie zu erhöhen. Auch wenn im B-Mode noch keine wesentlichen Veränderungen zu finden sind, können mit der Elastografie durch die höhere Sensitivität pathologische Prozesse gefunden werden. Allerdings ist die aktuell verfügbare Literatur zu diesem Thema noch relativ spärlich, insbesondere bezüglich der Shear-wave-Elastografie.

Nach den Empfehlungen der EFSUMB für die Strain-Elastografie soll das ROI-Fenster mindestens das Dreifache der Sehnengröße umfassen und möglichst standardisiert sein. Die Sonde sollte wie beim B-Bild senkrecht auf der Sehne stehen, um Anisotropie zu vermeiden. Optimal ist die Auswertung des besten Elastogramms aus 3 Zyklen.

Die erhaltenen numerischen Werte entsprechen im Falle der Strain-Elastografie mit Histogramm dem Verhältnis des gemessenen Gewebes zum Durchschnitt der Steifigkeit im gesamten Untersuchungsfenster.

Artefakte können bei Verschiebung des Schallkopfs während der Untersuchung entstehen – ferner auch im Randbereich des Schallkopfs. Abhilfe kann hier eine Untersuchung in 3 Segmenten mit Überlappung der Ausweitungs-Fenster schaffen.

Wertvoll erscheint die Elastografie auch bezüglich der Verlaufsbeurteilung einer Therapie bei schwerer Achillodynie mit partiellen Läsionen/Sehnennekrosen (Abb. 2a). Hier hilft insbesondere der Seitenvergleich oder der Vergleich mit im B-Bild unauffälligen Arealen weiter, um die Belastungsfähigkeit der Sehne abzuschätzen. Neben den mehrfachen Kompressionszyklen erscheint hier auch die Darstellung der Sehne im Querschnitt wichtig (Abb. 2b).

Die Literatur zur Verlaufsaburteilung und klinischen Relevanz der Befunde fehlt weitgehend – hier besteht weiterer Bedarf an Studien, auch bezüglich der Shear-wave-Elastografie [7, 17].

Als Beispiel sei hier die Vorlaufkontrolle der AS einer Patientin mit therapieresistenter Achilles-Tendopathie im Rahmen einer generellen Enthesiopathie vor und nach Behandlung mit PRP-Injektionen und Ruhigstellung im AS-Stiefel gezeigt (Abb. 2c).

Patellarsehne

Die Sehne sollte in 30° Beugung untersucht werden. Der Normalbefund zeigt im Gegensatz zur Achillessehne vorwiegend elastische Strukturen. Asymptomatische SportlerInnen tendieren zu höherer Steifigkeit der Sehne [16, 20]. Bei diesen Studien wurde die Elastizität jedoch über einen visuellen Score beurteilt – nicht als SR oder SH. Bei Verwendung der Shear-wave-Technik fand sich jedoch eine eindeutige Korrelation der Messwerte mit der Testung des isolierten Präparats im mechanischen Prüfstand [24] und eine Reproduzierbarkeit bei In-vivo-Messungen bei Probanden. Nach Closed-wedge-Osteotomie oder partieller Entnahme der Patellarsehne bei VKB-Plastik finden sich kontraktere und steifere Patellarsehnen [1, 5]. Gefördert wird der Effekt durch Rauchen. Patellarsehnen-Syndrome bei Sportlern lassen sich durch Verdickung der Sehne und weichere Elastografie-Werte im US darstellen. Es besteht eine Korrelation mit schmerzhaften Sehnen und auffälliger Elastografie, nicht aber mit B-Bild Veränderungen [18] (Abb. 3a–b).

Schulter

Diverse Studien, sowohl in vivo als auch in vitro bestätigen die Aussagekraft sowohl für die Strain- als auch Shear-wave-Elastografie an der Rotatorenmanschette und der Schultermuskulatur [10, 12, 15, 22]. Dabei ist die Aussagefähigkeit und Zuverlässigkeit bei Untersuchungen der oberflächlich gelegenen Supraspinatus-Sehne besser als in tieferen Regionen. Beurteilbar ist auch der M. Supraspinatus im einsehbaren Bereich in der Fossa supraspinata.

In einer experimentellen Studie an Präparaten konnte die quantitative Beurteilbarkeit der mechanischen Eigenschaften des Deltamuskels gezeigt werden [9]. Auch am Schultergelenk stehen weitere Studien aus, welche die gefundenen Ergebnisse in Korrelation zu pathologischen Prozessen setzen und zu therapeutischen Konsequenzen führen.

Ellenbogen

Sowohl ST als auch SW liefern additive Informationen zur B-Bild und Power-Doppler-Sonografie z.B. bei Epicondylitis. Es fand sich eine pathologisch niedrige Sehnen-Elastizität in mehr als 2/3 der Patienten mit normalem B-Bild und PW-Doppler. Die Sensitivität zum Nachweis pathologischer Veränderungen bei Tendopathien lässt sich so steigern [8] (Abb.4).

Muskulatur und Faszien

Die EL zeigt eine enge Übereinstimmung mit Ultraschall und MRI bei Muskelerkrankungen und Verletzungen. Bei der Feststellung früher dystrophischer Veränderungen erscheint sie vielfach sensitiver als Ultraschall im Bild oder MRI [19].

Schon seit mehreren Jahren wird die EL zur Verifikation von chronischen Myalgien und „Triggerpunkten“ in der Schmerztherapie eingesetzt. Einige Publikationen scheinen nun den theoretischen Unterbau für diese Anwendung zu liefern: Stecco konnte die pathologischen Veränderungen bei faszialer Dysfunktion mit US im B-Bild nachweisen [23]. Sie fand Verdichtungen und Fibrosierungen bei myofaszialem Schmerz. Weitere Publikationen zeigten die Korrelation der Verdichtung der Faszien mit den begleitenden elastografischen Befunden vor und nach manueller Therapie von „Triggerpunkten“ [14]. Aktuelle Studien [3, 4] weisen mit Elastografie darstellbare strukturelle Veränderungen bei chronischem „unspezifischen“ Rückenschmerz und neurogenen Entzündungsreaktionen an Triggerpunkten nach. In Anbetracht der Relevanz dieser Erkrankung mit häufig therapieresistentem Verlauf eröffnen sich hier möglicherweise neue Dimensionen in der Diagnostik und Therapie myofaszialer Schmerzen.

Weichteil-Tumore

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