Übersichtsarbeiten - OUP 03/2014

Ergebnisse nach operativer Therapie der ansatznahen Enthesiopathie der Achillessehne

Über eine zentrale dorsale longitudinale Inzision über der distalen Achillessehne erfolgte der Zugang. Nach Eröffnung des Peritendineums wurde die Achillessehne im Bereich der Insertion longitudinal gespalten und die ansatznahe Verkalkung schrittweise durch Desinsertion des dorsalen Ansatzes dargestellt. Dabei wurde ganz besonders auf die Schonung der medialen und lateralen Achillessehnenzügel geachtet, welche mit Hohmann-Hebeln geschützt wurden. Nach Darstellung der Verkalkung wurde diese mit dem Meißel sowie dem Luer vollständig abgetragen. Gleichzeitig erfolgte die Bursektomie der retroachillären Bursitis sowie der Resektion des proximalen Fersenbeinhöckers (Haglund Exostose). Anschließend erfolgte die Refixation mittels transossärer Naht oder mit einem 5-mm-Titananker mit 2 nicht resorbierbaren Fäden, welche in den dorsalen Anteil des Kalkcaneus nach Vorbohren mit einem Pfriem eingebracht wurden. Die Sehnenrefixation erfolgte durch eine Durchflechtungsnaht.

Bei 40 von 47 Operationen wurde die Achillessehne mit einem 5-mm-Titanfadenanker (Smith&Nephew) am Ansatz refixiert, in 7 Fällen erfolgte eine transossäre Refixation (Abb. 3–7).

Nachbehandlung

Alle Patienten erhielten postoperativ eine Achillessehnenorthese in Neutralstellung (Aircast Achilles Pneumatic Walker, ORMED DJO) für 6 Wochen. Nach initialer Teilbelastung bis zur Wundheilung über einen Zeitraum von 2 Wochen, erfolgte ein Belastungsaufbau bis zur Unterarm-Gehstützen-freien Mobilisation. Nach der sechsten Woche schloss sich eine Vollbelastung im konventionellen Straßenschuh an.

Ergebnisse

Der AOFAS Score zeigte zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung einen Mittelwert von 88,9 Punkten (69–100). 35 von 43 Patienten demonstrierten gute bis sehr gute Ergebnisse mit klinisch voller Belastbarkeit und unauffälligem Gangbild bei einem AOFAS Score von 77 bis 100 erreichbaren Punkten. Bei dem Patienten mit dem schlechtesten AOFAS Score (54 Punkte) betrug der Zeitraum zwischen Operationszeitpunkt und Tag der Nachuntersuchung nur 6 Monate.

In den einzelnen Teilbereichen konnte für Schmerz ein durchschnittlicher Score von 30,56 (10–40 Punkte, Maximalwert 40) ermittelt werden. Für den Teilbereich Funktion betrug der durchschnittliche Score 8,4 von maximal 10 Punkten (4–10 Punkte). Bei der Evaluation der Gehstrecke konnte ein Durchschnittswert von 4,8 (4–5 Punkte) von möglichen 5 Punkten ermittelt werden. In Bezug auf das Gangbild sowie die Beweglichkeit gaben 8 Patienten eine Einschränkung ein (Gehfehler 7,58 von 8, Range of Motion Extension/Flexion 7,76 von maximal 8 Punkten). Eine eingeschränkte Pro-/Suppination war bei keinem Patienten zu verzeichnen. Rupturen der Achillessehnen traten bei keinem Patienten postoperativ auf.

An Komplikationen wurden 2 Wundinfekte mit der Notwendigkeit einer operativen Revision und 2 Unterschenkelvenenthrombosen im Rahmen der postoperativen Mobilisation im Aircast-Walker dokumentiert.

Von den in die Nachuntersuchung eingeschlossenen Patienten waren 70 % der Patienten zum Zeitpunkt der Operation berufstätig und zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung beruflich reintegriert. Die Arbeitsunfähigkeit betrug im Mittel 10,5 Wochen (6–24 Wochen).

38 von 43 Patienten antworteten mit „ja“ auf die Frage, ob sie sich vor dem Hintergrund der Erfahrungen erneut operieren lassen würden (Abb. 8).

Diskussion

Die Ursache der kalzifizierenden Enthesiopathie der Achillessehne ist bisher noch nicht eindeutig geklärt. Maffulli [18] konnte in einer Kadaverstudie zeigen, dass bei Patienten mit einer kalzifizierenden Insertionstendinopathie die Tenozyten eine chondrale Metaplasie aufweisen und im Vergleich zu normalen Vergleichsgeweben eine abnorme Rate von Kollagen Typ 2 und 3 produzieren. Shim [19] konnte im Rahmen einer In-vitro-Studie an Ratten zeigen, dass eine kurzfristige zyklische Belastung von Sehnengewebe durch hydrostatischen Druck zu einer vermehrten Genexpression für Kollagen 2 und einer Downregulation für Kollagen Typ 1 führt. Der Autor schloss daraus, dass eine zyklische hydrostatische Druckbelastung von Sehnengewebe eine fibrokartilaginäre Metaplasie der Tenozyten durch veränderte Genexpression bewirken kann.

Lyman et al. [20] konnten in einer Kadaverstudie zeigen, dass die Spannung an der Achillessehneninsertion während der Bewegung von der Plantarflexion in die Dorsalflexion unter Belastung zu einer signifikanten Spannungszunahme der dorsalen Sehnenanteile führt, wohingegen die ventralen Sehnenanteile einen Spannungsabfall verzeichneten. Die Autoren erkannten in ihren Ergebnissen ein relatives „stress shielding“ der ventralen Achillessehnenanteile, obwohl diese hauptsächlich an der Insertionstendinopathie beteiligt sind. Hieraus schlossen sie, dass die Kausalität zwischen repetitiver Belastung der Achillessehne und der Entstehung einer Insertionstendinopathie erheblich komplexer zu sein scheint, als bisher angenommen.

Die Tastsache, dass eine kalzifizierende Insertionstendinopathie der Achillessehne nicht nur bei Laufsportlern auftritt, sondern auch bei Personen, bei denen keine repetitiven Dauerbelastungen der Achillessehne vorliegen, unterstreicht die vermutlich multifaktorielle Genese.

Im Hinblick auf Therapie bezüglich der Insertionstendinopathie existieren derzeit keine Empfehlungen, da verlässliche klinische oder experimentelle Studien fehlen [21].

Bei chronischen Beschwerden der Achillessehne wird zunächst ein konservativer Behandlungsversuch über einen Zeitraum von 6 Monaten empfohlen, wobei in der Literatur nicht zwischen einzelnen Entitäten der Achillessehnentendinopathie unterschieden wird [4, 22, 23].

Im Hinblick auf eine operative Therapie ist eine klare Differenzierung der klinischen Beschwerden in Korrelation mit der bildgebenden Diagnostik essenziell, um einen Behandlungserfolg erzielen zu können. Die Differenzierung der ansatznahen von der ansatzfernen Tendinopathie fällt in der akuten Phase hierbei häufig nicht schwer, da die klinischen Befunde bei der ansatzfernen Form mit deutlicher Sehnenverdickung und lokalem Druckschmerz deutlich zu Tage treten [22]. Mitunter sind auch neben der Verdickung Krepitationen über der gleitenden Sehne tastbar [3, 24].

Die Differenzierung zwischen der retroachillären Bursitis in Verbindung mit einer Haglund-Exostose und der kalzifizierenden Insertionstendinopathie kann zuweilen schwierig sein. Während die Beschwerden bei der Haglund-Exostose eher an der dorsalen oberen Kante des Fersenbeines sowie retroachillär lokalisiert sind, lässt sich bei der Ansatztendinopathie der Hauptschmerz vorwiegend über dem distalen Drittel des dorsalen Kalkaneus im Bereich der Tuberositas auslösen. Im Zweifel können Testinfiltrationen mit Lokalanästhetika eine klare Differenzierung erzielen.

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