Übersichtsarbeiten - OUP 03/2014

Ergebnisse nach operativer Therapie der ansatznahen Enthesiopathie der Achillessehne

Die operative Therapie der retroachillären Bursitis in Verbindung mit einer Haglund-Exostose wird seit einigen Jahren endoskopisch minimalinvasiv realisiert. Van Dijk [17] beschrieb erstmalig 2001 die Technik der endoskopischen Kalkenoplastie an 20 Patienten. In der retrospektiven Studie mit einem Follow up von 3,9 Jahren, beschrieb der Autor gute bis exzellente Ergebnisse bei 19 von 20 Patienten. Bei eigenen Untersuchungen [16] erzielten wir bei einem Patientenkollektiv von 81 Patienten bei einem durchschnittlichen Nachuntersuchungszeitpunkt von 35 Monaten ähnliche Ergebnisse. In beiden Studien wurde die im Vergleich zu offenen Verfahren bestehende Komplikationsarmut der dargestellten Technik beschrieben. Ferner führt die endoskopische im Vergleich zur offenen Technik zu einer Verkürzung der Eingriffszeit bei gleichzeitig verbesserter Beurteilbarkeit der bestehenden pathologischen Veränderungen.

Im Gegensatz zur Haglund-Exostose ist die kalzifizierende Enthesiopathie der Achillessehne endoskopisch nicht zu therapieren, da die Kalzifikation in der Regel am distalen Ansatz der Achillessehne beginnt und sich über die Tuberositas des Fersenbeins in die distale Achillessehne erstreckt. Um einen möglichst vollständigen Überblick über die bestehende Pathologie zu erhalten, wird vom Autor der vorliegenden Studie die zentrale, longitudinale Inzision der Achillessehne mit Desinsertion des Ansatzes bevorzugt. Da die das Fersenbein medial und lateral umfassenden Achillessehnenfasern [25] von der Pathologie nicht betroffen sind, ist eine Ablösung dieser Zügel nicht notwendig und zum Erhalt der Stabilität der Insertion nicht gewünscht, sodass während der Präparation insbesondere auf die Integrität dieser Zügel geachtet wird. Durch die Schonung dieser Fasern sowie der zusätzlichen transossären Reinsertion der Achillessehne mit einem Titananker, kann eine hohe primäre Stabilität erreicht werden, sodass die Nachbehandlung in der Orthese in Neutralstellung angeschlossen werden kann und somit eine spezielle Therapie zur Verhinderung einer sekundären Sehnenverkürzung entfällt.

Anderson et al. [26] verglichen einen offenen, transachillären mit einem seitlichen, paraachillären Zugang zur Resektion einer retroachillären Bursitis bei Haglund-Exostose. In der retrospektiven Betrachtung von 30 Patienten mit transachillärem und 32 Patienten mit lateralem Zugang zeigte sich im Follow up nach durchschnittlich 12 bzw. 15 Monaten in beiden Gruppen ein verbesserter AOFAS Score prä- zu postoperativ, wobei die Rückkehr zur normalen Belastungsfähigkeit in der Gruppe der transachillär operierten Patienten schneller resultierte, im Durchschnitt nach 4,1 Monaten.

Johnson et al. [12] ermittelten in einer prospektiven Analyse an 22 Patienten das funktionelle Outcome mithilfe des AOFAS Scores. Die operative Resektion der Kalzifikation erfolgte über eine zentrale Längsinzision der Achillessehne mit Refixation des Sehnenansatzes mit Fadenankern. Im Rahmen der Nachuntersuchung, im Durchschnitt 34 Monate postoperativ, verbesserten sich die Scores für Schmerz und Funktion signifikant. Probleme mit dem Schuhwerk oder störende Narbenbildung konnten die Autoren nicht beobachten. Bei einer Patientenzahl von 22 ist jedoch eine Aussage über signifikante Veränderungen vorsichtig zu bewerten. Trotzdem sind die Ergebnisse mit denen in der vorliegenden Studie vergleichbar. Obwohl die Ablösung des Achillessehnenansatzes mit sekundärer transossärer Refixation primär als deutlich invasiverer Zugang angesehen werden könnte, resultieren hieraus bei guten funktionellen Ergebnissen keine Komplikationen wie Rerupturen oder Narbenbildungen, die zu Schuhkonflikten führen. Das Risiko der Reruptur wird in der Untersuchung von Maffulli [13] negiert. Auch er konnte bei 21 Patienten ca. 4 Jahre nach erfolgter Desinsertion des Achillessehnenansatzes und Reinsertion mit Knochenankern aufgrund einer kalzifizierenden Enthesiopathie keine einzige Reruptur der Achillessehne beobachten. Maffulli berichtet über 11 gute und exzellente Ergebnisse. Jedoch berichtet er auch über 5 von 21 Patienten, die nicht in der Lage waren, den vorherigen Aktivitätslevel wieder zu erreichen.

Auch Wagner [27] verglich bei 74 Patienten mit einer Insertionstendinopathie postoperativ Parameter wie Schmerz, Aktivitätsniveau, Änderung des Gangbilds, Arbeits- und Sportfähigkeit. Hierbei verglich er Patienten, bei denen operativ die Achillessehne abgelöst und später refixiert wurde mit Patienten, bei denen die Achillessehne nicht abgelöst wurde. Im Vergleich konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede in den Gruppen bezüglich der Parameter ermittelt werden, jedoch war die Anzahl der unzufriedenen Patienten in der Gruppe mit abgelöster Achillessehne höher. Eine Begründung dafür kann jedoch auch die zu Grunde liegende Erkrankung und nicht die Operationsmethode sein. Während eine retroachilläre Bursitis sowie die Haglund-Exostose ohne Ablösung der Achillessehne therapiert werden kann, ist die Kalzifikation im Bereich der Insertion nicht ohne zumindest partielle Ablösung zu operieren.

In diesem Zusammenhang fand Watson [14] klare Unterschiede bezüglich des funktionellen Outcomes bei Patienten mit retroachillärer Bursitis und kalzifizierender Insertionstendinopathie. Neben höherer Schmerzscores und geringerer Zufriedenheit benötigten die Patienten mit der Insertionstendinose fast die doppelte postoperative Zeit, um eine deutliche Beschwerdebesserung zu erlangen.

Diese Beobachtung deckt sich ebenfalls mit der hier vorgestellten Untersuchung. Nahezu alle befragten Patienten gaben einen Zeitraum von 8–10 Monaten an, der benötigt wurde, um eine Beschwerdefreiheit zu erlangen und vollständige Aufnahme der beruflichen und sportlichen Tätigkeiten bis hin zum Hochleistungssport realisieren zu können.

Aus der Zusammenschau der ermittelten Ergebnisse sowie der Diskussion der derzeit vorliegenden Studien lässt sich ableiten, dass die longitudinale Inzision der Achillessehne mit dorsaler Ablösung des Sehnenansatzes und anschließender Refixation mit Knochenankern eine komplikationsarme Technik zur Behandlung der kalzifizierenden Insertionstendinopathie darstellt, die mittelfristig in der Mehrzahl zu guten und sehr guten funktionellen Ergebnissen führt. Das Risiko einer Ruptur der Achillessehne scheint aus unserer Sicht vernachlässigbar zu sein, wenn man bei der Präparation insbesondere auf die Integrität der seitlichen Achillessehnenzügel achtet. Vor dem Hintergrund der nach wie vor bestehenden allgemeinen Komplikationsrisiken, speziell der tiefen Infektion mit zum Teil deletären Folgen für den Patienten, bleibt auch bei der kalzifizierenden Insertionstendinopathie die Operation das Mittel der Wahl, wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschlossen sind. Durch zunehmendes Verständnis der Pathophysiologie dieser Erkrankung kann möglicherweise in Zukunft durch die Entwicklung spezieller Trainingsprogramme bereits frühzeitig interveniert und das Vollbild der Erkrankung mit therapierefraktärer Symptomatik verhindert werden.

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