Übersichtsarbeiten - OUP 02/2024

Femurkopf-Lebendspenden
Prozess und Logistik in der orthopädischen Chirurgie

Antonia Frebel

Zusammenfassung:
Neben der autologen Knochentransplantation (Goldstandard) steigt die Nachfrage an allogenen und auch synthetischen KEM, wobei letztere weiterer wissenschaftlicher Optimierung und Untersuchungen bedürfen. Somit kommen allogenen KEM aufgrund der biologisch begrenzten Menge von autologen KEM eine wachsende Bedeutung zu. Die Prozesse und Logistik in der orthopädischen Chirurgie unterliegen in Deutschland strengen Regularien und sind nach §20b des Arzneimittelgesetzes normiert. In der orthopädischen Chirurgie kommt der Femurkopfspende im Rahmen von elektiver Hüftgelenksendoprothetik eine wachsende Bedeutung zu.
Da die Führung einer hauseigenen Knochenbank mit einem sehr hohen organisatorischen, strukturellen und personellen Aufwand einhergeht, werden Kooperationen mit externen Knochenbanken, welche die Aufbereitung und die Fertigstellung der Knochenspenden übernehmen, immer attraktiver.
Bereits im Aufklärungsgespräch werden Patientinnen und Patienten über die Möglichkeit einer freiwilligen Femurkopfspende aufgeklärt und es erfolgt ein erstes Spenderscreening mithilfe eines speziellen Anamnesebogens. Nach erfolgter Blutentnahme für das serologische Screening am OP-Tag erfolgt die Entnahme des Femurkopfes, welcher nach entsprechender Etikettierung und Verpackung bei ca. 2–8° C bis zur Abholung in der Entnahmeeinrichtung gelagert wird. Auch bei Transport zur Aufarbeitung und Auswertung der Blutergebnisse unterliegt die Lagerung einer strengen Kontrolle. Nach Entnahme ist durch die entnehmende Chirurgin/den entnehmenden Chirurgen der Entnahmebericht zu vervollständigen, zu unterschreiben und an die Knochenbank zu übermitteln. Anschließend erfolgt die Ablage in der institutseigenen Spenderakte zusammen mit den restlichen Unterlagen. Nach Erhalt der Ergebnisse des serologischen Screenings kann die Spende zur Aufarbeitung entweder freigegeben werden oder wird bei Nachweis einer Infektionskrankheit verworfen, was ebenfalls schriftlich zu dokumentieren ist. Nach Aufarbeitung und Gefriertrocknung ist nun aus der Lebendspende das fertige Arzneimittel entstanden.

Schlüsselwörter:
Femurkopfspende, Hüftkopfspende, Hüftkopflebendspende, Femurkopflebendspende, Knochenersatzmaterialien, KEM, Allografts, Knochentransplantation

Zitierweise:
Frebel A: Femurkopf-Lebendspenden. Prozess und Logistik in der orthopädischen Chirurgie
OUP 2024; 13: 51–55
DOI 10.53180/oup.2024.0051-0055

Summary: In addition to autologous bone grafting, the demand for allogeneic and synthetic KEM is increasing, with the latter requiring further scientific optimization and investigation to date. Thus, allogeneic KEM are of growing importance due to the biologically limited amount of autologous KEM. The processes and logistics in orthopaedic surgery are subject to strict regulations in Germany and are standardized according to §20b of the German Drug Law. In orthopaedic surgery, femoral head donation is becoming increasingly important in the context of elective hip joint arthroplasty.
As running an in-house bone bank involves a great deal of organizational, structural and personnel effort, collaborations with external bone banks, which take over the preparation and completion of bone donations, are becoming increasingly attractive.
Patients are informed by the surgeon about the possibility of voluntary femoral head donation as early as the initial consultation, and an initial donor screening is performed with the aid of a special medical history form. After the blood sample has been taken for serological screening on the day of surgery, the femoral head is collected and, after appropriate labelling and packaging, stored at approx. 2–8° C until collection at the collection facility. Storage is also subject to strict control during transport for processing and evaluation of the blood results. After collection, the collecting surgeon must complete and sign the collection report and fax it to the bone bank. Subsequently, it is filed in the institute‘s own donor file together with the remaining documents. After receiving the results of the serological screening, the donation can either be released for processing or discarded if positive for infectious disease, which must also be documented in writing. After processing and freeze-drying, the finished medical product has now emerged from the living donation.

Keywords: Femoral head donation, femur donation, femoral head living donation, bone graft substitutes, KEM, allografts, bone grafting

Citation: Frebel A: Living femoral head donations. Process and logistics in orthopaedic surgery
OUP 2024; 13: 51–55. DOI 10.53180/oup.2024.0051-0055

Klinik für Orthopädie I - Endoprothetik, Cellitinnen Krankenhaus St. Franziskus-Hospital, Köln

Einleitung

Allgemeines

Knochenersatzmaterialien (KEM) gewinnen zunehmend an Bedeutung in der Behandlung von Knochendefekten. Sie kommen sowohl im Rahmen primär traumatologischer als auch im Rahmen sekundärer Ursachen wie z.B. Knocheninfektionen oder Tumorerkrankungen des Knochens zum Einsatz. Allein zwischen 2008 und 2018 stieg die Verwendung von KEM in Deutschland um rund 134 % an [12, 21].

Mit 55 % steht die autologe Knochentransplantation in Deutschland immer noch an erster Stelle gegenüber allogenen oder synthetisch hergestellten KEM. Aufgrund ihrer überlegenen biologischen Eigenschaften und fehlender Immunogenität stellen sie den „Goldstandard“ zur Behandlung von Knochendefekten dar. Erst danach folgen allogene, xenogene und synthetische KEM [9, 12, 20, 21].

Zusammenfassend lässt sich also
sagen, dass ein optimales Verhältnis von Osteokonduktivität (Matrix für Einwachsen des randständigen Knochens des Empfängers), Osteoinduktivität (Anregung der Knochenneubildung) durch bereitgestellte Wachstumsfaktoren und strukturelle Ähnlichkeit das ideale Gerüst darstellen [12].

Strukturelle Eigenschaften von nicht-autologen KEM

Zu den wichtigen Anforderungen an nicht autologe Knochenersatzmaterialien – unabhängig ob biologisch oder synthetisch hergestellt – zählen Faktoren wie die Oberflächenrauheit, Porosität, Biokompatibilität und die biologische Abbaubarkeit mit Remodeling. Sekundäre Anforderungen sind die Wirtschaftlichkeit (zeitlich und finanziell) und die Sterilisierbarkeit [9, 12]. Während die autologe Knochentransplantation Faktoren wie begrenzter biologischer Verfügbarkeit, Knochenqualität und einem zusätzlichen Risiko aufgrund verlängerter Operationszeit und assoziierte perioperative Risiken unterliegt, bieten allogene Knochenersatzmaterialien den Vorteil der schnellen und (fast) unbegrenzten Verfügbarkeit [12]. Allogene Grafts verfügen aufgrund der notwendigen und vorgeschriebenen Sterilisationsverfahren reduzierte Osteokonduktivität- und induktivität im Vergleich zu autologen Grafts. Die mechanische Funktion bleibt jedoch weitestgehend unbeeinflusst und bietet ein gutes Gerüst für den vitalen Knochen des Empfängers [12]. Im Wesentlichen wird das Risiko der Übertragung einer Virus- und/ oder Prioneninfektion durch die stetige Optimierung und Vereinheitlichung von Screening- und Sterilisationsmethoden reduziert [18].

Rechtliches

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