Übersichtsarbeiten - OUP 02/2024

Femurkopf-Lebendspenden
Prozess und Logistik in der orthopädischen Chirurgie

Die Abholung und der Weitertransport der Spenden zur externen Knochenbank sowie der Blutproben zur serologischen Untersuchung erfolgt durch den Logistikpartner an einem vereinbarten Wochentag [23].

Auch hierbei muss auf einen sachgemäßen Transport mit Nachweis einer fachgerechten Kühlung des Spendematerials geachtet werden. In der Knochenbank erfolgen nun die weitere Aufarbeitung der Femurkopfspenden sowie die Durchführung des serologischen Screenings. Die Ergebnisse der Bluttests werden dem zuständigen Arzt bzw. der zuständigen Ärztin der Entnahmeeinrichtung übermittelt und anschließend die finale ärztliche Freigabe der eingesandten Spenden erteilt. Sofern sich im Rahmen der serologischen Untersuchung jedoch Nachweise einer Infektionskrankheit (Hepatitis, HIV etc.) zeigen, so wird die Spende als „nicht freigegeben“ deklariert und muss von der Knochenbank verworfen werden. Hierzu muss zudem in einem Protokoll der Grund und der Zeitpunkt der Verwerfung erfasst und zur Spenderakte hinzugefügt werden (Abb. 2) [23].

Externe Aufbereitung und Fertigstellung

Im Rahmen der Aufbereitung der allogenen Knochenspende stehen unterschiedliche Inaktivierungsverfahren zur Verfügung. Neben der Sterilisation, welche entweder chemisch, thermisch oder durch Bestrahlung erfolgen kann, ist das Tieffrieren oder die Desinfektion von frischen Grafts ebenso möglich. Durch die Vorgaben nach §20b des Arzneimittelschutzgesetzes ist in Deutschland eines der genannten Verfahren anzuwenden. Die Anwendung von frischen oder „fresh frozen“ Grafts gilt jedoch als nicht zulässig [9, 12, 15]. Die Art der Aufarbeitung des Gewebes wird dabei über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Zusammenarbeit mit dem Paul-Ehrlich-Institut überprüft, validiert und unter einer entsprechenden Zulassungs-/ Genehmigungsnummer gelistet [16]. Während in den meisten hausinternen Knochenbanken die thermische Desinfektion mittels speziellen Lobatoren (Marburger Knochenbank-System) zum Einsatz kommt, haben sich externe Firmen auf verschiedene Verfahren spezialisiert und kombinieren diese [1, 8, 24].

Ein Beispiel für eine kombinierte Aufbereitung ist der C+TBA-Prozess [24], welcher im Folgenden exemplarisch aufgeführt ist:

  • 1. Entfernung von Weichgewebe, Fett und Knorpel + Formgebung (Granula, Ringe, Blöcke etc.)
  • 2. Entfettung im Ultraschallbad
  • 3. Alternierende Spülung in Diethylether und Ethanol, Denaturierung nicht-kollagener Proteine und potenzieller Viren
  • 4. Oxidative Behandlung in Wasserstoffperoxid zur Denaturierung verbliebener löslicher Proteine
  • 5. Lyophilisierung (schonende Trocknungsform) mit Reduktion auf eine Restfeuchte von ? 10 %
  • 6. Doppelte Verpackung und Gamma-Bestrahlung bei 25–35 kGy bei > 50° C

Im Anschluss an die Aufarbeitung wird die Femurkopfspende gefriergetrocknet, steril verpackt und kann nun als fertiges Arzneimittel bis zu 5 Jahre unter Raumluft gelagert werden [23].

Ausblick

Der Goldstandard unter den Knochenersatzmaterialien (KEM) ist autologes Knochenmaterial, da es die beste Osteointegrität besitzt und nicht immunogen ist. Klare Nachteile gegenüber allogenen KEM sind jedoch die begrenzte Verfügbarkeit, die Notwendigkeit eines Zweiteingriffs inklusive der damit verbundenen, operativen Risiken [12, 18, 19].

Allogene KEM stellen eine gute Alternative dar und sind durch die stetig wachsenden Spenderzahlen und den Ausbau von (externen) Knochenbanken leichter verfügbar. Das Outsourcen des Aufbereitungsprozesses sowie der logistischen Prozesse in Kooperation mit registrierten externen Firmen bieten die Möglichkeit, den Gesamtprozess im Klinikalltag praktikabler zu gestalten und den Arbeitsaufwand für die jeweilige Abteilung möglichst gering zu halten. Somit entfällt z.B. die Notwendigkeit, geeignete Räumlichkeiten für die Aufbereitung einzurichten, auszustatten und regelmäßig zu warten. Ebenso wäre eine spezielle Schulung des OP-Personals sowie der Operateurinnen und Operateure für den Umgang mit den Gerätschaften essenziell, um einen korrekten Arbeitsablauf zu sichern.

Demgegenüber steht sicherlich der von Dr. Jung et al. genannte Aspekt der fehlenden Transparenz beim Beziehen von „externen Knochenspenden“ in einem auch wirtschaftlich bedeutenden Bereich der orthopädischen und unfallchirurgischen Chirurgie [11].

Ein weiterer Aspekt für die Kooperation mit externen Knochenbanken ist, dass die Sterilisationsverfahren je nach Klinik (sowohl qualitativ als auch quantitativ) nur begrenzt möglich sind, regelmäßiger Wartung und Kontrolle bedürfen und Verfahren wie z.B. die Lyophilisierung zur Verlängerung der Haltbarkeit i.d.R. nicht zur Verfügung stehen. Die Kombination aus mehreren Aufbereitungsschritten konnte in Studien zeigen, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Infektionsübertragung sowie einer Allosensibilisierung auf ein Minimum reduzieren lies und somit als sehr sicher gilt [1, 14, 17, 24].

Nachteile der Auslagerung sind jedoch die vergleichsweise höheren Anschaffungskosten des fertigen Arzneimittels, die sich im Erwerb der fertigen Arzneimittel gegenüber der Verwendung von Knochen aus einer klinikinternen Knochenbank widerspiegeln. Zudem stellt die z.T. eingeschränkte Verfügbarkeit durch hohe Nachfrage, Probleme in der Lieferkette etc. ein nicht gänzlich zu unterschätzendes Problem dar.

Auch wenn durch steigende Spenderzahlen das Angebot an allogenen KEM steigt, ist die Nachfrage nach wie vor höher, was auch das wachsende Interesse an Tissue Engineering und 3D-Biodruck und synthetische KEM erklärt [2, 13].

Schlussendlich bleibt es zu klären, ob eine hausinterne Knochenbank bestehen bleiben oder die Aufbereitung und der Vertrieb der Femurkopfspenden bevorzugt über externe Firmen betrieben werden sollte. Beide Optionen bringen eigene Herausforderungen mit sich und fordern hohe Qualitätsstandards, geschultes Personal und führen zu einem im Klinikalltag bedeutsamen administrativen Mehraufwand. Der zentrale Dreh- und Angelpunkt bleibt jedoch die optimale und sichere Patientenversorgung, sodass die Entscheidungsfindung von jeder Klinik individuell getroffen werden muss. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt hierbei sicherlich auch die Anzahl der Revisionseingriffe und traumatologischen Eingriffe (Nachfrage für KEM) gegenüber den Femurkopfentnahmen im Rahmen der Primärversorgung (Angebot von KEM).

Interessenkonflikte:

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