Übersichtsarbeiten - OUP 02/2024
Femurkopf-LebendspendenProzess und Logistik in der orthopädischen Chirurgie
Zur Sicherung der Qualität der Transplantate wurden von der Bundesregierung zusammen mit dem europäischen Parlament eine Vielzahl von Rechtsnormen geschaffen und bestehende Richtlinien angepasst, um die Einhaltung industrieller Normen erreichen zu können. Diese spielen neben dem Transplantationsschutzgesetzt (TPG) und dem Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (GewebeG) eine zentrale Rolle bei der Zulassung einer Betriebsstätte für die Entnahme und den Vertrieb von Femurkopfspenden[6, 7].
Um sich als Entnahmeeinrichtung zur Entnahme und Herstellung von Arzneimitteln nach §20b des AMG zulassen zu können, müssen die unter §20b Abs. 1, S. 3 AMG genannten Voraussetzungen zwingend erfüllt werden:
- (1) „Eine Einrichtung, die zur Verwendung bei Menschen bestimmte Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes gewinnen (Entnahmeeinrichtung) oder die für die Gewinnung erforderlichen Laboruntersuchungen durchführen will, bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde. Gewinnung im Sinne von Satz 1 ist die direkte oder extrakorporale Entnahme von Gewebe einschließlich aller Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, das Gewebe in einem be- oder verarbeitungsfähigen Zustand zu erhalten, eindeutig zu identifizieren und zu transportieren […]“ [3.]
Die Erlaubnis zur Führung einer hauseigenen Knochenbank erteilt die Bundesbehörde nach §20c AMG zusammen mit der zuständigen Behörde des Landes, in welchem sich die Betriebsstätte befindet.
- (1) „Eine Einrichtung, die Gewebe oder Gewebezubereitungen, die nicht mit industriellen Verfahren be- oder verarbeitet werden und deren wesentliche Be- oder Verarbeitungsverfahren in der Europäischen Union hinreichend bekannt sind, be- oder verarbeiten, konservieren, prüfen, lagern oder in den Verkehr bringen will, bedarf abweichend von § 13 Abs. 1 einer Erlaubnis der zuständigen Behörde nach den folgenden Vorschriften. Dies gilt auch im Hinblick auf Gewebe oder Gewebezubereitungen, deren Be- oder Verarbeitungsverfahren neu, aber mit einem bekannten Verfahren vergleichbar sind. Die Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis trifft die zuständige Behörde des Landes, in dem die Betriebsstätte liegt oder liegen soll, im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde […]“ [4].
Um den Betrieb einer hauseigenen Knochenbank zu erleichtern, wurde die Gesetzgebung um §20d AMG erweitert:
„Einer Erlaubnis nach § 20b Absatz 1 und § 20c Absatz 1 bedarf nicht eine Person, die Arzt ist und die dort genannten Tätigkeiten mit Ausnahme des Inverkehrbringens ausübt, um das Gewebe oder die Gewebezubereitung persönlich bei ihren Patienten anzuwenden. Dies gilt nicht für Arzneimittel, die zur klinischen Prüfung bestimmt sind.“ [5].
Hauseigene Knochenbank vs. externe Knochenbank
Wie bereits aus den Paragrafen des AMG ersichtlich wird, erfordert die Einholung der Erlaubnis für die Entnahme von Femurkopfspenden einen hohen administrativen Aufwand. Möchte sich die Klinik zudem auch für die Führung einer hauseigenen Knochenbank zulassen, so müssen viele weitere Vorgaben erfüllt werden.
Neben der Notwendigkeit für entsprechende Räumlichkeiten für die Verarbeitung und Lagerung der Gewebespenden müssen ebenfalls regelmäßige Schulungen des Personals, Begehungen der Räumlichkeiten und Kontrollen der einzelnen Prozesse sowie der technischen Geräte erfolgen. Eine entsprechende Ausstattung (Kühlschränke, Thermo-Inkubatoren etc.) ist ebenfalls sehr kostspielig und bedarf regelmäßiger Wartung sowie Kontrolle. Auch die vorgeschriebenen Laboruntersuchungen für die Gewebespende dürfen nur von einem Labor mit erteilter Erlaubnis nach Vorschrift des AMG erfolgen[4, 5, 10, 11].
Dies hat nicht zuletzt einen Anstieg des finanziellen und administrativen Aufwands zur Folge, welcher in den vergangenen Jahren dazu geführt hat, dass viele hausinterne Knochenbanken geschlossen wurden. Die Möglichkeit der externen Aufbereitung der Gewebespenden stellt dabei eine Alternative dar.
In einem Erfahrungsbericht der Universitätsklinik Ulm zum Zulassungsprozess der hauseigenen Knochenbank wird bemängelt, dass hierdurch zukünftig eine Art Monopol im Bereich des industriellen Sektors entstehen könnte. Zwar würden die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen das Fortführen einer eigenen Knochenbank erschweren, gleichzeitig gäbe es jedoch wesentliche Einschränkungen bei der „Auslagerung“ der Knochenbank in externe Firmen, die nachteilig gegenüber einer eigenen Knochenbank wären [11]. Die Herkunft, Behandlung und Verarbeitung der allogenen KEM wären hierdurch weniger transparent und für die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt nicht mehr nachvollziehbar: „Nach unserer Auffassung stellt die Schließung der eigenen Knochenbank keine Alternative dar, auch wenn die unterschiedlichsten Knochenersatzstoffe biologischen und synthetischen Ursprungs auf dem Markt erhältlich sind.“ (Abb. 1) [11].
Spenderprozess –
Entnahme, Lagerung und Logistik in Kooperation mit externen Knochenbanken
Eine mittlerweile seit vielen Jahren etablierte Möglichkeit für die Entnahme von allogenen Knochenersatzmaterialien stellt die Entnahme von menschlichen Hüftköpfen im Rahmen von elektiven hüftendoprothetischen Eingriffen dar.
Die Patientinnen und Patienten werden im Vorfeld über die Möglichkeit einer freiwilligen Femurkopfspende informiert und eingehend aufgeklärt. Durch den aufklärenden Arzt oder die aufklärende Ärztin wird dann anhand des speziell für die Femurkopfspende entwickelten Anamnesebogens geprüft, ob sich die Patientin/der Patient als Spenderin/Spender eignet [22]. Strenge Ausschlusskriterien sind hierbei unter anderem das Vorliegen von malignen Erkrankungen, Viren- oder Prionenerkrankungen, Schwermetallvergiftungen und Autoimmunerkrankungen in der Anamnese [12, 18, 22].
Im nächsten Schritt erfolgt nach vollständiger Dokumentation und Einwilligung der Patientin/des Patienten am Operationstag die Blutentnahme für das serologische Screening auf mögliche Infektionskrankheiten (u.a. Hepatitis, Lues, HIV) [23]. Die insgesamt 3 Serumröhrchen werden mit der zugeordneten Entnahmenummer, welche anhand des Anamnesebogens jeder Spende anhand einer Spendernummer eindeutig zugeordnet ist, beklebt und zusammen mit dem später entnommenen Femurkopf in entsprechendem Behälter in einem Kühlschrank zwischen 2–8° C gelagert [23]. Beide Gewebe (Blut, Femurkopf) werden zuvor separat in flüssigkeitsdichten Schutzbeuteln verpackt. Der Entnahmebericht wird vom Operateur auf seine Vollständigkeit kontrolliert, unterschrieben und an die zuständige Knochenbank gefaxt. Das Originaldokument wird zusammen mit dem Anamnesebogen in der Spenderkartei hinterlegt [23].