Übersichtsarbeiten - OUP 04/2014

Frakturen des Sprunggelenks im Kindes- und Jugendalter

Grundsätzlich sind die Möglichkeiten der Spontankorrektur im Bereich des Sprunggelenks gering. Bei Gelenkfrakturen gelten die gleichen Kriterien, wie in der Erwachsenentraumatologie. Gelenkstufen und größere Dehiszenzen sollten zur Vermeidung einer Gelenkinkongruenz nicht belassen werden. Frakturen innerhalb der angegebenen Toleranzgrenzen können konservativ im Unterschenkelgips therapiert werden.

Dislozierte Fugenlösungen sollten unter Allgemeinanästhesie in Operationsbereitsschaft reponiert werden. Nicht selten kommt es nach anatomischer Reposition zu einer Redislokation. In diesen Situationen muss dann eine Sicherung des Repositionsergebnisses mittels einer K-Draht-Osteosynthese erfolgen. Liegt ein ausreichend großer metaphysärer Keil vor, kann auch eine Schraubenosteosynthese metaphysär unter Schonung der Wachstumsfuge durchgeführt werden. Eine offene Reposition ist nur selten bei Vorliegen eines echten Repositionshindernisses erforderlich. Gelenkfrakturen sollten anatomisch rekonstruiert werden. Bei geringer Dislokation kann dies ggf. geschlossen perkutan erfolgen, im Zweifel sollte hier jedoch zur Sicherung der Gelenkkongruenz eine offene Reposition durchgeführt werden. Die Osteosynthese erfolgt als Kompressionsosteosynthese mittels Schrauben, welche parallel zur Wachstumsfuge und Gelenkfläche fugenschonend eingebracht werden (Abb. 3). Bei den Übergangsfrakturen kann, v.a. bei bereits weit fortgeschrittenem Fugenschluss, zur besseren Kompression ein schräger Schraubenverlauf von ventrolateral nach dorsomedial gewählt werden. Dabei kann die Wachstumsfuge bei bereits größtenteils verschlossener Fuge durchkreuzt werden, ohne dass Wachstumsstörungen zu befürchten wären.

Eine begleitende Fraktur der distalen Fibula stellt sich meist durch eine Reposition der Tibia ein. Verbleibende Deformierungen können der Spontankorrektur überlassen werden. Bei verbleibenden Instabilitäten reicht in aller Regel eine K-Draht-Retention.

Ergebnisse, Prognose

Das Outcome wird v.a. durch das Auftreten einer Wachstumsstörung oder einer Früharthrose bestimmt [11, 12, 13, 14]. Wachstumsstörungen führen aufgrund eines partiellen medialen vorzeitigen Fugenschlusses zu einer konsekutiven Varusfehlstellung. Die Rate liegt bei offenen Fugen je nach Literaturangabe zwischen 12 und 40 %, v.a. nach Salter und Harris I und II Frakturen [15, 16]. Diese sind weder vorhersehbar noch immer vermeidbar durch z.B. eine offene anatomische Reposition. Vielmehr können durch wiederholte Repositionsmanöver oder mehrfache fugenkreuzende Bohrungen Wachstumsstörungen provoziert werden. Das Risiko einer relevanten Wachstumsstörung steigt mit dem Ausmaß der Dislokation, der Qualität des Repositionsergebnisses, dem Zeitpunkt und sowie der Anzahl der Repositionsmanöver [14, 15, 16, 17, 18, 19] .

Bei Übergangsfrakturen hingegen muss aufgrund des bereist begonnen Fugenschlusses nicht mit signifikanten Wachstumsstörungen mehr gerechnet werden [20].

Das Risiko einer Arthroseentwicklung nach epiphysären Frakturen steigt mit dem Dislokationsausmaß und dem Repositionsergebniss [14]. Untersuchungen mit einem entsprechend langem Nachuntersuchungszeitraum sind selten, sodass eine Inzidenzangabe schwierig ist. Eine Arbeit von Caterini und Mitarbeiter über 68 Sprunggelenkfrakturen gibt eine Häufigkeit von 11,8 % nach Salter III und IV Frakturen an [21].

Fazit für die Praxis

Sprunggelenksverletzungen sind häufig im klinischen Alltag. Beim überwiegenden Anteil handelt es sich um Prellungen und Distorsionen. Bei den Frakturen muss therapeutisch sowie prognostisch zwischen Fugenlösungen und epiphysären Gelenkfrakturen unterschieden werden. In der Adoleszenz kommt zudem eine spezielle Frakturform der sog. Übergangsfrakturen hinzu. Entscheidend für das Outcome ist das Auftreten von Komplikationen, wie z.B. eine Früharthrose oder Wachstumsstörungen. Diese sind nicht vermeidbar. Durch eine optimale Therapie kann jedoch das Risiko reduziert werden.

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.

Korrespondenzadresse

PD Dr. Dorien Schneidmüller

Klinikum Garmisch-Partenkirchen

BG-Unfallklinik Murnau

Abteilung Unfallchirurgie, Sportorthopädie und Kindertraumatologie

Prof.-Küntscher-Str. 8, 82418 Murnau

dorien.schneidmueller@bgu-murnau.de

Literatur

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2. Hunter-Griffin LY. Injuries to the leg, ankle, and foot. In JA Sullivan & WA Grana The pediatric athlete 1990: 187–198

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4. Salter RB, Harris WR. Injuries involving the epiphyseal plate. J Bone Joint Surg Am 1963; 45: 587–622

5. Horn BD, Crisci K, Krug M et al. Radiologic evaluation of juvenile tillaux fractures of the distal tibia. J Pediatr Orthop (United States), Mar-Apr 2001, 21: 162–4

6. Schneidmueller D, Sander AL, Wertebroek M, Wutzler S, Kraus R, Marzi I, Laurer H. Triplane fractures: do we need cross-sectional imaging? Eur J Trauma 2014; 40: 37–43

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8. Schneidmüller D, Marzi I. Sprunggelenk. In: Kindertraumatologie (Hrsg. I. Marzi) 2. Aufl. 2009; Berlin, Heidelberg: Springer

9. Weinberg AM, Kutschera C, Kutscha-Lissberg F, Mayr J, Kahl E. Distaler Unterschenkel. In: Unfallchirurgie im Kindesalter. Hrsg.: Weinberg AM, Tscherne H. 2006; Berlin, Heidelberg: Springer

10. Schneidmüller D, Weinberg AM. Sprungelenk. In: Unfallchirurgie bei Kindern. Hrsg.: Weinberg AM, Schneidmüller D. 2010; Köln: Deutscher Ärzte-Verlag

11. Ertl JP, Barrack RL, Alexander AH, Van Buecken K. Triplane fracture of the distal tibial epiphysis: Long term follow up. JBJS Am 1988; 70: 967–976

12. Kärrholm J. The triplane fracture: four years of follow-up of 21 cases and review of the literature. J Pediatr Orthop B. 1997; 6: 91–102

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