Übersichtsarbeiten - OUP 03/2013

Gelenkerhaltende operative Maßnahmen bei der Gonarthrose

E. Basad1

Zusammenfassung: Die operative Behandlung der Gonarthrose – bevor ein endoprothetischer Gelenkersatz erforderlich ist – bietet eine Vielzahl besonders arthroskopischer Techniken. Diese gelenkerhaltenden Operationstechniken können, dank verbesserter Bildgebung, schon in frühen Formen der Gonarthrose und bei präarthrotischen Veränderungen stadienadaptiert erfolgreich eingesetzt werden. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, darzustellen, welche Therapieformen von der resezierenden (Debridement, Meniskuschirurgie, Osteophyten-Resektion, Synovektomie), reparativen (Bandplastiken), oder regenerativen Chirurgie (Knochenmarkstimulation, Chondrozytentransplantation) bis zu Umstellungsosteotomien zum Einsatz kommen können. Alle genannten operativen Verfahren sind erfolgreich anwendbar, sofern die entsprechende Pathologie adressiert und die Indikation richtig gestellt wird. Die Gonarthrose selbst ist durch keines der Verfahren reversibel. Auch die individuelle Progredienz der Arthrose beeinflusst das Behandlungsergebnis entscheidend.

Schlüsselwörter: Knie, Gonarthrose, Arthroskopie, Umstellungsosteotomie, Meniskus, Knorpel

Abstract: The surgical treatment of osteoarthritis of the knee – before an endoprosthetic joint replacement is required – offers a variety of techniques. Thanks to improved imaging, these joint-preserving techniques can be applied in early stages of osteoarthritis or pre-arthritic changes. The aim of this review is to present therapy forms like resection (debridement, meniscus surgery, osteophyte resection, synovectomy) repair (ligament reconstruction), regeneration (bone marrow stimulation, chondrocytes) and realignment (osteo-tomies). All of the above surgical procedures are successfully used if the corresponding pathology is addressed well, and the indication is set properly. The gonarthrosis itself cannot be reversed by any of the methods. Also the individual progression of osteoarthritis affects treatment outcome significantly.

Keywords: knee, gonarthritis, arthroscopy, osteotomies, meniscus, cartilage

Einleitung

Die Gonarthrose ist die häufigste Erkrankung des Kniegelenkes, bei der exogene und endogene Risikofaktoren ursächlich sein können. Da das Risiko, an einer Gonarthrose zu erkranken, mit zunehmendem Alter steigt, ist sie dem Formenkreis degenerativer Erkrankungen zuzuordnen. Unter den Arthrosen ist das Kniegelenk mit 6 % epidemiologisch am häufigsten betroffen. In der Literatur wird die Häufigkeit der Gonarthrose bei Männern zwischen 60 und 64 Jahren rechts mit 23 % höher angegeben als links. Bei Frauen, die häufiger von der Arthrose betroffen sind hingegen, ist das Seitenverhältnis bei der Gonarthrose ausgeglichen [1].

Anhand epidemiologischer Untersuchungen lassen sich folgende Risikofaktoren finden: Untersuchungen an weiblichen Zwillingen weisen auf genetische Faktoren bei der Entstehung der Gonarthrose hin. Jedoch konnten keine einzelnen Gene als Risikofaktoren kenntlich gemacht werden. Vielmehr spielen eine Vielzahl von Genen, die im Zusammenspiel die genetische Prädisposition für die Gonarthrose ausmachen, eine Rolle. Eine weitere Prädisposition scheint die berufliche Exposition zu sein. Kniende oder hockende Tätigkeiten spielen nachweislich eine Rolle, wie Untersuchungen an Bergleuten, Bauarbeitern und Bodenlegern zeigten [2]. Das Übergewicht (BMI > 30) spielt eine signifikante Rolle als Risikofaktor bei der Gonarthrose. In weiteren Untersuchungen [3] konnte sogar eine Dosis-Wirkungs-Beziehung von Übergewicht und Gonarthrose hergestellt werden [4, 1].

Ätiologisch sind primär idiopathische Gonarthrosen von sekundären Gonarthrosen zu unterscheiden. Am Anfang der Arthroseentstehung steht die Schädigung des hyalinen Gelenkknorpels. Hyaliner Knorpel besteht hauptsächlich aus einer extrazellulären Matrix und nur zu 2 % aus Chondrozyten. Hyaliner Knorpel ist avaskulär und nicht sensibel versorgt. Nach Abschluss des Wachstums ist die spontane Regenerationsfähigkeit von Gelenkknorpel aufgehoben. Es ist noch ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Ab- und Aufbau der Knorpelmatrix vorhanden, das durch metabolische und mechanische Faktoren gestört werden kann. Geschützt wird der hyaline Knorpel von Gelenkkapsel, Bändern (Kollateralbänder, Kreuzbänder), Menisken und Muskulatur, die zusammen eine funktionelle Einheit bilden.

Pathophysiologisch kann eine Überlastung des Gleichgewichts zu einer Degeneration der Knorpelmatrix führen. Metabolische Faktoren, wie Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, führen zu Inflammation und einer enzymatischen Degeneration des Knorpels. Zu den mechanischen Faktoren zählen in erster Linie Achsabweichungen, Dysplasien und ligamentäre Insuffizienzen, die zu pathologischen Bewegungsmustern mit schädigenden mechanischen Kräften auf die Kniebinnenstrukturen wirken [5].

Die Behandlung der Gonarthrose erfordert die genaue Kenntnis von Ätiologie und Stadium der Gonarthrose sowie eine äußerst subtile Kenntnis früher degenerativer Veränderungen an Knorpel und Menisken. Dank der Magnetresonanztomografie gelingt uns das heute bereits in frühen Stadien von Knorpelmatrixschäden auf bereits molekularer Ebene [6]. Die klinische Symptomatik derart früher Veränderungen ist jedoch nicht mit denen der typischen Gonarthrose-Schmerzen zu erkennen, sondern ist wesentlich subtiler. Dazu gehören femuropatellares Impingement, diskrete Meniskus-Zeichen und nach Belastung auftretende schmerzlose Reizzustände. Da Knorpelgewebe nicht durch Schmerzfasern innerviert sind, können frühe Zeichen von Knorpelschäden dritten Grades schon jahrelang bestehen und unter Umständen auch übersehen werden. Unbehandelt führen anfangs isolierte Knorpelschäden durch Vergrößerung und Affektion des gegenüberliegenden Gelenkpartners zu einer manifesten Arthrose.

Zu den Zielen einer gelenkerhaltenden Therapie zählen folgende Punkte:

– Schmerz- und Entzündungsreduktion

– Bewegungserhalt und Stabilitätserhalt des Gelenkes

– Mobilitätserhalt des Patienten

– Verzögerung kataboler destruierender Prozesse und damit der Progredienz der Arthrose

– Verminderung der Schmerzmittel-Einnahme

Die operativen Therapieoptionen dienen zur Behandlung von Knorpelläsionen und Co-Läsionen. Regeneration, Verzögerung der Progredienz und Symptomreduzierung haben das Ziel, die Implantation einer Endoprothese im sinnvollen Rahmen hinauszuzögern.

Arthroskopisches
Debridement

Die resezierende und debridierende arthroskopische Chirurgie hat das Ziel, freie Partikel oder instabile zerstörte Anteile von Gelenkknorpel und Meniskus zu reduzieren. Reibungserhöhende Bruchstücke und Gelenkpartikel stimulieren die Inflammation von Synovia und erhöhen dadurch die Mengen proteolytischer Enzyme, die durch katabole Reaktionen die Regenerationsfähigkeit von Proteoglykanen und Kollagenen schwächen. Als Reaktion hierauf kommt es in der Folge typischerweise zu einer reaktiven Kollagenolyse und Matrixzerstörung [7].

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