Übersichtsarbeiten - OUP 01/2021
Grenzen der arthroskopischen Arthrolyse – Alternative offene ArthrolyseWelche Möglichkeiten gibt es?
Durch zunehmende technische Entwicklungen und Erweiterung der operativen Erfahrungen konnte sich mittlerweile die arthroskopische Ellenbogengelenksarthrolyse als konkurrierendes und für besondere Fallkonstellationen ergänzendes Verfahren etablieren [2, 4, 6, 9, 10]. Vorteile des arthroskopischen Vorgehens sind das deutlich reduzierte Weichteiltrauma, die damit verbundene geringere Induktion von Weichteilvernarbungen als auch heterotoper Ossifikationen. Mittlerweile wird die Arthroskopie für moderate Einschränkungen zunehmend favorisiert [2, 10].
Präoperative Diagnostik
Um die Hauptpathologie bzw. Ursachenanalyse möglichst komplett zu erfassen, empfehlen wir nicht zuletzt auch aus medico-legalen Gründen die großzügige Indikation zur Realisierung von konventionell radiologischer Bildgebung in mindestens 2 Ebenen.
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht neben der Gelenkbinnenbeurteilung von Knorpel auch eine Erfassung der Kapsel. Allerdings ist letztere nicht immer valide, da die Diskriminierung von Kapsel, Adhäsionen und Knorpel schwierig sein kann. Je nach Befundkonstellation kann eine ergänzende Arthro-MRT notwendig sein [3, 11]. Allerdings ist bei erheblichen Fibrosierungen diese nicht ohne weiteres möglich durch Verlötung des Gelenkbinnenraumes.
Im eigenen Vorgehen empfehlen wir insbesondere bei komplexen Fallkonstellationen eine ergänzende Computer-Tomographie (CT), um die dreidimensionale Deformität möglichst komplett zu erfassen. Hierdurch ist die Evaluierung knöcherner Deformitäten gut möglich, um diese im Rahmen der Operation gezielt zu adressieren. Beispielhaft kann man Abbildung 1 eine besonders ausgeprägte intrinsische Ursache mit Osteophyten und daraus resultierender Gelenkinkongruenz entnehmen. Hier bestehen derart ausgeprägte osteophytäre Ausmauerungen, sowohl der Fossa cubitalis und olecrani, die durch die konventionell radiologische Bildgebung nicht so deutlich zu erfassen wäre. Die postoperative CT-Kontrolle ist grundsätzlich zu empfehlen zur Qualitätssicherung und Ausschluss von verbliebenen Restpathologien (Abb. 2). Diese helfen unter Umständen auch, ein mehrzeitiges Vorgehen zu rechtfertigen, falls Restbeschwerden oder Einschränkungen bestünden.
Die neurologische Untersuchung ist lediglich bei präoperativ suspekten Befunden zu initiieren, um die simultane Dekompression insbesondere des N. ulnaris zu indizieren. Liegen keine Auffälligkeiten vor, ist keine spezifische neurophysiologische Diagnostik wie die Ermittlung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) oder Elektromyographie (EMG) erforderlich.
Arthroskopische Arthrolyse (AA)
Zahlreiche klinische Studien konnten die Sicherheit und Reproduzierbarkeit guter klinischer Ergebnisse für das arthroskopische Vorgehen zeigen [1, 3, 6, 9–11]. Vorteile arthroskopischer Techniken sind das minimierte Weichteiltrauma, die damit verbundene schmerzärmere Rehabilitation als auch ein gezieltes operatives Vorgehen zur Behebung der Bewegungseinschränkung. Die arthroskopische Ellenbogen-Arthrolyse ist im Kontext bzw. Vergleich zu anderen Gelenkinterventionen eine verhältnismäßig anspruchsvolle Operation, da die topographische Nähe zu Gefäß-Nervenstrukturen sehr eng ist. Im eigenen Vorgehen favorisieren wir die Bauchlagerung, wobei auch die Seitlagerung eine Alternative darstellt. Wichtig sind die Planung und die Erfassung der zu erwartenden Hauptpathologie.
Etablierung arthroskopischer Portale
Ein standardisiertes Vorgehen mit Anzeichnung der knöchernen Landmarken ist die wesentliche Grundvoraussetzung zur korrekten Platzierung der Arthroskopieportale und Schonung der neuro-vaskulären Strukturen. Nach Lagerung und Abdeckung des Armes mit einer konsequenten elasto-kompressiven Wickelung des Armes werden die Gelenkorientierungspunkte (Olecranon, Radiuskopf, Epicondylus radialis und ulnaris) als auch der Verlauf des N. ulnaris markiert (Abb. 3). Häufig genügen 5 – 6 Zugänge, um die anterioren und posterioren Gelenkabschnitte zu erreichen, zu beurteilen und die notwendige Intervention realisieren zu können.
Im eigenen Vorgehen favorisieren wir zunächst das Zugehen in die ventralen Gelenkabschnitte, um bei noch nicht geschwollener Weichteilqualität der ventralen Gelenkabschnitte die notwendigen arthrolysierenden Schritte zu realisieren. Nach Auffüllen des Gelenkes mit einer Kanüle werden ca. 30 – 50 ml je nach Größe des Gelenkes bzw. Patientengeschlechts als auch der bestehenden Kapselschrumpfung injiziert. Nicht selten ist allerdings keine adäquate Flüssigkeitsauffüllung möglich, so dass man vereinzelt stumpf mit einer Präparationsschere oder einem Wechselstab in Richtung Fossa coronoidea eingeht. Im Rendezvous-Prinzip wird anschließend der ventro-ulnare Zugang angelegt. In Extremfällen werden erst die Instrumente bzw. der Shaver mit Kontakt zur Arthroskopie-Optik platziert, um von hier aus mit humeralem Knochenkontakt die Fossa coronoidea bei verlötetem Gelenk schrittweise darzustellen. Dieses beschriebene Szenario kann bei völlig vernarbter bzw. aufgehobener Gelenkkapsel notwendig werden, wobei ein solches operationstaktisches Vorgehen die Grenzen der Arthroskopie darstellt und daher nur erfahrenen bzw. versierten Arthroskopeuren vorbehalten sein sollte. Bei solchen Befundkonstellationen drohen neurovalskuläre Komplikationen durch Verlust oder mangelnde Orientierung, so dass man akzidentiell Gefäß-Nerven-Läsionen verursachen kann. Lässt sich ein solches kontrolliertes arthroskopisches Vorgehen nicht realisieren, ist die sofortige Konversion zum offenen Vorgehen zu empfehlen, da eine verlängerte arthroskopische Manipulation trotz geschlossener Blutsperre und angepasstem Spüldruck (mit ca. 40 – 50 mmHg) zu flüssigkeitsbedingten Schwellungen führen kann. Diese wiederum erschweren den späteren spannungsfreien bzw. -armen Weichteilverschluss. Letztere kann die notwendige postoperative sofortige Beübung sogar verhindern, trotz Nutzung aller technischer Hilfsmittels wie die CPM (Motorstuhl). Ist eine systematische Darstellung der ventralen Gelenkabschnitte arthroskopisch möglich, kann und wird in Einzelfällen die komplette Resektion der Vernarbungen einschließlich der Gelenkkapsel notwendig. Dabei wird die ventral hiervon liegende Muskulatur sichtbar, die unbedingt geschont werden sollte (Abb. 4). Zusätzlich ist unbedingt darauf zu achten, dass die Kollateralbandstrukturen nicht iatrogen de-stabilisiert werden. Anschließend ist eine konsequente arthroskopische Analyse der knöchernen Gelenkfläche mit Darstellung der Osteophyten notwendig, gefolgt von der kompromisslosen Resektion. Da man insbesondere bei mangelnder Erfahrung häufig zu wenig reseziert, kann die intraoperative Assistenz des Bildwandlers (BV) notwendig werden. Intra-operativ ist die dynamische Untersuchung hilfreich, wird jedoch mit zunehmender Operationszeit durch die Weichteilschwellung immer anspruchsvoller. Durch die Beugung kann die Fossa coronoidea als auch der humero-radiale Gelenkabschnitt auf ein bestehendes Impingement geprüft werden. Nach Objektivierung der ausreichenden Resektion knöcherner sowie weichteiliger Ursachen, können die dorso-radialen Gelenkabschnitte adressiert werden. Nach Darstellung der Fossa olecrani (Optik im hohen dorso-radialen Portal, Shaver/Elektrode im trans-trizipitalen Portal) können Osteophyten und Adhäsionen hier abgetragen werden. Der ulnare Rezessus sollte dabei konsequent überprüft und arthrolysiert werden, wobei die topographische Beziehung zum N. ulnaris eine relevante Gefahr darstellt. Durch ein systematisch-taktisches Vorgehen kann allerdings dieser Gelenkabschnitt gut einsehbar identifiziert und arthrolysiert werden. Mangelndes Ausräumen dieses Abschnittes kann die Ergebnisse beeinträchtigen. Die Abbildung 5 zeigt beispielhaft wie sogar seitliche Auskragungen des Olecranons arthroskopisch konsequent abgetragen werden können. Letztere sind vor allem für die Streckung im Ellengelenk bzw. das konfliktfreie Eintauchen des Olecranons in die Fossa olecrani essentiell. Ansonsten kommt es hier zum knöchernen Konflikt bzw. Impingement mit den Folgen der Bewegungseinschränkung und/oder Heraushebeln der Trochlea durch diese Hypomochlion-ähnliche Wirkung. Gerade das Vorliegen von extensiven Osteophyten stellen somit die Grenzbereiche der arthroskopischen Behandlungsmöglichkeiten dar. Dies ist auch die Ursache, warum das arthroskopische Vorgehen unter Berücksichtigung der klinischen Studienergebnisse noch für anatomisch moderate Befunde empfohlen wird [9]. Experten können durchaus extreme Befundkonstellationen, die intrinsischer Genese sind, beherrschen.