Übersichtsarbeiten - OUP 06/2017

Knorpeltherapie im Patellofemoralgelenk

Alternativ kann das Flake-Material asserviert werden und aus den chondralen Anteilen eine sogenannte einzeitige Knorpelchipsplastik generiert werden [21, 22]. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Chondrozyten innerhalb eines frisch abgeschlagenen Flakes vital verbleiben. Vor diesem Hintergrund sowie der dazu bestehenden Evidenzlage ist es möglich, diesen Knorpel autolog wieder einzusetzen. Dazu kann er mithilfe z.B. eines Skalpells in kleinste Stückchen zerschnitten werden und dann im gleichen Schritt der Operation mit Fibrinkleber und/oder Kollagenmembran wieder eingesetzt werden [23]. Vorteil dieses Verfahrens ist klar die Einzeitigkeit und die Verwendung von autologem Knorpel, welcher undifferenziert direkt wiederverwendet wird (Abb. 6).

Bei chronischen Knorpelschäden im Bereich der Kniescheibenrückfläche als auch bei chronischen osteochondralen Defekten empfehlen die Autoren dieses Artikels zum jetzigen Zeitpunkt die Knorpelzelltransplantation. Dies im Spiegel der Literatur mit hohen Versagerraten der Mikrofrakturierung als auch osteochondralen Transplantation an dieser Lokalisation, welche jedoch in absoluten Einzelfällen angewendet werden kann [24–27]. Im Besonderen entstehen nach osteochondralen Transplantationen neben Entnahmeschäden morphologische Probleme an der Implantationsstelle. Der entnommene Knorpel ist in der Regel deutlich dünner als der umliegende patelläre. Damit entsteht eine Inkongruenz am osteochondralen Übergang zum umliegenden Knorpel. Dies führt in vielen Fällen zum Versagen der Zylinder im Verlauf nach Implantation [24]. Diese Problematik wird aggraviert mit steigender Anzahl der Zylinder.

Infolge der Mikrofrakturierung entsteht in der Regel vor allem faserartiger Knorpel, der reich ist an Kollagen Typ 1, welcher hohen Belastungen nicht standhalten kann (typisch für das Patellofemoralgelenk). Dieser kann den subchondralen Knochen vor ausgedehnten patellofemoralen Belastungen nicht schützen. Es persistieren Beschwerden auf Patientenseite und es entwickeln sich häufig schmerzhafte Knochenmarködeme direkt subchondral. Ursächlich dafür scheint die ausgeprägte biomechanische Belastung in diesem Gelenkabschnitt zu sein, welche teils bis zum 25-fachen des Körpergewichts betragen kann. Dies führt wiederum dazu, dass der hyaline Knorpel retropatellar im Verlauf der Entwicklung/des Wachstums an dieser Stelle sehr dick wird und damit die Perfusionsstrecke lang ist. Dadurch ändert sich aber auch das Zell/Matrix-Verhältnis: wenige Chondrozyten pro Fläche extrazellulärer Matrix [28]. Damit ist der retropatellare Knorpel sehr belastbar.

Zugleich aber ist das Regenerationspotenzial sehr gering; noch geringer als zum Beispiel tibiofemoral. Kleintiere wie etwa Kaninchen besitzen deutlich mehr Knorpelzellen pro Fläche und haben damit ein viel höheres Regenerationspotenzial. Eine Reparatur dort ist gleichsam schwierig. Im Bereich der Trochlea kann bei bestimmten Indikationen eine Mikrofrakturierung (bis 1,5–2,0 cm2) und an wenig gekrümmten Stellen ggf. eine osteochondrale Transplantation (max. 1 Zylinder) durchgeführt werden. Leitlinien der DGOU können hier unterstützend herangezogen werden [19]. Ansonsten empfehlen die Autoren dieses Artikels dort ebenfalls grundsätzlich eher eine ACT aufgrund der ausgedehnten Belastungssituation. Im Falle von osteochondralen Defekten kann diese im Sinne einer Sandwichplastik problemfrei mit einer unterliegenden Spongiosaplastik kombiniert werden. Diese Spongiosa kann autolog vom seitlichen Femur, der proximalen Tibia, vom Beckenkamm oder auch lateral aus dem Calcaneus entnommen werden. Gerade bei chronischen Defekten ist nochmals darauf hinzuweisen, dass in diesem Fall die unterliegende Co-Pathologie identifiziert und eliminiert werden muss. Die Behandlung der Co-Pathologien im Sinne von Osteotomien, Bandplastiken, Erweiterungen, Zügelungen etc. ist nicht Teil dieses Artikels.

Ergebnisse

Vor dem Spiegel der gesamten Literatur nach Knorpelintervention ist vorab anzumerken, dass aufgrund der besonderen Pathologie des Gelenks sowie der Knorpelkonstellation im Speziellen die Ergebnisse der patellofemoralen Knorpelchirurgie denen der tibiofemoralen nachstehen [29]. In einer eigenen Studie mit insgesamt 454 Patienten, welche allesamt mikrofrakturiert wurden, zeigten die 47 Patienten, an welchen eine patellofemorale Mikrofrakturierung durchgeführt worden war, die signifikant schlechtesten Ergebnisse [26, 27]. Dieser Trend zeigte sich auch an einem sehr kleinen Kollektiv von Kindern und Jugendlichen, in welchem die patellofemoralen Mikrofrakturierungen deutlich schlechter waren als die tibiofemoralen [30]. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass die Technik der Mikrofrakturierung eine rein arthroskopische Technik ist. Allein das Debridement retropatellar kann technisch schon anspruchsvoll sein.

Eine Anbohrung retropatellar antegrad ist ebenfalls nicht einfach zu realisieren. Die Verwendung von Aalen wird mittlerweile nicht mehr empfohlen. Eine Arthrotomie vorzunehmen, um eine retropatellare Mikrofrakturierung durchzuführen, ist nicht zu empfehlen. Demgegenüber ist die Trochlea sehr gut zugänglich und bei Einhaltung der Defektgrößen eine gute Indikation für eine Mikrofrakturierung. Als Alternative zur reinen Mikrofrakturierung existiert die sogenannte AMIC-Technik, bei welcher nach erfolgter Installation der Bohrungen/Löcher z.B. eine Kollagenmembran zusätzlich übernäht oder geklebt wird. Volz und Kollegen beschrieben hier kürzlich zufriedenstellende 5-Jahres Daten, differenzierten jedoch im Ergebnisteil nicht weiter zwischen den Defektlokalisationen [31].

Die Behandlung von OD-Läsionen, welche sich zumeist im Bereich der Trochlea befinden, bedarf einer sehr genauen Analyse des Kasus und kann multimodal angegangen werden. Die durchaus zufriedenstellenden Ergebnisse hiervon wurden kürzlich von Juneau zusammengefasst [1]. Astur und Kollegen beschrieben in einer 2-Jahres-Studie zufriedenstellende Ergebnisse (Lysholm 80 Punkte) an 33 Patienten, welche allesamt mit einer osteochondralen Zylinder-Plastik versorgt worden waren. Dabei wurde die Defektgröße von 2,5 cm nicht überschritten.

Bei der Anwendung osteochondraler Zylinder kann neben Entnahmemorbidität ein klares Inkongruenzproblem entstehen, welches in einer MR-begleitenden Studie von Nho im Sinne einer fortschreitenden Degeneration im Umfeld der Zylinder über die Zeit beschrieben worden ist. Gracitelli beschrieb gemischte Ergebnisse nach allogener osteochondraler Zylinderplastik im Bereich der Kniescheibe an 28 Kniegelenken. Davon wurden 60 % re-operiert. Die Überlebensrate der Zylinder lag bei 55 % nach 10 Jahren. Jedoch zeigten die Patienten, bei welchen die Zylinderplastik noch funktionierte, gute Ergebnisse im Sinne der Zufriedenheit. Allogene osteochondrale Zylinder sind im europäischen Raum eher eine Seltenheit. Es bleibt aber anzumerken, dass hier zumindest eine Entnahmeproblematik entfällt, wie diese von Paul et al. eingehend beschrieben worden ist [32]. In einer 2016 publizierten Meta-Analyse im Vergleich OATS versus Mikrofrakturierung konnte eine tendenzielle Überlegenheit der OATS-Plastiken nachgewiesen werden. Vor allem aber war die Rückkehr-Quote in die sportliche Aktivität in der OATS-Gruppe deutlich besser [33]. Da der Zylinder hypothetisch nur ossär einwachsen muss, kann spätestens nach 6 Monaten von einer vollen Integration gesprochen werden und der Sportler früher in diese Aktivität re-integriert werden [34, 35].

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