Arzt und Recht - OUP 11/2019
KV greift unzulässig in Therapiefreiheit bei Injektionen einAktueller Fall
Es bleibt völlig unklar, auf welcher Grundlage die betreffende kassenärztliche Vereinigung dem niedergelassenen Orthopäden inhaltlich ein Disziplinarverfahren androht und welche konkreten vertragsarztrechtlichen Pflichten und/oder Vorschriften verletzt sein sollten. Nach hiesigem Verständnis kann eine umfängliche Aufklärung auch des gesetzlich Versicherten nicht vertragsarztrechtswidrig sein. Ebenso wenig können Abrechnungsvorschriften verletzt worden sein. Folgte man der Ansicht der KV, dürften sämtliche Behandlungen im Off-label-Use bei gesetzlich versicherten Patienten nicht über die GOÄ angerechnet werden. Da sodann aber berufsrechtlich lediglich die EBM-Abrechnung als einzige existierende Alternative zur GOÄ verbliebe, wäre der Behandler gezwungen, nach EBM zu liquidieren, was aber ebenfalls unzulässig ist. Demgemäß ist schon deshalb, aber insbesondere in Ansehung der vorstehenden Aspekte, die Rechtsansicht der kassenärztlichen Vereinigung nicht tragbar.
Eine generelle Handlungsempfehlung kann bedauerlicherweise nicht erfolgen, da sich das Vorgehen denknotwenig nach dem jeweils konkreten streitigen Sachverhalt richtet. Es ist aber dringend angeraten, mit der KV bereits vor Verfahrenseinleitung bzw. im Rahmen der Anhörung in Kontakt zu treten und die differenten Rechtsansichten darzustellen.
Schlussendlich sei noch darauf hingewiesen, dass für den Betroffenen negative Entscheidungen in einem Disziplinarverfahren mit einer Klage zum örtlich zuständigen Sozialgericht binnen Monatsfrist angegriffen werden können und gegebenenfalls auch sollten.
Korrespondenzadresse
Rechtsanwalt Heiko Schott
Fachanwalt für Medizinrecht
Leithestraße 39
45886 Gelsenkirchen
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Kanzlei Schmelter & Schott, Gelsenkirchen
1 Vgl. Schott: Die Kostenerstattung bei wirbelsäulennahen Injektionen unter Verwendung von Kortikoiden im Off-label-Use. OUP 2016; 4: 238–240
2 Vgl. u.a. Laum in Dt. Ärzteblatt, 11/2012; Schneider in Haufe, SGB, IGeL-Leistungen, 3., Aufklärungspflichten