Übersichtsarbeiten - OUP 07-08/2017
Ligamentäre Verletzungen des EllenbogensAktuelle Konzepte der operativen und konservativen TherapieCurrent operative and conservative treatment concepts
In Fällen einer ausgedehnten Verletzung oder verzögerten Versorgung kann die Anwendung eines internal bracing sinnvoll werden [7]. Dabei wird ein Fibre-Tape im Bandverlauf gespannt und damit quasi eine Bandplastik mit einem stabilen Faden anstatt eines autologen Sehnentransplantats durchgeführt. Durch moderne Rekonstruktionstechniken ist die Bedeutung des Bewegungsfixateurs in der Akutsituation in den Hintergrund getreten.
Rolle der Arthroskopie
Die Arthroskopie der akuten Bandverletzung hat im eigenen Behandlungsalgorithmus seit einigen Jahren einen hohen Stellenwert. Die Vorteile einer vorgeschalteten ASK liegen zum einen in der Ausspülung des Hämarthros mit Resektion der bereits gebildeten Briden, die für die Entwicklung der Steife bzw. Arthrofibrose verantwortlich sind. Zum anderen kann mit der ASK das gesamte Gelenk eingesehen werden. Nicht selten offenbaren sich Knorpelläsionen, die im MRT selbst retrospektiv nicht sichtbar sind (Abb. 3). Außerdem kann die Stabilität im Rahmen der ASK standardisiert geprüft und dokumentiert werden. Das Therapiekonzept kann entsprechend der Befunde angepasst werden.
In der Literatur ist die ASK der akuten Bandverletzung oder Luxation weiterhin nicht als standardisiertes Verfahren zu finden. Im eigenen Vorgehen wird der Wert der ASK jedoch sehr hoch eingeschätzt, da regelmäßig überraschende Befunde aufgedeckt werden, die entweder einer direkten Intervention bedürfen, wie z.B. die Resektion freier Gelenkkörper, oder helfen, die Prognose des Gelenks besser einzuschätzen. Nachteile bestehen in der potenziellen Schwellungszunahme und der Seitlagerung, die die Versorgung des MCL aufgrund der ungewohnten Perspektive erschwert.
Nachbehandlung
Die Orthese wird für 6 Wochen post-OP bzw. nach Trauma empfohlen. Die Bewegungsübungen erfolgen über Kopf und aktiv, um die dynamischen Stabilisatoren nicht weiter zu schwächen. Bei lateralen Bandverletzungen sollte die Extension/Flexion in Pronation, bei medialen Bandverletzungen in Supination beübt werden. Die gegenläufige Rotation wird in 90° Flexion beübt. Bei beidseitigen Bandverletzungen wird in Neutralstellung beübt oder Rotation anhand der schwerer verletzten Seite ausgerichtet.
Insgesamt besteht am Ellenbogen nach Bandverletzungen immer ein erhöhtes Risiko einer Steife. Daher soll auch bei einer konservativen Therapie eine engmaschige Kontrolle der Patienten erfolgen. Sollte sich innerhalb der ersten 2 Wochen die Beweglichkeit nicht suffizient entwickeln und eine Einsteifung drohen, kann eine stationäre Aufnahme zur intensivierten Physiotherapie oder gar eine Narkosemobilisierung sinnvoll sein. Eine Narkosemobilisation wird jedoch nur innerhalb der ersten 2 bis maximal 3 Wochen in Erwägung gezogen, da darüberhinaus das Risiko einer iatrogenen Begleitverletzung zu hoch ist.
Komplikationen
Hauptkomplikation sowohl unter der konservativen wie auch unter der operativen Therapie ist die Ellenbogensteife. Es ist daher unter der KG auf eine ausreichende Analgesie zu achten. Im eigenen Vorgehen wird als Basis immer Ibuprofen verwendet, sofern keine Kontraindikationen vorliegen. Dies kann durchaus auch als Prophylaxe heterotoper Ossifikationen gesehen werden. Bei insgesamt sehr niedrigem Risiko relevanter HOs wird auf die Gabe von Indometacin, das ein deutlich erhöhtes Nebenwirkungsprofil hat, verzichtet. Zusätzlich erfolgt die schmerzabhängige Gabe höherpotenter Analgetika. Auf die eventuelle Erfordernis einer erneuten stationären Aufnahme zur Intensivierung der KG oder Narkosemobilisation innerhalb der ersten 2–3 Wochen wurde bereits hingewiesen.
Gerade unter der konservativen Therapie besteht die Gefahr der chronischen Instabilität. Insbesondere in Kombination mit einer Steife bedeutet dies für den Patienten unter Umständen einen langwierigen Weg mit mehreren OPs bis zur vollständigen Rehabilitation. Aber auch bei der operativen Therapie können chronische Instabilitäten entstehen. Ursachen sind dann entweder die fehlende Compliance des Patienten oder eine insuffiziente chirurgische Technik wie z.B. die falsche Ankerplatzierung (Abb. 6).
Um iatrogene Schädigungen des N. ulnaris zu vermeiden, sollte bei der Refixation des MCL die Darstellung des Nervs erfolgen.
Fazit
Bandverletzungen des Ellenbogens sind häufig. Bei jedem Ellenbogentrauma müssen die Bänder evaluiert und eine relevante Bandverletzung ausgeschlossen werden. Gerade die konsequente Anwendung des MRTs offenbart bei vielen vermeintlichen harmlosen Verletzungen dann doch einen Luxationsmechanismus, der die letztliche Schwere der Verletzung erklärt. Das MRT sollte innerhalb der ersten 10 Tage durchgeführt werden, um eine evtl. erforderliche operative Versorgung innerhalb der ersten 2 Wochen zu ermöglichen. Neben den Instabilitätszeichen wie Subluxationen, Coronoidfrakturen, Osborne-Cotterill-Läsionen und Abscherfragmenten des anterioren Radiuskopfs wird auch das Ausmaß der begleitenden muskulären Verletzung beurteilt. Mit der Schwere der Verletzung sinken die Chancen für ein gutes funktionelles Ergebnis unter der konservativen Therapie. Eine Überlegenheit der operativen Therapie konnte bisher jedoch noch nicht nachgewiesen werden. Die Therapieentscheidung muss letztlich individuell mit dem Patienten in Abhängigkeit von klinischen und radiologischen Befunden sowie vom persönlichen Anspruch des Patienten entschieden werden.
Interessenkonflikt: Keine angegeben
Korrespondenzadresse
PD Dr. med. Klaus J. Burkhart
Rastatter Straße 17–19
Pforzheim
burkhart@sportklinik.de
Literatur
1. Alolabi B, Gray A, Ferreira LM, Johnson JA, Athwal GS, King GJ: Rehabilitation of the medial- and lateral collateral ligament-deficient elbow: an in vitro biomechanical study. J Hand Ther. 2012; 25: 363–72; quiz 373
2. Amis AA, Miller JH: The mechanisms of elbow fractures: an investigation using impact tests in vitro. Injury. 1995; 26: 163–8
3. Athwal GS, Faber KJ, King GJ, Elkinson I: Crista supinatoris fractures of the proximal part of the ulna. J Bone Joint Surg Am. 2014; 96: 326–31