Übersichtsarbeiten - OUP 06/2014

Meniskusersatz beim Sportler

D. Holsten1, B. Andreß1

Zusammenfassung: Knieverletzungen beim Sportler gehen häufig mit Meniskusschäden einher. Primäres Ziel sollte immer der Versuch einer Meniskusnaht sein. Ist diese nicht durchführbar, besteht die Alternative eines Meniskusteilersatzes durch Implantate. Derzeit sind mit dem Collagen Meniskus Implantat (CMI) sowie dem Actifit 2 Meniskusimplantate zugelassen. Sowohl die Mittel- und Langzeitergebnisse über das seit fast 20 Jahren im Einsatz befindliche CMI als auch die neuen Studien zu dem erst seit 2008 zugelassenen Actifit zeigen positive Ergebnisse bzgl. der Verbesserung der klinischen Scores sowie einer langsameren Progression von arthrotischen Veränderungen im Vergleich zur Meniskusteilresektion. Daher ist der Einsatz beim Sportler bei entsprechender Indikation und mit Berücksichtigung der Begleitpathologien sowohl primär nach Trauma als auch sekundär, z.B. nach Karriereende beim Profisportler, zu empfehlen.

Schlüsselwörter: Meniskusimplantat, Meniskusersatz,
Meniskusruptur, Meniskusnaht, Meniskusrekonstruktion,
CMI, Actifit, Sportler

Zitierweise
Holsten D, Andreß B: Meniskusersatz beim Sportler.
OUP 2014; 6: 286–291 DOI 10.3238/oup.2014.0286–0291

Summary: Knee injuries in athletes are frequently associated with meniscal tears. The primary goal should always be an attempt at meniscal repair. If this is not feasible there is the alternative of a partial meniscal replacement by implants. With the CMI and the Actifit there are currently 2 meniscal implants approved. The medium- to long-term results of nearly 20 years of experience for the CMI and the new studies for Actifit, approved in 2008, show positive results regarding the improvement of clinical scores as well as a slower progression of osteoarthritis compared to partial meniscectomy. Therefore the use in athletes can be recommended when indicated, with consideration of the concomitant pathologies, primarily after trauma or secondary, for example at the end of career for professional athletes.

Keywords: meniscal implant, meniscal replacement, meniscal tear, meniscal repair, meniscal reconstruction, CMI, Actifit,
athletes

Citation
Holsten D, Andreß B: Meniscal replacement in athletes.
OUP 2014; 6: 286–291 DOI 10.3238/oup.2014.0286–0291

Einleitung

Kniedistorsionen mit resultierendem Kniebinnenschaden zählen neben den OSG-Distorsionen zu den häufigsten Sportverletzungen. Bei ca. 30–40 % aller hiervon betroffenen Patienten ist eine Meniskusläsion diagnostizierbar [1]. Traumatische Meniskusrupturen treten hierbei am häufigsten bei Männern (Verhältnis m : w = 2,8 : 1) zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf [2].

Zahlreiche Studien konnten mittlerweile belegen, dass eine Rekonstruktion des Meniskus eine deutliche verbesserte Langzeitprognose hinsichtlich des geringeren Auftretens von arthrotischen Veränderungen gegenüber einer Meniskusteil- oder Totalresektion mit sich bringt [3, 4]. Auch schon bei der partiellen Meniskektomie treten durch die verminderte femorotibiale Kontaktfläche und der gestörten femorotibialen Kraftübertragung stark erhöhte Spitzenkontaktdrücke im betroffenen Kompartiment auf [5, 6]. Die hierdurch vorzeitig auftretenden arthrotischen Veränderungen im Mittel- bis Langzeitverlauf sind sowohl klinisch als auch radiologisch verifizierbar [7–9].

Aufgrund der inzwischen eindeutigen Studienlage sollte ein Erhalt des natürlichen Meniskus beim jungen sportlichen Patienten als oberstes Ziel gelten. Jedoch ist bei komplexen Rissformen eine Rekonstruktion nicht immer möglich. Auch treten bei ca. 5–20 % aller Meniskusnähte durch insuffiziente Heilung oder erneutes Trauma Re-Rupturen auf, welche aufgrund der degenerierten Meniskussubstanz eine erneute Naht oftmals unmöglich machen [10].

Bestrebt durch das zunehmende Verständnis der komplexen biomechanischen Funktion des Meniskus und seiner Bedeutung für den langfristigen Erhalt des Gelenkknorpels wird seit über 25 Jahren an der Entwicklung von Meniskusersatzgewebe für entsprechende Defekte nach Meniskusteil- bzw. Subtotalresektion geforscht. Die erste CE-Zulassung für den klinischen Einsatz erhielt das Collagen Meniskus Implantat (kurz: CMI) der Firma ReGen Biologics, mittlerweile Ivy Sports Medicine (Gräfelfing, Deutschland). Das Implantat besteht aus gereinigtem Kollagen Typ-I-Fasern, welche aus bovinen Achillessehnen gewonnen und nach Aufschwemmung mit Hyaluronsäure und Chondrosulfat in eine meniskusähnliche Form gebracht werden. Durch die poröse Oberfläche der resorbierbaren Matrix soll eine Einsprossung von körpereigenem Meniskusgewebe zur Regeneratbildung erreicht werden. Als zweites derzeit auf dem Markt befindliches Implantat erhielt im Jahr 2008 das Actifit der Firma DJO Ormed (Freiburg, Deutschland) seine Zulassung zur klinischen Anwendung. Mittlerweile wird das Implantat durch die Firma Orteq (London, England) vertrieben. Das Actifit-Implantat besteht aus einem resorbierbaren Polyurethangerüst, welches ebenfalls als Matrix für das Einwachsen von körpereigenem Gewebe dienen soll. Aufgrund der größeren Anzahl relevanter kurz- und mittelfristiger Studienergebnisse seit Einführung des CMI wird bei ähnlicher Indikation beider Implantate im Folgenden exemplarisch auf das CMI eingegangen.

Indikationsstellung

Die Indikation für die Implantation eines Meniskusimplantats besteht grundsätzlich bei biomechanisch relevanten substanziellen Defekten, welche mindestens 25 % des Meniskusvolumens ausmachen sowie in die rot-weiße bzw. rot-rote Zone reichen. Essenzielle Voraussetzung für die Implantation ist insbesondere beim Innenmeniskus der Erhalt einer stabilen Meniskusrandleiste zur sicheren Fixation des Implantats sowie die Gewährleistung einer suffizienten Lastverteilung. Auch für die Vaskularisation des Gewebes sowie die Migration der regeneratbildenden Zellen ist die Randleiste unentbehrlich.

Die Implantation kann sowohl primär in der akuten Phase nach Trauma bei nicht rekonstruierbaren Meniskusrupturen als auch sekundär nach länger zurückliegenden Teilresektionen erfolgen. Während beim Freizeit- und nicht professionellem Leistungssportler eine direkte Implantation des Meniskusersatzes aufgrund des protektiven Effekts für den Gelenkknorpel zu empfehlen ist, wird der Profisportler aufgrund der langen Nachbehandlung und damit verlängerter „Return-to-Sport“-Zeit zunächst auf einen primären Meniskusersatz verzichten wollen oder „müssen“. In diesem Fall kann dann – allerdings unter Inkaufnahme möglicher Überlastungsschäden – eine zeitversetzte Operation mit Implantation des Meniskusersatzes nach Beendigung der beruflichen Sportkarriere erfolgen. Das Behandlungskonzept eines ggf. zweizeitigen Vorgehens wurde bereits initial von Dr. Steadman propagiert (Steadman-Clinic, Vail, CO, USA), dem Pionier der CMI-Implantation mit jahrzehntelanger operativer Erfahrung in der Betreuung von Spitzensportlern.

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