Übersichtsarbeiten - OUP 11/2016

Operatives Management proximaler Femurfrakturen

Die anatomische Frakturreposition geht – abgesehen von den valgisch impaktierten Frakturen – allen Osteosyntheseverfahren voraus. Ziel ist stets die geschlossene Reposition. Eine geschlossen nicht reponierbare Fraktur sollte offen reponiert und mit auxiliärer Cerclage oder Platte passager gesichert werden [23]. Vor allem bei jüngeren Patienten dürfen keine Kompromisse hinsichtlich der anatomisch korrekten Reposition gemacht werden. Die Kapseleröffnung zum Ausräumen des Frakturhämatoms gilt mittlerweile als obsolet.

Als Fraktur-Endoprothese stellt die zementierte Hüft-TEP oder die Hemi-Endoprothese derzeit den Goldstandard dar [24, 25]. Als Altersgrenze wird ein biologisches Alter von 70 Jahren angenommen. Jedoch besteht keine feste Vorgabe. Auch ältere sehr aktive Patienten mit unauffälligem Hüftgelenk vor dem Unfall können im Einzelfall osteosynthetisch stabilisiert werden [26]. Ist allerdings die sichere Mobilisation nach der Osteosynthese nicht gewährleistet, sollte die Indikation zur Fraktur-Endoprothetik weit gestellt werden [27].

Operative Therapie trochantärer und subtrochantärer Frakturen

Die operative Stabilisierung per- und subtrochantärer Femurfrakturen wird bei stabilen Frakturen durch die 4-Loch-DHS und bei instabilen Frakturen durch einen intramedullären Kraftträger (cephalomedullärer Nagel, ggf. mit auxiliärer Cerclage oder Platte) empfohlen (Abb. 5). Abhängig von der Instabilitätsrichtung (medio-lateral, rotatorisch und kranio-kaudal), die von proximal in Richtung Schaft zu einer zunehmenden Instabilität führt, müssen diese Instabilitäten durch das jeweilige Implantat neutralisiert werden, damit eine Vollbelastung nach durchgeführter Osteosynthese möglich ist. Bei stabilen Frakturen (AO Typ-A1-Frakturen) werden extramedulläre Implantate wie die 4-Loch DHS empfohlen. Mit zunehmender mediolateraler und Rotationsinstabilität (AO Typ-A2-Frakturen) empfehlen sich intramedulläre Kraftträger in der Standardausführung. Weiter distale AO Typ-A3-Frakturen sind durch eine zusätzliche kraniokaudale Instabilität gekennzeichnet und eignen sich für die Stabilisierung mit einem langen cephalomedullären Nagel. Entscheidend für die Frakturheilung ist eine anatomische Reposition und eine korrekte Platzierung des Implantats. Die Schenkelhalsschraube liegt dabei idealerweise zentral im Schenkelhals mit der Spitze subchondral im Femurkopf.

Die Endoprothetik bleibt Einzelfällen wie einer massiven Arthrose oder einer erheblichen Destruktion durch Tumor, Metastase oder Hüftkopfnekrose vorbehalten. Ein geriatrisches Konsil mit Herzechokardiografie ist in diesen Fällen präoperativ obligatorisch.

Fazit

Zur erfolgreichen operativen Therapie hüftgelenknaher Frakturen ist ein interdisziplinäres geriatrisches Akuttherapiekonzept erforderlich, das die Behandlung relevanter Nebendiagnosen, die Wahl des günstigsten Operationszeitpunkts, des passenden operativen Verfahrens, des geeigneten Implantats und dessen korrekter technischer Anwendung beinhaltet und die frühzeitige Mobilisation der Betroffenen ermöglicht.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Severin Langer

Abteilung Unfallchirurgie

BG Unfallklinik Murnau

Professor-Küntscher-Str. 8

82418 Murnau

severin.langer@bgu-murnau.de

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