Übersichtsarbeiten - OUP 04/2015
Outcome nach operativ versorgter AC-Gelenksprengung
Im SF-36 (Abb. 3) zeigte sich lediglich in der Kategorie „emotionale Rollenfähigkeit“ ein signifikant besserer Wert in der Tightrope-Gruppe, in allen anderen Punkten unterschieden sich die beiden Gruppen nicht signifikant.
Diskussion
Obwohl AC-Gelenksprengungen relativ häufige Verletzungen sind, sie stellen die zweithäufigste Verletzung des Schultergürtels dar, herrscht in der Literatur nach wie vor Uneinigkeit darüber, welches der zahlreichen zur Verfügung stehenden OP-Verfahren das Verfahren der Wahl ist.
Wir haben uns daher mit dem Outcome unserer Patienten beschäftigt und retrospektiv untersucht, ob sich ein Unterschied zwischen den mit Tightrope und den mit Hakenplatte versorgten Patienten zeigt. Dies war jedoch nicht der Fall. Beide Patientengruppen zeigten ein gutes Outcome mit guten Scores sowohl im SF-36 als auch im Oxford Shoulder Score. Der einzige Unterpunkt, bei dem wir einen signifikanten Unterschied gefunden haben, war die „emotionale Rollenfähigkeit“. Die Patienten, die hier schlechte Werte hatten, haben jedoch z.T. im Freitext noch eine Erklärung hinzugefügt, aus der hervorgeht, dass die schlechten Werte unfall- und verletzungsunabhängig sind. Tendenziell zeigte sich in unserem Patientengut ein etwas schlechteres Scoring der Tightrope-Patienten in den Unterpunkten, die sich mit „Schmerzen“ beschäftigen. Die Unterschiede waren jedoch nicht signifikant. Bei der Einzelfallbetrachtung zeigte sich zudem, dass bei der relativ kleinen Fallzahl bereits ein Patient mit 5-er-Werten in den Schmerzscores ausreichend war, um diese Tendenz hervorzurufen.
Die Komplikationsrate war in unserer Studie auch in der Tightrope-Gruppe etwas höher, wobei jedoch die Patienten, bei denen es zu Komplikationen gekommen ist, in der Nachuntersuchung gleich gute Ergebnisse hatten, wie die Patienten ohne Komplikationen.
Auch in anderen Studien zeigte sich ein gutes Outcome nach operativer Versorgung von AC-Gelenksprengungen [8–10]. Virtanen et al. untersuchten 50 Patienten mit Rockwood-V-Verletzung nach einer Follow-up-Zeit zwischen 15 und 22 Jahren. Die Patienten waren mit unterschiedlichen Verfahren operativ stabilisiert worden, und in dem Langzeit-Follow-up zeigten sich – unabhängig vom OP-Verfahren – im Constant Score keine signifikanten Unterschiede zwischen der verletzten Seite und der gesunden Gegenseite [11]. In einer anderen Studie wurden Patienten verglichen, bei denen die folgenden Verfahren angewendet wurden: Graftrope, Tightrope und Allograft, Allograft Tissue Loop, Schraube, Suture Anchors sowie das Verfahren nach Weaver-Dunn. Insgesamt zeigte sich hierbei eine signifikant bessere Reposition mit Graftrope und Tightrope im Vergleich zu den anderen 4 Verfahren. Die Revisionsrate war am höchsten, wenn die laterale Klavikula reseziert wurde, aber nichtsdestotrotz unterschieden sich auch in dieser Studie die Gruppen nicht im Hinblick auf das funktionelle Outcome oder das Schmerzlevel [12].
Beitzel et al. [7] reviewten 120 Studien, in denen 162 verschiedene Techniken zur Stabilisierung des AC-Gelenks untersucht wurden, aber auch hier kristallisierte sich nicht das Verfahren der Wahl heraus.
Insgesamt zeigt sich, sowohl in unserer Untersuchung als auch in der Literatur, dass das Outcome nach operativer Versorgung einer AC-Gelenksprengung in der Regel sehr gut ist, und zwar unabhängig vom gewählten Operationsverfahren.
Interessenskonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Internationalen Committee of Medical Journal Editors besteht.
Korrespondenzadresse
Dr. Simone Wurm
BG-Unfallklinik Murnau
Prof.-Küntscher-Straße 8
82418 Murnau
Simone.Wurm@bgu-murnau.de
Literatur
1. Adams FL. The genuine works of Hippocrates. New York, NY: William Wood; 1886
2. Assaghir YM. Outcome of exact anatomic repair and coracoclavicular cortical lag screw in acute acromioclavicular dislocations. J Trauma Inj Infect Crit Care 2011; 71: E50–E54
3. Tossy JD, Mead NC, Sigmond HM. Acromioclavicular separations: useful and practical classification for treatment. Clin Orthop Relat Res 1963; 28: 111–119
4. Rockwood C. Subluxations and dislocations about the shoulder. In: Rockwood CA, Green DP (Hrsg) Fractures. Philadelphia: Lippincott, 1984: 860–910
5. Wellmann M, da Silva G, Lichtenberg S et al. Instabilitätsmuster bei Akromioklavikulargelenkverletzungen vom Typ Rockwood III. Orthopäde 2013; 42: 271–277
6. Smith TO, Chester R, Pearse EO et al. Operative versus non-operative management following Rockwood grade III acromioclavicular separation: a meta-analysis of the current evidence base. J Orthop Traumatol 2011; 12: 19–27
7. Beitzel K, Cote MP, Apostolakos J et al. Current concepts in the treatment of acromioclavicular joint dislocations. Arthroscopy 2013; 29: 387–397
8. Salem KH, Schmelz A. Treatment of Tossy III acromioclavicular joint injuries using hook plates and ligament sutures. J Orthop Trauma 2009; 23: 565–569
9. Kienast B, Thietje R, Queitsch C et al. Mid-term results after operative treatment of Rockwood grade III-V acromioclavicular joint dislocations with an AC-hook-plate. Eur J Med Res 2011; 16: 52–56
10. Gille J, Heinrichs G, Unger A et al. Arthroscopic-assisted hook plate fixation for acromioclavicular joint dislocation. Int Orthopaedics 2013; 37: 77–82
11. Virtanen KJ, Remes VM, Tulikoura, ITA et al. Surgical treatment of Rockwood grade-V acromioclavicular joint dislocations. Acta Orthopaedica 2013; 84: 191–195
12. Grassbaugh JA, Cole C, Wohlrab K et al. Surgical technique affects outcomes in acromioclavicular reconstruction. J Surg Orthop Advances 2013; 22: 71–76
Fussnoten