Übersichtsarbeiten - OUP 09/2016
Retrospektive Untersuchung einer zellfreien Matrix zur KnorpeltherapieRetrospective study of cell-free collagen matrix for cartilage repair
Andreas Breil-Wirth1, Lars von Engelhardt1, 2, Stefan Lobner1, Jörg Jerosch1
Studienziel: Im Rahmen dieser retrospektiven Nachuntersuchung von am Knie oder oberen Sprunggelenk operierten Patienten sollten die Verträglichkeit und die Ergebnisse einer Behandlung mit einer zellfreien liquiden Kollagenmatrix (Chondrofiller liquid) beurteilt werden.
Methode: 44 Patienten wurden arthroskopisch oder mittels Miniarthrotomie am Knie oder Sprunggelenk bei kleinen (bis 6 cm²) Knorpeldefekten operiert. Die Defektzone wurde mit Chondrofiller Liquid aufgefüllt. Postoperativ wurden die Gelenke kurzzeitig ruhiggestellt und für 6 Wochen teilbelastet. 37 Patienten wurden klinisch nachuntersucht. Darüber hinaus wurden die Patienten nach Zufriedenheit befragt und mittels Score-Systemen (IKDC) bewertet.
Ergebnisse: Es ergaben sich keine Komplikationen. Kein Patient gab eine Verschlechterung an. Ca. 80 % der Patienten gaben gute oder sehr gute Ergebnisse an und würden die Operation erneut durchführen lassen. Der IKDC lag bei durchschnittlich 75 Punkten.
Schlussfolgerung: Chondrofiller liquid zeigt sich als sicheres Verfahren, welches in diesen ersten Ergebnissen zufriedenstellende Resultate zu liefern vermag. Weitere Untersuchungen (prospektiv/MRT) sollten folgen.
Schlüsselwörter: Knorpelschaden, Knorpeltherapie, zellfreie
Matrix
Zitierweise
Breil-Wirth A, von Engelhardt LV, Lobner S, Jerosch J: Retrospektive
Untersuchung einer zellfreien Matrix zur Knorpeltherapie.
OUP 2016; 9: 515–520 DOI 10.3238/oup.2016.0515–0520
Aim: The purpose of this retrospective study was to evaluate clinical results of patients after knee or talar joint operation with a liquid cell-free collagen matrix (Chondrofiller liquid) for cartilage repair.
Method: 44 patients were operated arthroscopically on the knee or talar joint. Small (up to 6 cm²) cartilage defects were filled up with chondrofiller liquid. Patients were immobilized for 48 h followed by partial weight bearing for 6 weeks. 37 patients were reevaluated by clinical examination. Additionally patients approval with the result and the IKDC score were obtained.
Results: There were no complications. No patient suffered from worsening of symptoms. About 80 % of the patients claimed good or very good result and would re-do the operation. The average IKDC was 75 points.
Conclusion: Chondrofiller liquid shows safe application. First results are promising and comparable to other cartilage reconstructive methods. Further investigations (prospectiv studies/MRI) should follow.
Keywords: cartilage defect, cartilage therapie, cellfree matrix
Zitierweise
Breil-Wirth A, von Engelhardt LV, Lobner S, Jerosch J: Retrospektive Untersuchung einer zellfreien Matrix zur Knorpeltherapie.
OUP 2016; 9: 515–520 DOI 10.3238/oup.2016.0515–0520
Einleitung
Knorpelschäden sind ein häufiges Problem in der Orthopädie und Unfallchirurgie. Eine Reihe von Ursachen ist bekannt ([post-]traumatisch, Achsabweichung, Osteonekrose, Osteochondrose, Meniskusschäden, idiopatisch (...). Beim älteren Patienten besteht hier oft die Indikation und Möglichkeit zum endoprothetischen Ersatz. Beim jüngeren Patienten mit isoliertem Knorpelschaden handelt es sich um eine schwer zu behandelnde Präarthrose [21, 10, 24]. Mittlerweile stehen zahlreiche Verfahren zur Therapie des isolierten Knorpelschadens zur Verfügung. Dabei konnten klinische und tierexperimentelle Studien zeigen, dass eine frühzeitige operative Sanierung der konservativen Therapie überlegen ist [6, 12, 27]. Mit Verfahren wie einer Lavage und/oder einem Debridement kann ggf. eine temporäre Symptomverbesserung erzielt werden. Es wird jedoch kein zerstörter Knorpel regeneriert; entsprechend sind Studienergebnisse für beide Methoden ernüchternd [26, 20]. Verfahren wie die Pridiebohrung, Abrasionsarthoplastik oder Mikrofrakturierung führen zur Bildung von faserknorpeligem Ersatzgewebe und sind zumindest beim jüngeren Patienten kontrovers zu diskutieren [3, 20, 28, 23, 7]. Die von Brittberg entwickelte autologe Chondrozytentransplantation zielt auf die Wiederherstellung des hyalinen Knorpels ab und wird inzwischen in vielen Abwandlungen von unterschiedlichen Anbietern angeboten [4, 2, 9, 11, 14, 22]. In der Originalmethode werden Chondrozyten unter einem angenähten Periostlappen eingebracht. Neuere Methoden integrieren die Chondrozyten in eine Matrix (z.B. aus Kollagen), um der Dedifferenzierung der Zellen entgegenzuwirken. Als weiteres Verfahren steht die osteochondrale Transplantation (OATS) zur Verfügung. Auch hier wurde eine Degeneration zu Faserknorpel beschrieben, ebenso scheint die Technik aus Kongruenzgründen für kleinere Defekte besser geeignet [18, 16, 5, 17, 15].
Chondrofiller ist ein zellfreies Kollagenimplantat (Typ 1 Kollagen) zur autoregenrativen Behandlung von Knorpelschäden. Das autoregenerative Potenzial beruht auf der Einwanderung von Stammzellen aus dem umgebenden Gewebe. Dabei dient der Chondrofiller als Platzhalter für die einwandernden Zellen. Zelleinwanderung in Kollagenmatrices konnte in vivo und in vitro gezeigt werden [25]. Auch die Fähigkeit von Kollagenmatrices die Proliferation und Proteoglykansynthese in vitro zu fördern konnte nachgewiesen werden [31]. In Studien konnte die Bildung von Gelenkknorpel im Tiermodell nachgewiesen werden [13].
Bei Untersuchungen am Mini Pig bei einem Vergleich von Chondrofiller liqid mit Kollagen Gel (4x und 20x konzentriertes Kollagen) und einer unbehandelten Stelle, zeigte Chondrofiller liquid die makro- und mikroskopisch besten Ergebnisse. Mikroskopisch konnte eine Einwanderung von Zellen beobachtet werden. Diese waren primär fibroblastisch, differenzierten jedoch zu einem chondroblastären Phänotyp. Auch der Nachweis von Kollagen Typ 2 gelang. Auch wurde postuliert, dass eine frühzeitige Füllung kleinerer Defekte die Entstehung weitreichender Knorpelschäden verhindern könnte [30].
Im Rahmen dieser Untersuchungen wurden Patienten retrospektiv untersucht, bei welchen Chondrofiller liquid bei lokalisierten Knorpelschäden am Knie oder OSG (Hüfte) angewendet worden war. Ziel war es Informationen über die Verträglichkeit, die Patientenzufriedenheit und die Ergebnisse der Methode zu gewinnen.