Originalarbeiten - OUP 05/2024

Roboterassistierte Knieendoprothetik
Aktueller Stand, klinische Ergebnisse und Zukunftsaussichten

Marcel Betsch, Mario Perl, Joshua Kubach, Mario Pasurka

Zusammenfassung:
Der roboterassistierte Oberflächenersatz des Kniegelenkes (R-TKA) hat sich als transformative Technologie in der Orthopädie etabliert und bietet möglicherweise im Vergleich zu herkömmlichen Methoden eine verbesserte Präzision, bessere klinische Ergebnisse und höhere chirurgische Effizienz. Diese Arbeit gibt einen detaillierten Überblick über die technologischen Grundlagen, klinischen Vorteile und zukünftigen Entwicklungen der R-TKA. Die aktuelle Evidenz zeigt, dass R-TKA zu einer überlegenen Implantatpositionierung, reduzierten postoperativen Schmerzen und verbesserten funktionellen Ergebnissen führt. Dennoch müssen Herausforderungen wie Kosten, Lernkurve und technologische Abhängigkeit bewältigt werden, um eine breitere Akzeptanz zu erreichen.

Schlüsselwörter:
Knieendoprothetik, robotergestützte Knieendoprothetik, computergestützte Chirurgie, Arthrose

Zitierweise:
Betsch M, Perl M, Kubach J, Pasurka M: Roboterassistierte Knieendoprothetik. Aktueller Stand,
klinische Ergebnisse und Zukunftsaussichten
OUP 2024; 13: 230–235
DOI 10.53180/oup.2024.0230-0235

Summary: Robotic-assisted total knee arthroplasty (R-TKA) has emerged as a transformative technology in orthopedic surgery, potentially offering improved precision, better clinical outcomes and higher surgical efficiency compared to traditional methods. This work provides a detailed overview of the technological basis, clinical advantages and future developments of R-TKA. Current evidence suggests that R-TKA results in superior implant positioning, reduced postoperative pain and better functional outcomes. However, challenges such as high costs, associated learning curve and technological dependency need to be addressed to achieve wider adoption.

Keywords: knee arthroplasty, robotic-assisted knee arthroplasty, computer-assisted surgery, osteoarthritis

Citation: Betsch M, Perl M, Kubach J, Pasurka M Robotic-assisted total knee arthroplasty. Current status, clinical results and future prospects
OUP 2024; 13: 230–235. DOI 10.53180/oup.2024.0230-0235

Unfallchirurgische und Orthopädische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg

Einleitung

Die Implantation eines bikondylären Oberflächenersatzes (TKA) zählt zu den erfolgreichsten operativen Eingriffen in der Medizin, da sie zu einer Schmerzlinderung und Wiederherstellung der Kniegelenksfunktion führt. Trotz Weiterentwicklungen des Prothesendesigns und der Implantationstechniken berichten zwischen 15 und 25 % der Patientinnen und Patienten über persistierende Schmerzen nach einem endoprothetischen Ersatz des Kniegelenks oder sind mit den Ergebnissen der konventionellen totalen Kniearthroplastik (C-TKA) unzufrieden [1].

Um die Langlebigkeit der Prothese und die Funktion des Kniegelenks zu verbessern, ist vor allem eine neutrale Ausrichtung der Beinachse von entscheidender Bedeutung [2]. Nach C-TKA treten in bis zu 30 % der Fälle Achsfehlstellungen in der Frontalebene von mehr als 3° auf. Diese Abweichungen können ein entscheidender Faktor für anhaltende Beschwerden und Patientenunzufriedenheit sein [2]. Um eine höhere Präzision bei der Ausrichtung und Platzierung der Prothesenkomponenten zu erzielen, haben sich zunehmend computergestützte Verfahren etabliert. Bei der navigierten Implantation einer Knieendoprothese erhält die Operateurin/der Operateur durch Infrarot- (IR) oder elektromagnetische (EM) Signale Rückmeldung über die geplante Knochenresektion und die Implantatpositionierung. Verglichen mit der C-TKA zeigten sich jedoch für diese navigierten Techniken keine signifikante Verbesserung der Prothesenstandzeit und der Patientenzufriedenheit [3].

Die Implementierung von roboterassistierten Systemen soll die Inzidenz von persistierenden Knieschmerzen nach der Implantation einer TKA reduzieren, die funktionellen Ergebnisse der Patientinnen und Patienten weiter verbessern und die Standzeiten der Prothesen verlängern (Abb. 1).

Neben aktiven autonomen Systemen existieren semi-aktive Systeme mit haptischem Feedback sowie passive Systeme, die kontinuierlich von der Operateurin/dem Operateur gesteuert werden [4]. Dadurch sollen fehlerhafte Planungen, ungenaue Knochenschnitte, mangelnde Balancierung der Weichteile und eine Fehlpositionierung der Implantate vermieden werden [4]. In der aktuellen Literatur zeigen sich hierzu jedoch noch uneinheitliche und widersprüchliche Daten. Trotz einer Verbesserung der Komponentenausrichtung [5] und einer Reduktion von Fehlern bei der mechanischen Achsenausrichtung [6, 7], wurden bisher keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des langfristigen klinischen Outcomes festgestellt [5–7]. Ziel dieser Studie ist es, den aktuellen Stand der verschiedenen robotischen Systeme, die derzeit in der klinischen Praxis verwendet werden, zusammenzufassen, deren klinischen Nutzen und potenziellen Vorteile zu analysieren und zukünftige Perspektiven im Bereich der Robotik darzustellen.

Methoden

Diese Studie präsentiert eine Übersichtsarbeit über die Anwendung der roboterassistierten Knieendoprothetik (R-TKA). Im Juli 2024 wurde eine systematische Literaturrecherche in 4 bedeutenden Datenbanken (PubMed, Web of Science, Google Scholar und Embase) unter Verwendung spezifischer Schlüsselbegriffe wie „Total knee arthroplasty“, „TKA“, „robotic surgery“, „computer-assisted orthopedic surgery“, „robotic-assisted total knee arthroplasty“, „surgical navigation system“ und „conventional“ durchgeführt. Die eingeschlossenen Artikel wurden auf englisch- und deutschsprachige Publikationen der letzten 10 Jahre begrenzt, was zu insgesamt 266 identifizierten Studien führte. Für unsere Analyse wurden ausschließlich vergleichende klinische Studien zwischen primärer roboterassistierter TKA (R-TKA) und konventioneller TKA (C-TKA) berücksichtigt. Diese Studien untersuchten radiologische und klinische Ergebnisse sowie Überlebens- und Komplikationsraten (18 Studien). Nicht eingeschlossen wurden Fallserien und Case-Reports. Ebenfalls ausgeschlossen wurden Studien zur unikompartimentellen und zur Revisions-Kniearthroplastik.

Arten von Robotersystemen

Die in der Knieendoprothetik verwendeten Robotersysteme können in 2 Hauptkategorien unterteilt werden: aktive und semi-aktive Systeme. Aktive Systeme führen die chirurgischen Schritte autonom aus, basierend auf präoperativen Planungsdaten. Semi-aktive Systeme hingegen unterstützen die Chirurgin/den Chirurgen durch präzise geführte Bewegungen, wobei die Chirurgin/der Chirurg die Kontrolle behält. Die präoperative Bildgebung, präzise intraoperative Planung und roboterassistierte Ausführung sind dabei in den chirurgischen Workflow integriert. Die verschiedenen Systeme bieten unterschiedliche Ansätze zur Verbesserung der chirurgischen Genauigkeit und Anpassungsfähigkeit (Abb. 2).

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