Originalarbeiten - OUP 05/2024

Roboterassistierte Knieendoprothetik
Aktueller Stand, klinische Ergebnisse und Zukunftsaussichten

Marcel Betsch, Mario Perl, Joshua Kubach, Mario Pasurka

Zusammenfassung:
Der roboterassistierte Oberflächenersatz des Kniegelenkes (R-TKA) hat sich als transformative Technologie in der Orthopädie etabliert und bietet möglicherweise im Vergleich zu herkömmlichen Methoden eine verbesserte Präzision, bessere klinische Ergebnisse und höhere chirurgische Effizienz. Diese Arbeit gibt einen detaillierten Überblick über die technologischen Grundlagen, klinischen Vorteile und zukünftigen Entwicklungen der R-TKA. Die aktuelle Evidenz zeigt, dass R-TKA zu einer überlegenen Implantatpositionierung, reduzierten postoperativen Schmerzen und verbesserten funktionellen Ergebnissen führt. Dennoch müssen Herausforderungen wie Kosten, Lernkurve und technologische Abhängigkeit bewältigt werden, um eine breitere Akzeptanz zu erreichen.

Schlüsselwörter:
Knieendoprothetik, robotergestützte Knieendoprothetik, computergestützte Chirurgie, Arthrose

Zitierweise:
Betsch M, Perl M, Kubach J, Pasurka M: Roboterassistierte Knieendoprothetik. Aktueller Stand,
klinische Ergebnisse und Zukunftsaussichten
OUP 2024; 13: 230–235
DOI 10.53180/oup.2024.0230-0235

Summary: Robotic-assisted total knee arthroplasty (R-TKA) has emerged as a transformative technology in orthopedic surgery, potentially offering improved precision, better clinical outcomes and higher surgical efficiency compared to traditional methods. This work provides a detailed overview of the technological basis, clinical advantages and future developments of R-TKA. Current evidence suggests that R-TKA results in superior implant positioning, reduced postoperative pain and better functional outcomes. However, challenges such as high costs, associated learning curve and technological dependency need to be addressed to achieve wider adoption.

Keywords: knee arthroplasty, robotic-assisted knee arthroplasty, computer-assisted surgery, osteoarthritis

Citation: Betsch M, Perl M, Kubach J, Pasurka M Robotic-assisted total knee arthroplasty. Current status, clinical results and future prospects
OUP 2024; 13: 230–235. DOI 10.53180/oup.2024.0230-0235

Unfallchirurgische und Orthopädische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg

Einleitung

Die Implantation eines bikondylären Oberflächenersatzes (TKA) zählt zu den erfolgreichsten operativen Eingriffen in der Medizin, da sie zu einer Schmerzlinderung und Wiederherstellung der Kniegelenksfunktion führt. Trotz Weiterentwicklungen des Prothesendesigns und der Implantationstechniken berichten zwischen 15 und 25 % der Patientinnen und Patienten über persistierende Schmerzen nach einem endoprothetischen Ersatz des Kniegelenks oder sind mit den Ergebnissen der konventionellen totalen Kniearthroplastik (C-TKA) unzufrieden [1].

Um die Langlebigkeit der Prothese und die Funktion des Kniegelenks zu verbessern, ist vor allem eine neutrale Ausrichtung der Beinachse von entscheidender Bedeutung [2]. Nach C-TKA treten in bis zu 30 % der Fälle Achsfehlstellungen in der Frontalebene von mehr als 3° auf. Diese Abweichungen können ein entscheidender Faktor für anhaltende Beschwerden und Patientenunzufriedenheit sein [2]. Um eine höhere Präzision bei der Ausrichtung und Platzierung der Prothesenkomponenten zu erzielen, haben sich zunehmend computergestützte Verfahren etabliert. Bei der navigierten Implantation einer Knieendoprothese erhält die Operateurin/der Operateur durch Infrarot- (IR) oder elektromagnetische (EM) Signale Rückmeldung über die geplante Knochenresektion und die Implantatpositionierung. Verglichen mit der C-TKA zeigten sich jedoch für diese navigierten Techniken keine signifikante Verbesserung der Prothesenstandzeit und der Patientenzufriedenheit [3].

Die Implementierung von roboterassistierten Systemen soll die Inzidenz von persistierenden Knieschmerzen nach der Implantation einer TKA reduzieren, die funktionellen Ergebnisse der Patientinnen und Patienten weiter verbessern und die Standzeiten der Prothesen verlängern (Abb. 1).

Neben aktiven autonomen Systemen existieren semi-aktive Systeme mit haptischem Feedback sowie passive Systeme, die kontinuierlich von der Operateurin/dem Operateur gesteuert werden [4]. Dadurch sollen fehlerhafte Planungen, ungenaue Knochenschnitte, mangelnde Balancierung der Weichteile und eine Fehlpositionierung der Implantate vermieden werden [4]. In der aktuellen Literatur zeigen sich hierzu jedoch noch uneinheitliche und widersprüchliche Daten. Trotz einer Verbesserung der Komponentenausrichtung [5] und einer Reduktion von Fehlern bei der mechanischen Achsenausrichtung [6, 7], wurden bisher keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des langfristigen klinischen Outcomes festgestellt [5–7]. Ziel dieser Studie ist es, den aktuellen Stand der verschiedenen robotischen Systeme, die derzeit in der klinischen Praxis verwendet werden, zusammenzufassen, deren klinischen Nutzen und potenziellen Vorteile zu analysieren und zukünftige Perspektiven im Bereich der Robotik darzustellen.

Methoden

Diese Studie präsentiert eine Übersichtsarbeit über die Anwendung der roboterassistierten Knieendoprothetik (R-TKA). Im Juli 2024 wurde eine systematische Literaturrecherche in 4 bedeutenden Datenbanken (PubMed, Web of Science, Google Scholar und Embase) unter Verwendung spezifischer Schlüsselbegriffe wie „Total knee arthroplasty“, „TKA“, „robotic surgery“, „computer-assisted orthopedic surgery“, „robotic-assisted total knee arthroplasty“, „surgical navigation system“ und „conventional“ durchgeführt. Die eingeschlossenen Artikel wurden auf englisch- und deutschsprachige Publikationen der letzten 10 Jahre begrenzt, was zu insgesamt 266 identifizierten Studien führte. Für unsere Analyse wurden ausschließlich vergleichende klinische Studien zwischen primärer roboterassistierter TKA (R-TKA) und konventioneller TKA (C-TKA) berücksichtigt. Diese Studien untersuchten radiologische und klinische Ergebnisse sowie Überlebens- und Komplikationsraten (18 Studien). Nicht eingeschlossen wurden Fallserien und Case-Reports. Ebenfalls ausgeschlossen wurden Studien zur unikompartimentellen und zur Revisions-Kniearthroplastik.

Arten von Robotersystemen

Die in der Knieendoprothetik verwendeten Robotersysteme können in 2 Hauptkategorien unterteilt werden: aktive und semi-aktive Systeme. Aktive Systeme führen die chirurgischen Schritte autonom aus, basierend auf präoperativen Planungsdaten. Semi-aktive Systeme hingegen unterstützen die Chirurgin/den Chirurgen durch präzise geführte Bewegungen, wobei die Chirurgin/der Chirurg die Kontrolle behält. Die präoperative Bildgebung, präzise intraoperative Planung und roboterassistierte Ausführung sind dabei in den chirurgischen Workflow integriert. Die verschiedenen Systeme bieten unterschiedliche Ansätze zur Verbesserung der chirurgischen Genauigkeit und Anpassungsfähigkeit (Abb. 2).

Zu den führenden Systemen gehören das Mako Surgical System (Stryker, Kalamazoo, MI, USA) (Abb. 2), der Omnibot (Corin, Tampa, FL, USA), das Cori Surgical System (Smith and Nephew, London, UK), Velys (DePuy Synthes, Warsaw, IN, USA) und das ROSA Knee System (ZimmerBiomet, Warsaw, IN, USA). Beim Mako Surgical System wird eine CT-basierte Planung und haptisches Feedback zur geführten Knochenresektion verwendet, während beim Cori Surgical System die handgeführte Robotik mit bildfreier Registrierung abläuft. Letzteres erlaubt hierbei eine höhere Flexibilität während der Operation. Das ROSA Knee System kombiniert 3D-präoperative Planung mittels Röntgenbildern mit Echtzeit-intraoperativen Daten, um eine optimale Implantatpositionierung und -ausrichtung zu gewährleisten. Beim Velys System handelt es sich um ein bettgestütztes, relativ schmales, bildfreies Gerät, das intraoperative knöcherne Orientierungspunkte erkennt und endgültige Schätzungen der Knochenschnitte und der Bandspannung liefert. Dies stellt sicher, dass das erwartete Weichteilgleichgewicht vor den Knochenschnitten bestimmt wird. Der Omnibot erfordert keine präoperative Bildgebung. Führungsschablonen werden nach dem tibialen Schnitt angebracht. Durch einen Laminarspalter war er der erste Roboter, der Schätzungen zur Weichteilbalancierung lieferte und die femoralen Schnitte entsprechend anpasste.

Präoperative Planung und intraoperative Ausführung

Der Einsatz von computergestützten Algorithmen zur präoperativen Planung ermöglicht es, Operationen individuell und patientenspezifisch zu planen und durchzuführen. Ein wesentlicher Bestandteil der roboterassistierten Knieendoprothetik sind bildgebende Verfahren wie CT, Röntgenaufnahmen oder MRT, die eine detaillierte präoperative Planung ermöglichen. Mit Hilfe der erhobenen Daten wird ein 3D-Modell des Kniegelenks erstellt, wodurch eine sorgfältige Kartierung anatomischer Landmarken sowie eine umfassende Operationssimulation ermöglicht wird (Abb. 3).

Dieser Schritt erleichtert präzise Knochenschnitte und verbessert die optimale Implantatpositionierung. Es ist jedoch anzumerken, dass nicht alle derzeit verfügbaren Systeme eine präoperative Bildgebung erfordern. Durch Echtzeit-Feedback während der Operation gewährleisten Robotersysteme eine präzise Einhaltung des erstellten präoperativen Plans. Der Roboterarm oder das handgeführte Gerät leiten den Operateur bei den Knochenschnitten und der genauen Implantatausrichtung (Abb. 4). Dies soll helfen, menschliche Fehler zu reduzieren und somit zu konsistenteren Ergebnissen zu führen. Durch die intraoperative Navigation erfolgt zudem eine dynamische Anpassung an die individuellen anatomischen Gegebenheiten der Patientin/des Patienten, wodurch die Gesamtgenauigkeit und Effizienz des Verfahrens erhöht werden (Abb. 5).

Klinische Ergebnisse

Klinische Scores (PROMs)

Das klinische Outcome, gemessen an verschiedenen klinischen Scores, zeigt sich postoperativ nach Implantation einer TKA sowohl für R-TKA, als auch für C-TKA im Vergleich zu den präoperativen Scores deutlich verbessert. Die in der aktuellen Literatur am häufigsten verwendeten klinischen Scores oder „patient reported outcome
measurements“ (PROMs) zur Erhebung von Schmerzen sowie klinischen und funktionellen Daten sind der Visual Analogue Score (VAS), der Knee Society Score (KSS, Subcore Schmerz und Funktion), der Hospital for Special Surgery (HSS) Score, und der Western Ontario und McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC). Durch die erhöhte Präzision bei der Platzierung der Prothese werden bei der R-TKA Weichteilverletzungen minimiert und eine schnellere Regeneration erleichtert. Einige Studien zeigen eine Überlegenheit der R-TKA gegenüber der C-TKA im kurzzeitigen postoperativen Verlauf (1–2 Monate nach der Operation) [8, 9]. Dies führt zu einer schnelleren Wiederaufnahme alltäglicher Aktivitäten und einer insgesamt verbesserten Lebensqualität für die Patientinnen und Patienten. In einer Metaanalyse aus 2022 zeigten sich höhere, jedoch nicht signifikante Kurzzeitergebnisse der R-TKA im Vergleich zur C-TKA bei gleichzeitig höherer Genauigkeit der Implantatpositionierung [10]. Jedoch existieren ebenso Studien, welche vergleichend keine verbesserten kurzzeitigen klinischen Ergebnisse der R-TKA zeigen [5–7]. Qualitativ hochwertige randomisierte kontrollierte Studien berichteten zudem sowohl im kurzfristigen, als auch langfristigen Nachbeobachtungszeitraum über 10 Jahre über keine signifikanten Unterschiede in den klinischen Ergebnissen zwischen R-TKA und C-TKA [11–15].

Bewegungsumfang Kniegelenk

Im Vergleich zu C-TKA führt die R-TKA zu einem geringeren Verlust des Bewegungsumfanges (ROM) unmittelbar nach der Operation und einer schnelleren Wiederherstellung des Bewegungsumfanges nach der Operation [9, 16, 17]. Ali et al. berichteten über einen signifikanten Unterschied im prä- versus postoperativen Bewegungsumfang 3, 6 und 12 Monate nach R-TKA im Vergleich zu C-TKA [17]. Es existieren jedoch auch vergleichende Studien, welche keine Vorteile der R-TKA im Vergleich zur C-TKA bezüglich postoperativer ROM beschreiben [6]. Im Langzeit-Follow-up bis zu 10 Jahren ist die postoperative Beweglichkeit des Kniegelenkes sowohl bei robotischer, als auch bei konventioneller TKA im Vergleich zum präoperativen Status deutlich verbessert, es wurden jedoch keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Verfahren beschrieben [11, 18].

Radiologische Ergebnisse (Implantatpositionierung und -ausrichtung)

Die korrekte Ausrichtung der Implantate ist entscheidend für die Langlebigkeit und Funktion einer Prothese. R-TKA verbessert die Genauigkeit der Implantatpositionierung und -ausrichtung und ist der C-TKA bei der Wiederherstellung der tibiofemoralen und mechanischen Achse überlegen [5–7]. Die verbesserte Präzision bei der Implantatplatzierung trägt maßgeblich dazu bei, die biomechanische Funktion des Kniegelenks zu optimieren und dadurch die langfristige Haltbarkeit des Implantats zu gewährleisten. Die Datenlage ist hier jedoch zum Teil sehr heterogen. Mehrere Studien zeigen, dass roboterassistierte Verfahren zu konsistenteren und präziseren Ergebnissen führen, jedoch zeigte sich der Unterschied oft nicht signifikant und es gibt keinen Unterschied in der Rotationsausrichtung der femoralen Komponente gegenüber der transepikondylären Achse oder der Rotation der tibialen Komponente [5–7, 12, 15, 19, 20].

Komplikationsraten

In Bezug auf die Komplikationsraten zwischen R-TKA und C-TKA zeigen sich größtenteils keine signifikanten Unterschiede. Eine vermutete erhöhte Rate an R-TKA-spezifischen Komplikationen wie Pin-Frakturen und Pin-Infektionen konnte in der Literatur nicht bestätigt werden [7]. Einige Studien berichteten über eine niedrigere Rate an allgemeinen Komplikationen wie Anämie, tiefe Venenthrombose und Lungenembolie nach R-TKA im Vergleich zu C-TKA, jedoch zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Bezug auf aseptische Lockerung oder postoperative Wundinfektionen [5, 6, 12, 19]. Langzeit-Follow-up-Studien berichteten über eine periimplantäre Osteolyse von 5–7 % ohne signifikanten Unterschied zwischen R-TKA und C-TKA über einen Zeitraum von bis zu 12 Jahren [12, 20]. Ebenso gibt es keine Unterschiede bezüglich der Revisionsrate bei aseptischer Lockerung. Die kumulative Überlebensrate ohne septische Revisionen liegt zwischen 97,4 % und 96,6 %, ohne statistisch signifikanten Unterschiede im 10-Jahres-Follow-up [11, 12, 21].

Operationsdauer

Durch zusätzlich benötige Schritte zu Beginn der R-TKA liegt die Operationsdauer, vor allem bei noch unerfahrenen Operateurinnen und Operateuren, womöglich über der Dauer der C-TKA. So werden vereinzelt in der Literatur auch längere Zeiten mit durchschnittlich 25 Minuten mehr angegeben [6]. Durch eine steile Lernkurve mit den R-TKA-Systemen gleicht sich diese im Verlauf jedoch an. Nur wenige Level-I-Studien berichteten über Unterschiede in der Operationszeit zwischen R-TKA und C-TKA. Die durchschnittliche Operationsdauer für R-TKA betrug 74,50 ± 22,08 min, was der Operationszeit der C-TKA-Gruppe entsprach (71,74 ± 20,63 min) [19].

Kostenanalyse

Die Anschaffung und der Betrieb von Robotersystemen sind mit hohen Kosten verbunden. Dies stellt eine bedeutende Hürde für viele Krankenhäuser dar, insbesondere für kleinere Einrichtungen und Gesundheitssysteme mit begrenzten Ressourcen in weniger entwickelten Ländern. Durch die Verwendung von R-TKA können jedoch auch Kosten gesenkt werden. Innerklinisch zeigt sich dies durch kürzere Krankenhausaufenthalte und geringere Wiederaufnahmeraten. Außerhalb der Klinik können zudem Kosten durch eine geringere Notwendigkeit der Inanspruchnahme von Pflegeeinrichtungen reduziert werden [22]. Auch wenn die langfristigen Kosten durch potenziell reduzierte Revisionsraten und bessere Patientenergebnisse gesenkt werden könnten, bleibt die initiale Investition eine Herausforderung. Die aktuelle Literatur liefert jedoch erste Hinweise, dass die R-TKA durch verbesserte PROMs, kürzere Krankenhausaufenthalte, geringeren Schmerzmittelverbrauch sowie höheren Raten an Entlassungen nach Hause, kombiniert mit reduzierten Wiederaufnahmeraten, das Potenzial hat, die initial hohen Kosten im Verlauf wieder auszugleichen [22–24].

Diskussion

Es stehen auf dem Markt mittlerweile einige Robotersysteme für die Knieendoprothetik zur Verfügung. Dadurch steigt deren klinischer Einsatz und zunehmend nimmt auch das Forschungsinteresse an der R-TKA zu [25]. Trotz vieler berichteter Vorteile der R-TKA ist die Datenlage insgesamt heterogen. Sowohl die C-TKA, als auch die R-TKA bieten bei konservativ ausbehandelter Gonarthrose ein effektives Verfahren zur Schmerzlinderung und zum Funktionsgewinn. Da nach C-TKA weiterhin bis zu 20 % der Patientinnen und Patienten über oft unklare Kniebeschwerden klagen [1, 26], besteht weiterhin großes Interesse an einer Optimierung der Operation. Es wird angenommen, dass ein Grund dieser Beschwerden in Abweichungen und Ungenauigkeiten der Implantatpositionierung und Ausrichtung bei C-TKA besteht [2]. Durch Optimierung dieser Faktoren könnte die R-TKA die Häufigkeit anhaltender postoperativer Beschwerden lindern. Die potenziellen Vorteile der R-TKA liegen vor allem in der höheren Präzision und Reproduzierbarkeit des Verfahrens und der dadurch verbundenen Minimierung der Fehlerquellen und Weichteilverletzungen [8]. Dies kann zu geringeren postoperativen Schmerzen, einem erhöhten Bewegungsausmaß sowie reduzierten Krankenhausaufenthalten führen [8, 9, 27]. Insbesondere die Schmerzreduktion, das reduzierte Weichteiltrauma und ein erhöhtes Bewegungsausmaß sind wahrscheinlich auf die exaktere Komponentenpositionierung der R-TKA zurückzuführen und verbessern so die Patientenzufriedenheit nach dem Eingriff [16, 28]. Während viele Studien eine Überlegenheit der R-TKA gegenüber der C-TKA, vor allem hinsichtlich der Implantatpositionierung und Ausrichtung sowie der kurzfristigen klinischen Parameter berichten, zeigen Langzeitergebnisse in der aktuellen Literatur klinisch keinen signifikanten Vorteil der R-TKA gegenüber der C-TKA [11–15]. Da die robotergestützten Verfahren jedoch einem stetigen Fortschritt unterliegen und Langzeitstudien nicht die aktuellsten Technologien beinhalten, bieten neuere Entwicklungen das Potenzial, ein verbessertes Outcome zu erreichen. Neue Langzeitstudien mit den aktuellsten Systemen der R-TKA sind notwendig, um deren tatsächlichen Nutzen über einen längeren Zeitraum hinweg zu beurteilen und die langfristige Wirksamkeit und Patientenzufriedenheit umfassend bewerten zu können.

Trotz der Vorteile in bestimmten Bereichen, bestehen auch Herausforderungen in der Nutzung robotergestützter Verfahren. Insbesondere in der praktischen Anwendung können technische Probleme mit den Systemen zu zeitlichen Verzögerungen führen. Zudem können anatomische Varianten die präoperative Planung komplizieren. Um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, bedarf es eines erfahrenen chirurgischen Teams mit Anpassungsfähigkeit während der Operation. Zudem werden z.T. spezielle Komplikationen der R-TKA, wie Pin-Frakturen und Pin-Infektionen berichtet [29], welche in anderen Studien jedoch bisher nicht bestätigt werden konnten [7].

Ein häufig diskutiertes Thema ist eine möglich verlängerte Operationszeit der R-TKA, welche von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Neben zusätzlichen Schritten bei der Operation (erste Einrichtung, Einsetzen der Pins und Kalibrieren der Systeme) ist hier vor allem die Lernkurve entscheidend. Die vereinzelt berichtete längere Operationsdauer der R-TKA [6] kann womöglich durch eine steile Lernkurve im Verlauf an die Dauer der C-TKA angeglichen werden [19]. Um eine steile Lernkurve zu erreichen und mit den technologischen Fortschritten Schritt zu halten, benötigen Chirurginnen und Chirurgen jedoch umfassende Schulungen, um die Robotersysteme effektiv zu nutzen.

Obwohl die Verwendung von roboterassistierten Systemen potenziell Kosteneinsparungen ermöglicht [22–24] stellen hohe Anschaffungskosten weiterhin eine Herausforderung für viele Kliniken dar. Um den weltweiten Zugang zur roboterassistierten Knieendoprothetik zu erweitern, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Kosten zu reduzieren und die Technologie in verschiedene Gesundheitssysteme integrieren zu können. Dies könnte durch technologische Fortschritte, Skaleneffekte und gezielte Schulungsprogramme realisiert werden.

Die Technologie der roboterassistierten Chirurgie entwickelt sich kontinuierlich weiter. Neue Systeme und Software-Updates verbessern die Präzision der Implantatpositionierung und Ausrichtung, Benutzerfreundlichkeit sowie auch die Sicherheit der Verfahren. Die Abhängigkeit von fortschrittlicher Technologie lässt allerdings Bedenken hinsichtlich Gerätestörungen und des Bedarfs an technischer Unterstützung aufkommen. Potenzielle technische Probleme müssen hierbei auch durch Chirurginnen und Chirurgen gelöst werden. Zusätzlich müssen Krankenhäuser und chirurgische Teams über die notwendige Infrastruktur und technische Unterstützung verfügen, um technologische Probleme schnell und effektiv lösen zu können.

Die Zukunft der R-TKA liegt in fortlaufenden technologischen Fortschritten und der Integration mit Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen. Potenzielle Entwicklungen liegen hier vor allem in der KI-unterstützten Planung, Nutzung von Big Data zur erweiterten Datenanalyse und Schaffung von intuitiverer und benutzerfreundlicherer Robotersysteme zur Reduzierung der Lernkurve. Eine Ausweitung der Robotik mit deren Grundprinzipien von Präzision und individualisierter Planung auf andere Bereiche der orthopädischen Chirurgie ist zu erwarten.

Schlussfolgerung

Der roboterassistierten Knieendoprothetik (R-TKA) kommt in der Endoprothetik eine immer größere Bedeutung zu. Sie hat das Potenzial, die Positionierung der Implantate, die kurzfristigen Ergebnisse für die Patientinnen und Patienten sowie möglicherweise die Lebensdauer der Prothesen zu verbessern. Obwohl Herausforderungen und hohe Kosten bestehen, zeigen aktuelle Studien vielversprechende Ergebnisse. Die kontinuierliche technologische Entwicklung dürfte die Verbreitung und Effektivität dieser Technologie weiter vorantreiben. Weitere Studien und technologische Fortschritte sind erforderlich, um die Vorteile dieses innovativen Ansatzes in der Kniearthroplastik vollständig auszuschöpfen. Die Integration neuer Technologien und die kontinuierliche Verbesserung chirurgischer Techniken werden entscheidend sein für die breite Akzeptanz und den Erfolg der R-TKA. Langfristig könnte die roboterassistierte Chirurgie einen neuen Standard in der orthopädischen Versorgung setzen und die Lebensqualität zahlreicher Patientinnen und Patienten weltweit verbessern.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Univ.-Prof. Dr. med. Marcel Betsch, MHBA

Fachbereich Orthopädie und

Orthopädische Chirurgie

Unfallchirurgische und

Orthopädische Klinik

Universitätsklinikum Erlangen

Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen-Nürnberg

Krankenhausstr.12

91054 Erlangen

marcel.betsch@uk-erlangen.de

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