Originalarbeiten - OUP 05/2024
Roboterassistierte KnieendoprothetikAktueller Stand, klinische Ergebnisse und Zukunftsaussichten
Zu den führenden Systemen gehören das Mako Surgical System (Stryker, Kalamazoo, MI, USA) (Abb. 2), der Omnibot (Corin, Tampa, FL, USA), das Cori Surgical System (Smith and Nephew, London, UK), Velys (DePuy Synthes, Warsaw, IN, USA) und das ROSA Knee System (ZimmerBiomet, Warsaw, IN, USA). Beim Mako Surgical System wird eine CT-basierte Planung und haptisches Feedback zur geführten Knochenresektion verwendet, während beim Cori Surgical System die handgeführte Robotik mit bildfreier Registrierung abläuft. Letzteres erlaubt hierbei eine höhere Flexibilität während der Operation. Das ROSA Knee System kombiniert 3D-präoperative Planung mittels Röntgenbildern mit Echtzeit-intraoperativen Daten, um eine optimale Implantatpositionierung und -ausrichtung zu gewährleisten. Beim Velys System handelt es sich um ein bettgestütztes, relativ schmales, bildfreies Gerät, das intraoperative knöcherne Orientierungspunkte erkennt und endgültige Schätzungen der Knochenschnitte und der Bandspannung liefert. Dies stellt sicher, dass das erwartete Weichteilgleichgewicht vor den Knochenschnitten bestimmt wird. Der Omnibot erfordert keine präoperative Bildgebung. Führungsschablonen werden nach dem tibialen Schnitt angebracht. Durch einen Laminarspalter war er der erste Roboter, der Schätzungen zur Weichteilbalancierung lieferte und die femoralen Schnitte entsprechend anpasste.
Präoperative Planung und intraoperative Ausführung
Der Einsatz von computergestützten Algorithmen zur präoperativen Planung ermöglicht es, Operationen individuell und patientenspezifisch zu planen und durchzuführen. Ein wesentlicher Bestandteil der roboterassistierten Knieendoprothetik sind bildgebende Verfahren wie CT, Röntgenaufnahmen oder MRT, die eine detaillierte präoperative Planung ermöglichen. Mit Hilfe der erhobenen Daten wird ein 3D-Modell des Kniegelenks erstellt, wodurch eine sorgfältige Kartierung anatomischer Landmarken sowie eine umfassende Operationssimulation ermöglicht wird (Abb. 3).
Dieser Schritt erleichtert präzise Knochenschnitte und verbessert die optimale Implantatpositionierung. Es ist jedoch anzumerken, dass nicht alle derzeit verfügbaren Systeme eine präoperative Bildgebung erfordern. Durch Echtzeit-Feedback während der Operation gewährleisten Robotersysteme eine präzise Einhaltung des erstellten präoperativen Plans. Der Roboterarm oder das handgeführte Gerät leiten den Operateur bei den Knochenschnitten und der genauen Implantatausrichtung (Abb. 4). Dies soll helfen, menschliche Fehler zu reduzieren und somit zu konsistenteren Ergebnissen zu führen. Durch die intraoperative Navigation erfolgt zudem eine dynamische Anpassung an die individuellen anatomischen Gegebenheiten der Patientin/des Patienten, wodurch die Gesamtgenauigkeit und Effizienz des Verfahrens erhöht werden (Abb. 5).
Klinische Ergebnisse
Klinische Scores (PROMs)
Das klinische Outcome, gemessen an verschiedenen klinischen Scores, zeigt sich postoperativ nach Implantation einer TKA sowohl für R-TKA, als auch für C-TKA im Vergleich zu den präoperativen Scores deutlich verbessert. Die in der aktuellen Literatur am häufigsten verwendeten klinischen Scores oder „patient reported outcome
measurements“ (PROMs) zur Erhebung von Schmerzen sowie klinischen und funktionellen Daten sind der Visual Analogue Score (VAS), der Knee Society Score (KSS, Subcore Schmerz und Funktion), der Hospital for Special Surgery (HSS) Score, und der Western Ontario und McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC). Durch die erhöhte Präzision bei der Platzierung der Prothese werden bei der R-TKA Weichteilverletzungen minimiert und eine schnellere Regeneration erleichtert. Einige Studien zeigen eine Überlegenheit der R-TKA gegenüber der C-TKA im kurzzeitigen postoperativen Verlauf (1–2 Monate nach der Operation) [8, 9]. Dies führt zu einer schnelleren Wiederaufnahme alltäglicher Aktivitäten und einer insgesamt verbesserten Lebensqualität für die Patientinnen und Patienten. In einer Metaanalyse aus 2022 zeigten sich höhere, jedoch nicht signifikante Kurzzeitergebnisse der R-TKA im Vergleich zur C-TKA bei gleichzeitig höherer Genauigkeit der Implantatpositionierung [10]. Jedoch existieren ebenso Studien, welche vergleichend keine verbesserten kurzzeitigen klinischen Ergebnisse der R-TKA zeigen [5–7]. Qualitativ hochwertige randomisierte kontrollierte Studien berichteten zudem sowohl im kurzfristigen, als auch langfristigen Nachbeobachtungszeitraum über 10 Jahre über keine signifikanten Unterschiede in den klinischen Ergebnissen zwischen R-TKA und C-TKA [11–15].
Bewegungsumfang Kniegelenk
Im Vergleich zu C-TKA führt die R-TKA zu einem geringeren Verlust des Bewegungsumfanges (ROM) unmittelbar nach der Operation und einer schnelleren Wiederherstellung des Bewegungsumfanges nach der Operation [9, 16, 17]. Ali et al. berichteten über einen signifikanten Unterschied im prä- versus postoperativen Bewegungsumfang 3, 6 und 12 Monate nach R-TKA im Vergleich zu C-TKA [17]. Es existieren jedoch auch vergleichende Studien, welche keine Vorteile der R-TKA im Vergleich zur C-TKA bezüglich postoperativer ROM beschreiben [6]. Im Langzeit-Follow-up bis zu 10 Jahren ist die postoperative Beweglichkeit des Kniegelenkes sowohl bei robotischer, als auch bei konventioneller TKA im Vergleich zum präoperativen Status deutlich verbessert, es wurden jedoch keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Verfahren beschrieben [11, 18].
Radiologische Ergebnisse (Implantatpositionierung und -ausrichtung)
Die korrekte Ausrichtung der Implantate ist entscheidend für die Langlebigkeit und Funktion einer Prothese. R-TKA verbessert die Genauigkeit der Implantatpositionierung und -ausrichtung und ist der C-TKA bei der Wiederherstellung der tibiofemoralen und mechanischen Achse überlegen [5–7]. Die verbesserte Präzision bei der Implantatplatzierung trägt maßgeblich dazu bei, die biomechanische Funktion des Kniegelenks zu optimieren und dadurch die langfristige Haltbarkeit des Implantats zu gewährleisten. Die Datenlage ist hier jedoch zum Teil sehr heterogen. Mehrere Studien zeigen, dass roboterassistierte Verfahren zu konsistenteren und präziseren Ergebnissen führen, jedoch zeigte sich der Unterschied oft nicht signifikant und es gibt keinen Unterschied in der Rotationsausrichtung der femoralen Komponente gegenüber der transepikondylären Achse oder der Rotation der tibialen Komponente [5–7, 12, 15, 19, 20].
Komplikationsraten
In Bezug auf die Komplikationsraten zwischen R-TKA und C-TKA zeigen sich größtenteils keine signifikanten Unterschiede. Eine vermutete erhöhte Rate an R-TKA-spezifischen Komplikationen wie Pin-Frakturen und Pin-Infektionen konnte in der Literatur nicht bestätigt werden [7]. Einige Studien berichteten über eine niedrigere Rate an allgemeinen Komplikationen wie Anämie, tiefe Venenthrombose und Lungenembolie nach R-TKA im Vergleich zu C-TKA, jedoch zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Bezug auf aseptische Lockerung oder postoperative Wundinfektionen [5, 6, 12, 19]. Langzeit-Follow-up-Studien berichteten über eine periimplantäre Osteolyse von 5–7 % ohne signifikanten Unterschied zwischen R-TKA und C-TKA über einen Zeitraum von bis zu 12 Jahren [12, 20]. Ebenso gibt es keine Unterschiede bezüglich der Revisionsrate bei aseptischer Lockerung. Die kumulative Überlebensrate ohne septische Revisionen liegt zwischen 97,4 % und 96,6 %, ohne statistisch signifikanten Unterschiede im 10-Jahres-Follow-up [11, 12, 21].