Originalarbeiten - OUP 05/2024
Roboterassistierte KnieendoprothetikAktueller Stand, klinische Ergebnisse und Zukunftsaussichten
Durch zusätzlich benötige Schritte zu Beginn der R-TKA liegt die Operationsdauer, vor allem bei noch unerfahrenen Operateurinnen und Operateuren, womöglich über der Dauer der C-TKA. So werden vereinzelt in der Literatur auch längere Zeiten mit durchschnittlich 25 Minuten mehr angegeben [6]. Durch eine steile Lernkurve mit den R-TKA-Systemen gleicht sich diese im Verlauf jedoch an. Nur wenige Level-I-Studien berichteten über Unterschiede in der Operationszeit zwischen R-TKA und C-TKA. Die durchschnittliche Operationsdauer für R-TKA betrug 74,50 ± 22,08 min, was der Operationszeit der C-TKA-Gruppe entsprach (71,74 ± 20,63 min) [19].
Kostenanalyse
Die Anschaffung und der Betrieb von Robotersystemen sind mit hohen Kosten verbunden. Dies stellt eine bedeutende Hürde für viele Krankenhäuser dar, insbesondere für kleinere Einrichtungen und Gesundheitssysteme mit begrenzten Ressourcen in weniger entwickelten Ländern. Durch die Verwendung von R-TKA können jedoch auch Kosten gesenkt werden. Innerklinisch zeigt sich dies durch kürzere Krankenhausaufenthalte und geringere Wiederaufnahmeraten. Außerhalb der Klinik können zudem Kosten durch eine geringere Notwendigkeit der Inanspruchnahme von Pflegeeinrichtungen reduziert werden [22]. Auch wenn die langfristigen Kosten durch potenziell reduzierte Revisionsraten und bessere Patientenergebnisse gesenkt werden könnten, bleibt die initiale Investition eine Herausforderung. Die aktuelle Literatur liefert jedoch erste Hinweise, dass die R-TKA durch verbesserte PROMs, kürzere Krankenhausaufenthalte, geringeren Schmerzmittelverbrauch sowie höheren Raten an Entlassungen nach Hause, kombiniert mit reduzierten Wiederaufnahmeraten, das Potenzial hat, die initial hohen Kosten im Verlauf wieder auszugleichen [22–24].
Diskussion
Es stehen auf dem Markt mittlerweile einige Robotersysteme für die Knieendoprothetik zur Verfügung. Dadurch steigt deren klinischer Einsatz und zunehmend nimmt auch das Forschungsinteresse an der R-TKA zu [25]. Trotz vieler berichteter Vorteile der R-TKA ist die Datenlage insgesamt heterogen. Sowohl die C-TKA, als auch die R-TKA bieten bei konservativ ausbehandelter Gonarthrose ein effektives Verfahren zur Schmerzlinderung und zum Funktionsgewinn. Da nach C-TKA weiterhin bis zu 20 % der Patientinnen und Patienten über oft unklare Kniebeschwerden klagen [1, 26], besteht weiterhin großes Interesse an einer Optimierung der Operation. Es wird angenommen, dass ein Grund dieser Beschwerden in Abweichungen und Ungenauigkeiten der Implantatpositionierung und Ausrichtung bei C-TKA besteht [2]. Durch Optimierung dieser Faktoren könnte die R-TKA die Häufigkeit anhaltender postoperativer Beschwerden lindern. Die potenziellen Vorteile der R-TKA liegen vor allem in der höheren Präzision und Reproduzierbarkeit des Verfahrens und der dadurch verbundenen Minimierung der Fehlerquellen und Weichteilverletzungen [8]. Dies kann zu geringeren postoperativen Schmerzen, einem erhöhten Bewegungsausmaß sowie reduzierten Krankenhausaufenthalten führen [8, 9, 27]. Insbesondere die Schmerzreduktion, das reduzierte Weichteiltrauma und ein erhöhtes Bewegungsausmaß sind wahrscheinlich auf die exaktere Komponentenpositionierung der R-TKA zurückzuführen und verbessern so die Patientenzufriedenheit nach dem Eingriff [16, 28]. Während viele Studien eine Überlegenheit der R-TKA gegenüber der C-TKA, vor allem hinsichtlich der Implantatpositionierung und Ausrichtung sowie der kurzfristigen klinischen Parameter berichten, zeigen Langzeitergebnisse in der aktuellen Literatur klinisch keinen signifikanten Vorteil der R-TKA gegenüber der C-TKA [11–15]. Da die robotergestützten Verfahren jedoch einem stetigen Fortschritt unterliegen und Langzeitstudien nicht die aktuellsten Technologien beinhalten, bieten neuere Entwicklungen das Potenzial, ein verbessertes Outcome zu erreichen. Neue Langzeitstudien mit den aktuellsten Systemen der R-TKA sind notwendig, um deren tatsächlichen Nutzen über einen längeren Zeitraum hinweg zu beurteilen und die langfristige Wirksamkeit und Patientenzufriedenheit umfassend bewerten zu können.
Trotz der Vorteile in bestimmten Bereichen, bestehen auch Herausforderungen in der Nutzung robotergestützter Verfahren. Insbesondere in der praktischen Anwendung können technische Probleme mit den Systemen zu zeitlichen Verzögerungen führen. Zudem können anatomische Varianten die präoperative Planung komplizieren. Um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, bedarf es eines erfahrenen chirurgischen Teams mit Anpassungsfähigkeit während der Operation. Zudem werden z.T. spezielle Komplikationen der R-TKA, wie Pin-Frakturen und Pin-Infektionen berichtet [29], welche in anderen Studien jedoch bisher nicht bestätigt werden konnten [7].
Ein häufig diskutiertes Thema ist eine möglich verlängerte Operationszeit der R-TKA, welche von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Neben zusätzlichen Schritten bei der Operation (erste Einrichtung, Einsetzen der Pins und Kalibrieren der Systeme) ist hier vor allem die Lernkurve entscheidend. Die vereinzelt berichtete längere Operationsdauer der R-TKA [6] kann womöglich durch eine steile Lernkurve im Verlauf an die Dauer der C-TKA angeglichen werden [19]. Um eine steile Lernkurve zu erreichen und mit den technologischen Fortschritten Schritt zu halten, benötigen Chirurginnen und Chirurgen jedoch umfassende Schulungen, um die Robotersysteme effektiv zu nutzen.
Obwohl die Verwendung von roboterassistierten Systemen potenziell Kosteneinsparungen ermöglicht [22–24] stellen hohe Anschaffungskosten weiterhin eine Herausforderung für viele Kliniken dar. Um den weltweiten Zugang zur roboterassistierten Knieendoprothetik zu erweitern, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Kosten zu reduzieren und die Technologie in verschiedene Gesundheitssysteme integrieren zu können. Dies könnte durch technologische Fortschritte, Skaleneffekte und gezielte Schulungsprogramme realisiert werden.
Die Technologie der roboterassistierten Chirurgie entwickelt sich kontinuierlich weiter. Neue Systeme und Software-Updates verbessern die Präzision der Implantatpositionierung und Ausrichtung, Benutzerfreundlichkeit sowie auch die Sicherheit der Verfahren. Die Abhängigkeit von fortschrittlicher Technologie lässt allerdings Bedenken hinsichtlich Gerätestörungen und des Bedarfs an technischer Unterstützung aufkommen. Potenzielle technische Probleme müssen hierbei auch durch Chirurginnen und Chirurgen gelöst werden. Zusätzlich müssen Krankenhäuser und chirurgische Teams über die notwendige Infrastruktur und technische Unterstützung verfügen, um technologische Probleme schnell und effektiv lösen zu können.