Übersichtsarbeiten - OUP 06/2019

Schulter-Revisionsendoprothetik – Fakten und Zahlen

Ein- oder 2-zeitige Wechseloperationen oder Sine-Arthroplastiken sind zur Beherrschung einer Schulter-TEP-Infektion möglich. Im Revisionsfall waren bei Protheseninfektion die Ergebnisse im Vergleich zu anderen Revisionsindikation am schlechtesten [29].

Revision nach primärer Schulter-Frakturprothese

Für die 6756 Fälle der Nordic Arthroplasty Register Association (NARA) lag das relative Revisionsrisiko einer inversen Prothese als primäre Frakturprothese verglichen mit einer Schaftprothese bei 1,4 (CI: 0,9–2,2). Der häufigste Revisionsgrund beider Prothesenmodelle war eine Infektion. Patienten, die jünger als 75 Jahre waren, hatten zudem ein relatives Revisionsrisiko von 2,8 (CI: 2,0–3,8) gegenüber älteren Patienten [38]. Als Gründe für eine höhere Infektionsrate dieser Patientengruppe werden ein generell höheres Patientenalter mit zunehmender Komorbidität, eine längere OP-Zeit und ein größer Prothesengelenkraum diskutiert.

Die Konversion einer anatomischen TEP zu einer inversen Revisions-TEP nach Humeruskopffraktur erwies sich als vorteilhaft für Schmerz und Funktionsgewinn (ASES-Score 59 Punkte) nach durchschnittlich 61 Monaten, allerdings bei einer Komplikationsrate von 32 % (9/28) [25].

Revision nach
periprothetischer Fraktur

Periprothetische Frakturen im Schaftbereich einer Schulter-TEP können insbesondere bei Lockerung ggf. durch eine Stemverlängerung revidiert werden. Ohne Lockerung oder bei unzureichend langen Revisionsschäften sind ggf. sind plattenosteosynthetische Verfahren die (einzige) praktikable Alternative (Abb. 1 a–b). Auf eine Konfliktsituation bei gleichzeitig einliegender Ellenbogen-TEP ist zu achten. Zusätzlich treten zu den TEP-spezifischen Komplikationen noch die Risiken der Osteosynthese (Pseudarthrose, Metallbruch etc.) sowie häufig Begleiterkrankungen (z.B. Osteoporose, rheumatoide Arthritis) hinzu. Ein Rückbau auf eine modulare Großkopf-Hemiprothese ist bei desolatem Glenoid in besonderen Fällen angezeigt (Abb. 2 a–d). Die Ergebnisse derartiger Versorgungen sind erwartungsgemäß unter denen der Primär-TEP anzusiedeln.

Revision nach
Humeruskopfnekrose

Eine Schulter-TEP-Implantation bei avaskulärer corticoidinduzierter oder posttraumatischer Humeruskopfnekrose (HKN) war bei 4129 Patienten mit einem signifikant erhöhtem postoperativen Komplikationsrisiko für Infektion, Dislokation, Revision, Gelenksteife und periprothetische Fraktur verbunden [12]. Art, Umfang und Ergebnis einer TEP-Revision richten sich nach den bereits beschriebenen Modalitäten.

Revision nach TU

Nach Exzision eines Humeruskopf-TUs zeigte die anschließende Versorgung mit einer inversen TEP in einer Metaanalyse die höchste Rate an aseptischen Schaftlockerungen durch einen Knochensubstanzverlust [21]. Individualisierte Revisionsstrategien mit Auto-/Allografts sowie Individualprothesen sind häufig notwendig.

Revision bei sekundären
RM-Defekten

Bereits primäre RM-Defekte, insbesondere bei jüngeren Patienten, führten zu schlechten Ergebnissen einer primären Schulter-TEP [4]. Nach anatomischer primärer Schulter-TEP stellten sekundäre superiore RM-Defekte in einer Metaanalyse von Levy et al. bei 1338 untersuchten Schultern nach 6,6 Jahren mit 11,3 (±7,9) % eine häufige Komplikation dar. Die hierdurch bedingte Re-Operationsrate wurde mit 1,2 (±4,5) % angegeben [31]. Eine vorausgehende RM-Rekonstruktion führte in einer anderen Studie im Falle einer späteren inversen TEP zu schlechteren Scores und höherem Schmerzniveau als ohne Voroperation an der RM [44].

Generelle Überlegungen zur Schulter-TEP-Revision

Generell sieht sich der Operateur im Revisionsfall einer Situation gegenüber, die von mehr oder minder ausgeprägtem Knochensubstanzverlust am Glenoid und/oder Humerus, muskulären Funktionsdefiziten (Rotatorenmanschette) und Gelenkinstabilität geprägt ist. Ein weiteres Komplikationspotenzial besteht, wenn der Patient Gehstützen oder einen Rollstuhl benötigt. Häufig erhöhen eine Gang- und Standunsicherheit des Patienten das Sturzrisiko und damit das Risiko einer periprothetischen Fraktur der oberen Extremität.

Jede Art von Voroperation an der Schulter beinhaltet einen potenziell negativen Einfluss auf das Ergebnis einer primären Schulter-TEP. Art und Umfang der primären endoprothetischen Versorgung sowie der Versagensmodus korrelieren ebenso mit dem Ergebnis einer Revisions-TEP. Für die nicht prothesenbedingten Komplikationen wird eine Komplikationsrate von 6,7 % angegeben, welche mit zunehmendem Alter und zunehmender Anzahl an Komorbiditäten ansteigt [3].

Das Risiko für eine Revisionsoperation nach primärer Schulter-TEP liegt nach den Daten des NHS in England zwischen 2,7 % für ältere Frauen (> 85 Jahre) und bis zu 23,6 % bei jüngeren Männern (55–59 Jahre). Eine Revisionsoperation trat besonders häufig in den ersten 5 Jahren auf [15]. Die adäquate operative Versorgung insbesondere von jüngeren Patienten mit desolater Schultersituation stellt unter dem Aspekt dieses nicht unerheblichen Lebens-Revisionsrisikos nach Schulterprothesenimplantation weiterhin eine Herausforderung dar. Sie sollte daher erst nach dem vollumfänglichen Ausschöpfen konservativer Therapieoptionen erwogen werden.

Fazit

Die Revision einer Schulter-TEP hat sich an den anatomischen Gegebenheiten, den technischen Möglichkeiten und der individuellen Patientenkonstitution zu orientieren. Neben der Verwendung von glenohumeral stabilisierenden inversen Prothesen soll im Revisionsfall die Verwendung modularer Prothesensysteme in Zukunft erweiterte Möglichkeiten zur verbesserten Zentrierung und Weichteilspannung inklusive problemloser Erhöhung des Koppelungsgrades (Konversion von anatomischer Prothese auf inverse Prothese) bieten. Die Literaturanalyse zeigt, dass im Revisionsfall insbesondere Instabilitäten hartnäckig und die Ergebnisse von der Erfahrung des Operateurs abhängig sind. Manchmal sind auch mehrere Eingriffe zur Behebung des Problems notwendig. Als Exit-Strategie bei Revision einer Schulter-TEP ist situationsabhängig die Implantation einer Großkopfprothese oder auch der Rückbau auf eine Sine- bzw. Sine-Sine-Arthroplastik bei allerdings unbefriedigenden Funktionsergebnissen möglich.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Literatur

1. Aibinder WR, Schoch B, Schleck C, Sperling JW, Cofield RH: Revisions for aseptic glenoid component loosening after anatomic shoulder arthroplasty. J Shoulder Elbow Surg 2017; 26: 1598–602

2. Alentorn-Geli E, Wanderman NR, Assenmacher AT, Sperling JW, Cofield RH, Sánchez-Sotelo J: Revision anatomic shoulder arthroplasty with posterior capsular plication for correction of posterior instability. J Orthop Surg (Hong Kong) 2018; 26: 2309499018789527

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