Übersichtsarbeiten - OUP 01/2018
Sonografie der Achillessehne
Anja Hirschmüller1, 2
Zusammenfassung: Pathologien der Achillessehnen sind sehr häufig – vor allem bei Lauf- und Sprungsportlern. Die Sonografie ist das wertvollste Tool in der Diagnostik und zur Indikationsstellung und Durchführung diverser Therapieverfahren.
Die Strukturveränderungen der Sehne, die mit der in aller Regel vorliegenden Degeneration einhergehen, umfassen Einlagerungen von Proteoglykanen und Wasser, Desorganisation der Kollagenstrukturen, Zellkernvermehrungen und die Einsprossung von Neogefäßen. Diese Veränderungen können sonografisch gut visualisiert werden. Die degenerativ veränderte Sehne zeigt sich verdickt, hypoechogen und gefäßinjiziert. Bei den Insertionspathologien sowie dem Vorliegen von metabolischen Begleiterkrankungen finden sich darüber hinaus häufig intratendinöse Kalzifikationen – die erkannt werden sollten, da sie mit einem schlechteren Outcome bei konservativer Therapie vergesellschaftet sind.
Die Sehnen sollten im entspannten Zustand in ihrer gesamten Länge im Längs- und Querschnitt beurteilt werden. Die dynamische Untersuchung liefert bei der Beurteilung von Rupturen wertvolle Zusatzinformationen. Beginnende Tendinopathien können unter Zuhilfenahme der Elastografie am sensitivsten detektiert werden. Für die Darstellung und Therapie der Neovaskularisationen ist ein guter Farb- oder Power-Dopplermodus entscheidend.
Schlüsselwörter: Tendinopathie, Achillessehne, Ultraschall, Dopplersonografie, Elastografie
Zitierweise
Hirschmüller A: Sonografie der Achillessehne.
OUP 2018; 7: 036–038 DOI 10.3238/oup.2018.0036–0038
Summary: Achilles tendinopathy is very common in the sporting population, especially in running and jumping athletes. Ultrasound is the most useful diagnostic tool because it is readily available and allows dynamic examination. Tendinosis is characterised by disorganization of the collagen structure with degeneration from collagen I into collagen III as well as increase in proteoglycane and water content and neurovascular ingrowth. Those histological changes can be visualised by ultrasound resulting in thickening of the tendon, hypoechogenity and neovascularisation in colourdoppler or powerdoppler. In insertional tendinopathies and metabolic disorders, intratendinous calcifications may be found. They are important to detect, because they are often associated with a worse outcome.
The most sensitive assessment in early tendinosis is elastography in combination with B-mode scan. Ultrasound can also guide therapy and is very useful performing injections or minimally invasive surgical techniques.
Keywords: achilles tendinopathy, achilles tendon rupture,
ultrasonography elastography
Citation
Hirschmüller A: Ultrasonographic assessment of the achilles tendon. . OUP 2018; 7: 036–038 DOI 10.3238/oup.2018.0036–0038
Einführung
Die Achillessehne ist die dickste und kräftigste Sehne des menschlichen Körpers mit einer durchschnittlichen Länge von 15 cm (11–26 cm) und einer Dicke von 4–6 mm. Sie beginnt in der Mitte des Unterschenkels mit der Vereinigung der Gastrocnemii-Sehnen und der Soleussehne und ist im gesunden Zustand extrem widerstandsfähig. Am Ursprung ist sie am dicksten und verschmälert sich dann bis auf ein Minimum, welches etwa in Höhe des Sprunggelenks (ca.4 cm proximal des Calcaneus) zu finden ist.
Trotz ihrer besonderen biologischen Gewebeeigenschaften mit hoher Reißfestigkeit ist sie die Sehne, die am zweit- bis dritt-häufigsten von einer Ruptur betroffen ist. Insgesamt machen Achillessehnenrupturen etwa 20 % der großen Sehnenverletzungen aus. Dies ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass der M. gastrocnemius und die Achillessehne über insgesamt 3 Gelenke verlaufen (Kniegelenk, oberes und unteres Sprunggelenk) und die Achillessehne dadurch verletzungsanfälliger ist als die Sehnen eingelenkiger Muskeln. Darüber hinaus ist sie – vor allem bei Sportlern in Lauf- und Sprungsportarten – durch die repetitive Belastung sehr beansprucht. Dies führt auch dazu, dass sie in diesen Sportarten häufig Ausgangspunkt von Beschwerden ist („Achillodynie“). Die Lebenszeitprävalenz beträgt bei Sportlern unterschiedlicher Sportarten 20–50 %, in der Allgemeinbevölkerung etwa 6 %. In der Rheumatologie ist die Enthesiopathie der Achillessehne oft Ausgangspunkt der Diagnosestellung eine Spondylarthropathie [7].
Die Achillessehne ist der Sonografie aufgrund ihrer sehr oberflächlichen Lage besonders gut zugänglich. Mit den modernen, hochauflösenden Ultraschallgeräten lässt sich die Faserstruktur der Achillessehne ultrastrukturell darstellen, was zuletzt zur Einführung des Begriffs „Sonohistologie“ geführt hat. Die histologischen Veränderungen, die mit dem degenerativen Prozess der Sehne einhergehen, lassen sich mit Hilfe der Ultraschalluntersuchung gut visualisieren. Auch die Möglichkeit einer dynamischen Untersuchung macht die Sonografie in der Beurteilung der diversen Achillessehnenpathologien wertvoll. So können beispielsweise der intra- und peritendinöse Blutfluss und die Annäherung der Rupturenden bei Rissen objektiviert werden. Zusätzlich existieren in der Zwischenzeit verschiedene sonografisch assistierte, minimalinvasive Therapieverfahren, sodass die Sonografie aus der Diagnostik und Therapie von Achillessehnenerkrankungen nicht mehr wegzudenken ist. Neue Modi wie die ultrasonographic tissue characterisation [26], die Elastografie [19] (vgl. auch Beitrag aus Seite 48) und die Scherwellenelastografie [5] bieten additive Informationen zur Charakterisierung der Gewebeeigenschaften von Sehnen und erhöhen die diagnostische Genauigkeit der Untersuchung weiter. So konnte dank der immer besseren Ultraschalluntersuchungen auch das pathogenetische Verständnis chronischer Tendinopathien verbessert werden.
Indikation
Verletzungen und Erkrankungen der Achillessehne sind häufig und können sowohl den muskulotendinösen Übergang als auch den sehnigen Anteil (Midportion) oder den Sehnenansatz betreffen. Sie können akut oder chronisch auftreten und somit pathogenetisch eher einer frischen Verletzung oder einem degenerativen Umbau entsprechen. Midportion-Tendinopathien stellen die häufigsten Erkrankungen der Achillessehne dar und sind insbesondere bei Lauf-, Ball- und Sprungsportlern zu finden. Neben der Palpation bietet die Sonografie dabei die Möglichkeit, die Stelle der Hauptpathologie optimal zu lokalisieren.